Für eine außerordentliche Kündigung wegen Drogenkonsums muss der Arbeitgeber den Drogenkonsum seines Arbeitnehmers darlegen und beweisen. Der Beweis, dass der Arbeitnehmer ein weißes Pulver zu sich genommen hat, genügt nicht. Erforderlich ist der Beweis, dass es sich tatsächlich um Drogen gehandelt hat. Ein entsprechendes Urteil fällte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LArbG Berlin-Brandenburg) in seinem Urteil vom 24.08.2018 (2 Sa 992/18).
Der Fall
Der Kläger war bei dem Beklagten als Malerhelfer beschäftigt. Ein Zeuge will beobachtet haben, wie der Kläger während der Arbeitszeit in einer Toilettenkabine weißes Pulver in die Nase eingezogen hat. Der Zeuge teilte dies dem Beklagten mit. Der Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger. Er sprach per E-Mail eine außerordentliche Kündigung aus. Am Folgetag schickte der Beklagte dem Kläger eine außerordentliche Kündigung per Einschreiben hinterher. Der Kläger war hiermit nicht einverstanden und erhob Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht.
Prozessverlauf
Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt und dem Kläger Recht. Zum einen war die außerordentliche Kündigung per E-Mail mangels Schriftform unwirksam. Zum anderen war auch die schriftliche Kündigung per Einschreiben nicht wirksam, weil der Beklagte den Konsum von Drogen nicht nachweisen konnte. Der Nachweis vom Konsum eines weißen Pulvers genügt nicht, so das Arbeitsgericht. Die ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen wegen Drogenkonsums waren nach Auffassung des Arbeitsgerichts unwirksam. Der Beklagte war jedoch nach wie vor der Auffassung, dass der Kläger Drogen konsumiere und hielt an der außerordentlichen Kündigung fest. Er legte Berufung beim LArbG Berlin-Brandenburg ein.
Entscheidung des LArbG Berlin-Brandenburg
Das LArbG wies die Berufung zurück. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts war rechtlich nicht zu beanstanden, so das LArbG Berlin-Brandenburg. Grundsätzlich kann der Drogenkonsum eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits in mehreren Fällen entschieden (BAG, Urteil vom 20.10.2016, 6 AZR 471/15). Auch der Drogenkonsum im privaten Bereich kann die außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Hierauf weist das LArbG Berlin-Brandenburg hin. Erforderlich ist jedoch, dass der Arbeitgeber einen Drogenkonsum darlegen und beweisen kann. Einen solchen Beweis konnte der Beklagte jedoch nach Auffassung des LArbG Berlin-Brandenburg gerade nicht erbringen. Der Beklagte legte lediglich dar, dass der Kläger ein weißes Pulver in die Nase eingezogen hat. Dies sollte der von ihm benannte Zeuge beweisen. Dass es sich tatsächlich um Drogen handelte, hat der Beklagte weder dargelegt noch unter Beweis gestellt. Auch ein etwaiger früherer Cannabiskonsum des Klägers kann nach Auffassung des LArbG Berlin-Brandenburg nicht zu der Annahme führen, bei dem weißen Pulver handele es sich um Drogen. Der Beklagte konnte einen Drogenkonsum nicht darlegen bzw. beweisen.
Verdachtskündigung setzt vorherige Anhörung voraus
Eine eventuelle Verdachtskündigung scheidet nach dem Urteil des LArbG Berlin-Brandenburg ebenfalls aus. Hierfür wäre eine vorherige Anhörung des Klägers erforderlich gewesen. Diese ist unstreitig nicht erfolgt.
Kündigung per E-Mail unwirksam
Ergänzend weist das LArbG Berlin-Brandenburg darauf hin, dass die per E-Mail ausgesprochene Kündigung in jedem Fall mangels Schriftform unwirksam war. Gemäß § 623 BGB muss die Kündigung schriftlich erfolgen. Die elektronische Form –hierzu zählt die E-Mail- ist ausdrücklich ausgeschlossen.
Da der Beklagte einen Drogenkonsum nicht nachweisen konnte, war die außerordentliche Kündigung unwirksam. Das LArbG Berlin-Brandenburg bestätigte daher das Urteil des Arbeitsgerichts und wies die Berufung zurück.
LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.08.2018 – 2 Sa 992/18