Eisdiele ist kein Laden – WEG kann Unterlassung verlangen (BGH, Urt. v. 25.10.2019 – V ZR 271/18)

Das Betreiben einer Eisdiele in einer Eigentumseinheit, die laut Teilungserklärung als Laden genutzt werden darf, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere, wenn in und vor der Eisdiele Tische und Stühle stehen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann in diesem Fall vom Betreiber Unterlassung verlangen. Ein entsprechendes Urteil fällte der Bundesgerichtshof (BGH) am 25.10.2019 (V ZR 271/18).

Streit um Nutzung von Eigentumseinheiten

Streitigkeiten zwischen Mitgliedern einer WEG beschäftigen regelmäßig die Gerichte. Häufig geht es um die Nutzung der einzelnen Eigentumseinheiten, insbesondere darum, was erlaubt ist und was nicht.

Nutzung als Laden erlaubt

Auch in diesem Rechtsstreit ging es um die Frage, wie eine Teileigentumseinheit genutzt werden darf. Laut Teilungserklärung war die streitgegenständliche Eigentumseinheit als Laden zu nutzen. Der Eigentümer vermietete diese Einheit an einen Dritten, der dort eine Eisdiele eröffnete. Sowohl in der Eisdiele als auch davor wurden Tische und Stühle aufgestellt. Neben Eis bot der Betreiber der Eisdiele auch Kaffee und andere Getränke an.

Tatsächlich Nutzung als Eisdiele

Die Besucher der Eisdiele genossen ihr Eis somit in den Räumlichkeiten der Eisdiele und auch vor der Eisdiele an den dafür vorgesehen Tischen. Die Mitglieder der WEG waren damit überhaupt nicht einverstanden. Sie fühlten sich durch den Betrieb der Eisdiele erheblich gestört, da diese nach Ansicht der Eigentümer einen Gastronomiebetrieb darstellte. Ein solcher stellte jedoch nach Auffassung der Eigentümer keinen Laden dar und durfte daher entsprechend der Teilungserklärung gar nicht betrieben werden.

Klage auf Unterlassung gegen Betreiber der Eisdiele

Die WEG erhob Klage gegen den Betreiber der Eisdiele und verlangte von diesem, das Betreiben der Eisdiele zu unterlassen. Das zuständige Amtsgericht gab der WEG Recht. Das Landgericht wies die eingelegte Berufung zurück, ließ jedoch die Revision zu. Über die Revision hatte nun der BGH zu entscheiden.

Entscheidung des BGH: Eisdiele nicht erlaubt!

Der BGH entschied: Die Eisdiele mit Außenbestuhlung darf nicht betrieben werden, wenn nach der Zweckbestimmung der Teilungserklärung nur die Nutzung als Laden erlaubt ist. Grund hierfür ist, dass die Nutzung als Eisdiele mehr stört, als die Nutzung als Laden, insbesondere wenn sich die Nutzung auch auf den Außenbereich erstreckt, etwa wegen einer Außenbestuhlung oder wegen des Verkaufs nach außen. Dies stellte der BGH in seinem Urteil klar.

Zweckbestimmung in Teilungserklärung entscheidend

Nach der Zweckbestimmung in der Teilungserklärung durfte die Eigentumseinheit als Laden genutzt werden. Nach der Rechtsauffassung des BGH ist unter einem Laden ein Geschäftsraum zu verstehen, in dem ständig Waren zum Verkauf angeboten werden. Bei einem Laden steht insbesondere der Charakter einer bloßen Verkaufsstätte im Vordergrund. Ein Gastronomiebetrieb ist hiervon nicht umfasst, so der BGH mit dem Hinweis auf ein entsprechendes Urteil aus dem Jahr 2015 (Urteil vom 10.7.2015, V ZR 169/14).

Gastronomiebetrieb ist nicht Laden

Die Frage, ob jede Eisdiele als Gastronomiebetrieb einzustufen ist, insbesondere auch eine reine Eisverkaufsstelle, lässt der BGH in seinem Urteil ausdrücklich offen. Die hier streitgegenständliche Eisdiele jedenfalls ist nicht mehr als Laden mit reinem Verkaufscharakter, sondern als gastronomische Einrichtung zu sehen. So sieht es der BGH.

Genuss und Verbrauch vor Ort stehen im Vordergrund

Durch das Aufstellen der Tische und Stühle wird der Kunde im Prinzip zum „Verweilen und zum Verzehr der angebotenen Waren vor Ort eingeladen“, so der BGH. Es steht damit nicht mehr der bloße Verkauf, sondern der Genuss und Verbrauch der Speisen und Getränke vor Ort inklusive Kommunikation im Vordergrund. Aus diesem Grund handelt es ich nicht mehr um einen Laden, sondern um eine gastronomische Einrichtung, so der BGH.

Gastronomie stört mehr als Laden

Der Betrieb der Eisdiele stört nach Auffassung des BGH auch mehr, als der Betrieb eines reinen Ladengeschäfts. Wäre dies nicht der Fall, könnte der Betrieb der Eisdiele, obwohl es nicht um einen Laden handelt, noch zulässig sein.

Höhere Geräuschkulisse

In diesem Fall jedoch werden mit der Eisdiele auch die Außenflächen genutzt. Das Verweilen auf den draußen dafür vorgesehen Flächen ist regelmäßig mit Geräuschen verbunden. Das Rücken von Stühlen, das Kommunizieren der Gäste und auch das Abräumen des Geschirrs führen in jedem Fall zu einer Geräuschkulisse, die es beim reinen Verkauf von Waren in einem Laden nicht gibt, so der BGH. Damit stört die Nutzung der Eigentumseinheit als Eisdiele in jedem Fall mehr, als die Nutzung als Ladengeschäft mit reinem Verkaufscharakter. Hierauf weist der BGH in seinem Urteil hin.

Betrieb der Eisdiele verstößt gegen Teilungserklärung

Nach Auffassung des BGH verstößt der Betrieb der Eisdiele in jedem Fall gegen die Zweckbestimmung in der Teilungserklärung. Der BGH bejahte einen Unterlassungsanspruch der WEG gegen den Betreiber der Eisdiele und klärte damit zugleich die Frage, ob die Wohnungseigentümer unmittelbar gegen den Mieter, also nicht gegen den Eigentümer, einen dinglichen Unterlassungsanspruch aus § 1004 Absatz 1 BGB haben. Dies war höchstrichterlich bisher noch nicht entschieden worden.

BGH, Urteil vom 25.10.2019 – V ZR 271/18

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