Die Videoüberwachung einer privaten Grundstücksgrenze ist zulässig, wenn das Nachbargrundstück nicht erfasst wird. Die Beweislast für etwaige Aufzeichnungen des benachbarten Grundstücks trägt der Nachbar.
Allein die Möglichkeit des Filmens auf dem Nachbargrundstück führt nicht zu einer Verletzung der Rechte des Nachbarn.
So urteilte das Amtsgericht München (AG München) am 22.11.2018.
Der Fall
Die Parteien sind Nachbarn und jeweils Eigentümer des von ihnen bewohnten Grundstücks. Zwischen den Parteien herrscht seit mehreren Jahren Streit.
Die Kläger bewohnen ihr Grundstück zusammen mit ihren Kindern. Unmittelbar am Haus befindet sich ein Wintergarten. Die Beklagten bewohnen das Nachbargrundstück. In der Vergangenheit kam es wiederholt zu Beschädigungen am Haus der Beklagten. Die Beschädigungen ereigneten sich im Grenzbereich zum Wintergarten der Kläger. Aus diesem Grund installierten die Beklagten zwei Überwachungskameras. Eine Videokamera filmte den Grenzbereich zum benachbarten Wintergarten. Die andere Videokamera filmte den Eingangsbereich.
Die Kläger fühlten sich erheblich beeinträchtigt. Sie behaupteten, die Videoaufzeichnungen würden den Wintergarten und ihren Gartenbereich erfassen. Insbesondere die im Wintergarten spielenden Kinder würden von den Beklagten praktisch ununterbrochen gefilmt werden.
Die Kläger forderten die Beklagten zur Entfernung der im Grenzbereich zu ihrem Grundstück angebrachten Kamera auf. Die Beklagten weigerten sich. Der Wintergarten der Kläger würde von der Videokamera nicht erfasst. Das Filmen bezieht sich nach Auffassung der Beklagten lediglich auf das eigene Grundstück.
Die Kläger zeigten die Beklagten sodann bei der Polizei an. Sie fühlten sich aufgrund der Videoaufnahmen in ihren Rechten verletzt. Es folgte der Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses. Die Ermittlungsbehörden begutachteten vor Ort die streitgegenständliche Videokamera. Darüber hinaus ließen sie sich Live-Aufnahmen der Videokamera zeigen. Im Ergebnis konnte ein Filmen des Grundstücks bzw. Wintergartens der Kläger nicht festgestellt werden.
Die Kläger gingen nach wie vor von einem unzulässigen Filmen ihres Grundstücks aus. Außerdem wäre ein so genannter „Überwachungsdruck” anzunehmen. Die Möglichkeit des Filmens aufgrund des unkomplizierten Neuausrichtens der Kamera genüge bereits für eine Rechtsverletzung. So sahen es zumindest die Kläger.
Die Kläger erhoben Klage beim AG München. Ziel war unter anderem die Demontage der auf das Grundstück der Kläger ausgerichteten Videokamera.
Entscheidung des AG München
Das AG München wies die Klage ab.
Die Kläger konnten nicht nachweisen, dass die Videoaufnahmen tatsächlich das Grundstück der Kläger erfassten. Auch die polizeilichen Ermittlungen ergaben nichts anderes.
Beweislast beim Nachbarn
Die Beweislast für das unzulässige Filmen ihres Grundstücks tragen die Kläger. Hierauf weist das AG München in seinem Urteil hin. Diesen Nachweis konnten die Kläger jedoch nicht führen.
Auch von einem so genannten „Überwachungsdruck“ war nach Auffassung des AG München nicht auszugehen.
Gefahr einer möglichen Überwachung reicht nicht
Grundsätzlich reicht allein die Möglichkeit einer Überwachung nicht aus, um eine Persönlichkeitsverletzung des vermeintlich Überwachten anzunehmen. Auch wenn die Kamera auf das Nachbargrundstück potentiell ausrichtbar ist, reicht dies nicht für eine Persönlichkeitsverletzung. Dies gilt, „wenn der Nachbar die Anfertigung von Aufnahmen lediglich befürchtet und die Kameras nur mit erheblichem und äußerlich wahrnehmbarem Aufwand“ auf sein Grundstück gerichtet werden können (LG Bielefeld, NJW- RR 2008, 327). Dabei sind die Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Hierauf weist das AG München hin.
Verdacht einer Überwachung
Ausnahmsweise kann allein der Verdacht einer Überwachung zur Verletzung des Persönlichkeitsrechts führen. Dies ist der Fall, wenn konkrete Umstände dazu führen, dass die Überwachung nachvollziehbar und verständlich erscheint (OLG Köln, NJW 2009, 1827). Hierfür genügt unter Umständen ein eskalierender Nachbarstreit (OLG, a.a.O.). Es müssen dann aber konkrete Umstände vorliegen.
Solche Umstände lagen in diesem Fall nicht vor. Die Streitigkeiten der Parteien genügten nicht. Von einem eskalierenden Nachbarstreit war nicht auszugehen. So sah es da AG München.
Es war daher davon auszugehen, dass die Kläger eine Überwachung lediglich befürchteten. Auch war das Ausrichten der Kamera auf das Grundstück der Kläger nur mit erheblichem und äußerlich wahrnehmbarem Aufwand verbunden. Die Beklagten hätten vom Fenster aus die Dachfläche des Anbaus betreten müssen. Erst dann hätten sie die Kamera neu ausrichten können. So hatten es sogar die Kläger selbst vorgetragen. Das Ausrichten der Kamera wäre mit erheblichem Aufwand verbunden und äußerlich wahrnehmbar gewesen.
Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Kläger aufgrund eines „Überwachungsdrucks“ war nicht gegeben So entschied das AG München in seinem Urteil.
Die Klage wurde daher abgewiesen.
AG München, Urteil vom 22.11.2018 – 213 C 15498/18