Die Vermietung der eigenen Wohnung an Feriengäste ist eine interessante Einnahmequelle. Portale für Ferienwohnungen machen die Vermietung denkbar einfach. Ein paar Fotos mit dem Smartphone, eine kurze Beschreibung und fertig ist die Anzeige und das Geldverdienen kann beginnen.
Störungen durch Feriengäste
Die Vermietung an Feriengäste stößt aber nicht überall auf Gegenliebe. Häufig fühlen sich andere Hausbewohner gestört. Besonders dann, wenn die Feriengäste in Feierlaune spät nach Hause kommen und Lärm machen.
BGH erlaubt Ferienvermietung?
Das oberste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun den Vermietern von Ferienwohnungen den Rücken gestärkt (V ZR 112/18). Das Gericht hat entschieden, dass Wohnungseigentümern nur durch einstimmigen Beschluss der WEG die Vermietung von Ferienwohnungen an Feriengäste verboten werden darf.
Die Überschrift der Presseerklärung lautet:
„Verbot der kurzzeitigen Vermietung von Eigentumswohnungen nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer möglich“
BGH, Presseerklärung 47/2019
Die Entscheidung lässt die Herzen von Wohnungseigentümern höher schlagen. Praktisch kann daher die Ferienvermietung nicht verboten werden, denn der Ferienvermieter wird in der WEG-Versammlung dem Verbot natürlich nicht zustimmen.
Zu früh gefreut …
Bevor Wohnungseigentümer in Jubel ausbrechen, sollten sie die BGH-Entscheidung genau lesen. Die Überschrift der Presseerklärung ist nämlich missverständlich. Es ist keineswegs so, dass Wohnungseigentümern die Ferienvermietung per se nicht verboten werden darf. Tatsächlich bezieht sich die Entscheidung auf einen Fall, in dem den Wohnungseigentümern die Ferienvermietung ausdrücklich gestattet war.
Vorherige Gestattung erforderlich
In der Teilungserklärung der WEG hieß es, dass die kurzzeitige Vermietung der Wohnungen an Feriengäste erlaubt ist. Diese Bestimmung, so hieß es weiter, könne nur durch eine Mehrheit von 75% der Miteigentumsanteile geändert werden. Davon machten die Eigentümer Gebrauch. Sie entschieden mit 75%-iger Mehrheit, dass die Ferienvermietung künftig verboten ist. Damit wollte sich ein Wohnungseigentümer nicht zufrieden geben und klagte.
Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob die Bestimmung in der Teilungserklärung, wonach eine Änderung mit 75%-Mehrheit beschlossen werden kann, rechtens ist.
Änderung der Teilungserklärung nur einstimmig
Der BGH hat entschieden, dass das Verbot der Ferienvermietung nur einstimmig beschlossen werden kann. 100% der Miteigentumsanteile sind daher erforderlich, um eine Ferienvermietung zu verbieten. Die 75%-Maßgabe findet keine Anwendung. Der Beschlussfassung stehen fundamentale Schranken gegenüber. Dazu gehört die Zweckbestimmung des Sondereigentums. Die Bestimmung der Nutzung in der Teilungserklärung macht im Wesentlichen den Wert des Wohnungseigentums aus und unterliegt dem verfassungsrechtlichen Schutz der Eigentumsgarantie (§ 903 BGB, Art. 14 GG). In dieses fundamentale Recht darf nicht mittels 75%-Beschluss eingegriffen werden.
Zustimmen müssen daher auch diejenigen Eigentümer, die an Feriengäste vermieten. Ein solcher Beschluss wird aufgrund der entgegengesetzten Interessen wohl nie zustande kommen.
Rechte der Feriengäste-Gegner
Ganz schutzlos sind die anderen Wohnungseigentümer aber nicht. Ihnen können Unterlassungsansprüche nach § 15 Absatz 3 WEG zustehen wegen Überbelegung und Ruhestörung.
Teilungserklärung lesen
Wenn in der Teilungserklärung die Ferienvermietung gestattet ist, braucht daher kein Eigentümer ein Verbot zu fürchten. Denn dieses muss einstimmig gefasst werden, d. h. er muss selbst auch zustimmen.
Für alle Wohnungseigentümer, in deren Teilungserklärung keine Vermietung an Feriengäste gestattet ist, bringt die BGH-Entscheidung nichts. Die Teilungserklärung bezieht sich dann auf das „wohnen“, das umfasst die Ferienvermietung nicht.
Dieser Beitrag wurde auf Grundlage der Presserklärung 47/2019 erstellt (Urteilsgründe lagen noch nicht vor).
BGH, Urteil vom 12.04.2019 – V ZR 112/18
BGH-Presseerklärung 47/2019
LG Aurich, Urteil vom 06.04.2018 – 4 S 201/17
AG Papenburg, Urteil vom 26.10.2017 – 20 C 216/17