Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe im Wohnraummietvertrag ist unwirksam. Lässt sich der Vermieter die Zahlung eines bestimmten Betrages für den Fall versprechen, dass der Mieter bis zu einem bestimmten Zeitpunkt kündigt, liegt eine solche unwirksame Vereinbarung vor. Das stellt das Amtsgericht Neubrandenburg (AG Neubrandenburg) in seinem Urteil vom 07.09.2017 klar (103 C 192/17).
Der Fall
Die Beklagte mietete vom Kläger im Jahr 2016 eine Wohnung. Es handelte sich um einen unbefristeten Mietvertrag. Laut Mietvertrag war eine Mietsicherheit zu leisten, die die Beklagte auch zahlte. Im Mietvertrag war geregelt, dass die Beklagte das Mietverhältnis zu jeder Zeit kündigen kann. Darüber hinaus enthielt der Mietvertrag eine zusätzliche Klausel über eine zu zahlende Abstandszahlung. Hiernach sollte die Beklagte dem Kläger im Falle einer Kündigung bis zum 30.09.2020 einen Betrag in Höhe von 5.400,- € zahlen. Dieser Betrag war als „bedingungslose Abstandszahlung“ zu leisten. Die Beklagte unterschrieb den Mietvertrag. Knapp zwei Monate nach Beginn des Mietverhältnisses kündigte sie zum 31.08.2016. Nun verlangte der Kläger von der Beklagten die vereinbarte Abstandszahlung. Er erklärte in Höhe der Mietkaution die Aufrechnung und verrechnete ein Guthaben der Beklagten aus der Betriebskostenabrechnung mit seinem vermeintlichen Anspruch auf Zahlung der Abstandszahlung. Der Kläger verlangte von der Beklagten nun noch einen Betrag in Höhe von knapp 4.000,- €. Die Beklagte lehnte eine Zahlung ab. Daraufhin erhob der Kläger Klage beim zuständigen AG Neubrandenburg.
Entscheidung des AG Neubrandenburg
Das AG Neubrandenburg wies die Klage vollumfänglich ab.
Es stellt klar, dass die Vereinbarung einer Vertragsstrafe in einem Wohnraummietvertrag gemäß § 555 BGB unwirksam ist. Bei der Zusatzvereinbarung über die zu zahlende Abstandszahlung handelt es sich um eine solche Vertragsstrafenvereinbarung, so das AG Neubrandenburg. Die Zahlungspflicht sollte die Beklagte daran hindern, den Mietvertrag vor dem 30.09.2020 zu kündigen.
Vertragsstrafenregelung anders als Schadensersatzregelung
Insbesondere handelte es sich bei der vereinbarten Abstandszahlung nicht um eine Schadensersatzregelung. Die Klausel ist nicht daran geknüpft, ob dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden ist oder etwa ob er einen Nachmieter findet. Die vereinbarte Abstandszahlung stellte daher keinen Schadensersatz dar, so das AG Neubrandenburg. Stattdessen handelte es sich um eine vereinbarte Vertragsstrafe gemäß § 339 BGB, die gemäß § 555 BGB im Wohnraummietvertrag unwirksam ist.
Einschränkung der gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit
Darüber hinaus verstößt die Klausel nach Auffassung des AG Neubrandenburg gegen § 573c Absatz 4 BGB und § 573d Absatz 3 BGB. Hiernach sind Vereinbarungen, die von der gesetzlich eingeräumten Kündigungsmöglich eines Mietvertrages abweichen, unwirksam. Eine ausdrückliche wörtliche Abweichung von der gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit findet sich im Mietvertrag nicht. Nach Auffassung des AG Neubrandenburg wird die Beklagte jedoch durch die vereinbarte Abstandszahlung faktisch in ihrem Kündigungsrecht eingeschränkt. Dies gilt trotz der im Vertrag ausdrücklich eingeräumten Kündigungsmöglichkeit. Die Vereinbarung zur Abstandszahlung im Zusammenhang mit einer etwaigen Kündigung des Mietvertrages verstößt daher auch gegen §§ 573c Absatz 4, 573d Absatz 3 BGB.
Aufgrund der unwirksamen Klausel zur Abstandszahlung stand dem Kläger ein Zahlungsanspruch nicht zu.
Das AG Neubrandenburg wies die Klage ab.
AG Neubrandenburg, Urteil vom 07.09.2017 – 103 C 192/17