Mietminderung bei Baulärm (LG München, Urt. v. 15.11.2018 – 31 S 2182/18)

Baulärm einer Baustelle auf dem Nachbargrundstück kann eine Mietminderung in Höhe von 30% rechtfertigen.

So entschied das Landgericht München (LG München) in seinem Urteil vom 15.11.2018 (31 S 2182/18).

Der Fall

Die Beklagte mietete vom Kläger in München eine Wohnung.

Auf dem benachbarten Grundstück befand sich eine Großbaustelle. Dort kam es zunächst zu Abrissarbeiten und anschließend zu einer Neubebauung.

In der Zeit von Oktober 2015 bis Juni 2016 minderte die Beklagte die Miete wegen des Baulärms. Hiermit war der Kläger nicht einverstanden. In einer Großstadt muss jederzeit mit Bautätigkeiten gerechnet werden, so der Kläger. Die Beklagte hat dies hinzunehmen. Insbesondere sind etwaige Lärmbelästigen nur vorübergehend vorhanden. Der Kläger als Vermieter hat im Übrigen auch keinen Einfluss darauf, dass die Umstände während der gesamten Mietdauer unverändert bleiben. Daher sei eine Mietminderung nicht rechtmäßig.

Prozessverlauf

Der Kläger erhob Klage beim zuständigen Amtsgericht.

Er verlangte Nachzahlung der aus seiner Sicht zu Unrecht geminderten Miete für mehrere Monate.

Der Kläger verlor. Bis auf einen geringen Teilbetrag wies das Amtsgericht die Klage ab. Die Miete war gemäß § 536 Absatz 1 BGB kraft Gesetzes gemindert. Die Mietminderung war wegen der von der Großbaustelle ausgehenden Beeinträchtigungen berechtigt.

Hiermit war der Kläger nicht einverstanden.

Er legte Berufung beim LG München ein. Das LG München hatte nun über die Mietminderung zu entscheiden.

Entscheidung des LG München

Das LG München bestätigte das Urteil des Amtsgerichts.

Die Mietminderung war rechtmäßig.

Aufgrund des Baulärms war die Miete gemäß § 536 Absatz 1 BGB gemindert.

Abrissarbeiten – Minderungsquote 30%

Während der Abrissphase und der Grundarbeiten war eine Minderungsquote von 30% rechtmäßig.

Hochbauarbeiten – Minderungsquote 25%

Die darauf folgenden Hochbauarbeiten rechtfertigten eine Minderungsquote von 25%.

Davon ging das LG München in seinem Urteil aus.

Baustellenlärm ist regelmäßig als Mangel der Mietsache anzusehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt. Das war nach Auffassung des LG München hier der Fall.

Üblicher Baulärm ist nicht grundsätzlich zu dulden. Eine Minderung ist insbesondere nicht deshalb ausgeschlossen, weil in Großstädten regelmäßig Baulärm hinzunehmen ist. Ein solcher Grundsatz existiert nicht. Hierauf weist das LG München hin.

Baulärm anders als Verkehrslärm

Anders verhält es sich bei Straßenlärm. Dieser ist in üblichen Grenzen in Innenstädten grundsätzlich hinzunehmen. Das LG München weist in seinem Urteil auf die entsprechende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hin. Baulärm ist jedoch nicht mit Straßenlärm vergleichbar. Die Rechtsprechung zum Straßenlärm ist daher nicht auf den Baulärm übertragbar.

Beschaffenheitsvereinbarung zu Baulärm

Üblicher Baulärm muss lediglich bei einer zwischen Mieter und Vermieter getroffenen ausdrücklichen Vereinbarung zur Beschaffenheit der Mietsache geduldet werden.

Möglich ist eine Vereinbarung dahingehend, dass der im Zusammenhang mit einer Baustelle näher zu definierende übliche Lärm geduldet werden muss. Diese Vereinbarung muss bei Abschluss des Mietvertrages getroffen werden. Dann wäre der hier definierte übliche Lärm der Baustelle vom Mieter zu dulden. Hierauf weist das LG München hin.

Eine Vereinbarung zur Duldung von Baulärm gibt es in diesem Fall jedoch nicht.

Duldungspflicht bei unwesentlichen Beeinträchtigungen

Nach Auffassung des LG München hatte nun eine ergänzende Auslegung des Mietvertrages zu erfolgen. Hierbei waren die Grundsätze zur Duldungspflicht bei unwesentlichen Beeinträchtigungen gemäß § 906 Absatz 1 Satz 2 BGB heranzuziehen. So entschied das LG München.

Vermieter trägt Beweislast

Die Beweislast für eine Duldungspflicht bei unwesentlichen Beeinträchtigungen liegt beim Vermieter. Hierauf weist das LG München hin.

Die Beweisaufnahme am Amtsgericht ergab erhebliche Lärmeinwirkungen ausgehend von der Baustelle während des Minderungszeitrums. Diese waren aufgrund der Erheblichkeit nicht hinzunehmen. So sah es das Amtsgericht. Das LG München bestätigte das Ergebnis der Beweisaufnahme. Rechtsfehler waren nicht zu erkennen.

Von unwesentlichen Beeinträchtigungen konnte man daher nicht ausgehen, so das LG München.

Aufgrund der erheblichen Lärmbeeinträchtigungen hatte die Beklagte nur eine geminderte Miete zu entrichten.

Unterschiedliche Bauphasen – unterschiedliche Minderungsquoten

Die unterschiedlichen Minderungsquoten resultieren aus den unterschiedlichen Lärmeinwirkungen. Die verschiedenen Bauphasen gehen mit unterschiedlichen Lärmeinwirkungen einher. Die unterschiedlichen Minderungsquoten waren daher ebenfalls nicht zu beanstanden. So sah es das LG München.

Das Amtsgericht wies die Klage zu Recht, bis auf einen geringen Teilbetrag, ab.

Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

LG München, Urteil vom 15.11.2018 – 31 S 2182/18

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