Strandkorb ist kein Balkonmöbel (AG Potsdam, Urt. v. 01.03.2018 – 31 C 34/17)

Ein Strandkorb ist kein balkontypisches Sitzmöbel. Strandkörbe dienen typischerweise der Nutzung am Strand und nicht der Nutzung auf dem Balkon. Der Zweck eines Strandkorbs ist das Abhalten von Sonne und Wind am Strand. Ein Strandkorb ist daher auch keine normale Sitzgelegenheit. So entschied das Amtsgericht Potsdam (AG Potsdam) mit Urteil vom 01.03.2018 (31 C 34/17).

Der Fall

Die Parteien sind Wohnungseigentümer eines Wohnhauses an der Havel. Vom Balkon der Kläger hat man einen seitlichen Blick auf die Havel.

In der Teilungserklärung aus dem Jahr 2012 gibt es Regelungen zur Nutzung der Balkone. So ist geregelt, dass das Anbringen von weiteren festmontierten Balkonverkleidungen nicht gestattet ist. Auch ein Sonnenschutz bzw. ein Wind- oder Sichtschutz soll nur zugelassen sein, wenn die entsprechenden Gegenstände nach dem Gebrauch abgenommen oder eingeräumt werden. Letztendlich soll nach dem Einräumen die sichtbare, äußere Gestalt des Wohnhauses nicht verändert oder beeinträchtigt sein.

Zur Auslegung und Klarstellung dieser Regelungen gab es unter den Wohnungseigentümern im Jahr 2017 eine Abstimmung. Die Eigentümergemeinschaft beschloss durch Mehrheitsbeschluss, dass ein Strandkorb kein Gegenstand ist, der die äußere Gestalt des Baukörpers verändert oder beeinträchtigt. Damit sei klar, dass ein Strandkorb auf dem Balkon verbleiben darf, so der Beschluss der Eigentümergemeinschaft.

Aufgrund eines aufgestellten Strandkorbes war die seitliche Sicht der Kläger auf die Havel erheblich beeinträchtigt.

Aus diesem Grund wandten sich die Kläger gegen den Beschluss der Eigentümerversammlung.

Die Kläger legten Klage beim AG Potsdam ein. Sie beantragten festzustellen, dass der Beschluss der Eigentümergemeinschaft aus dem Jahr 2017 nichtig ist.

Die Beklagten hingegen beantragten Klagabweisung. Sie waren der Auffassung, dass es sich bei Strandkörben um reine Sitzmöbel handelt. Strandkörbe fallen nicht unter die oben dargestellte Regelung, da sie keine Balkonverkleidung darstellen. Auch handelt es sich bei einem Strandkorb nicht um einen Sicht- bzw. Sonnenschutz, so die Beklagten. Der Beschluss der Eigentümergemeinschaft aus dem Jahr 2017 sei daher nicht zu beanstanden.

Entscheidung des Amtsgerichts Potsdam

Das AG Potsdam gab den Klägern Recht. Der Beschluss der Eigentümergemeinschaft zu den Strandkörben ist nichtig, so das AG Potsdam.

Die Eigentümergemeinschaft durfte nicht durch Mehrheitsbeschluss über die Auslegung einer Regelung in der Teilungserklärung entscheiden. Die Auslegung einer Teilungserklärung ist „verbindlich allein nur durch das Gericht oder durch eine einheitliche Entscheidung aller Wohnungseigentümer möglich“, so das AG Potsdam. Aus diesem Grund war der streitgegenständliche Beschluss der Eigentümergemeinschaft nach Auffassung des AG Potsdam nichtig.

Das AG Potsdam wies darüber hinaus darauf hin, dass es sich bei Strandkörben nicht um normale Sitzgelegenheiten handelt. Sie sind vor allem viel höher, „was die Sicht für Nutzer anderer Balkone … ganz erheblich beeinträchtigen kann“, so das AG Potsdam. Strandkörbe dienen nach Auffassung des AG Potsdam typischerweise der Nutzung am Strand, nicht jedoch auf dem Balkon. „Ihr besonderer Zweck ist es, Sonne und Wind abzuhalten, um insoweit besonderen Schutz zu geben“, so das Urteil des AG Potsdam. Im vorliegenden Fall wurde die Sicht der Kläger auf die Havel tatsächlich erheblich durch den aufgestellten Strandkorb beeinträchtigt. Das ergaben die in den Rechtsstreit eingeführten Fotos. Von balkontypischen Sitzmöbeln kann man bei Strandkörben in jedem Fall nicht ausgehen, so die Auffassung des AG Potsdam in seinem Urteil vom 01.03.2018.

AG Potsdam, Urteil vom 01.03.2018 – 31 C 34/17

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