Gerichte können gegen juristische Personen (z. B. GmbH, KG, AG) Bußgelder verhängen, deren Höhe sich nach § 30 OWiG bemisst. Diese Vorschrift verfolgt sowohl einen Ahndungs- als auch einen Abschöpfungszweck. Der Gesetzgeber möchte damit den Pflichtverstoß verfolgen und zugleich vermeiden, dass die Vorteile des Verstoßes beim Unternehmen verbleiben. Dabei soll sich die Höhe des Bußgelds an der Tat der Leitungsperson orientieren und an dem Unrechtsgehalt dieser Tat.
Sofern das Unternehmen aus der Tat einen Vorteil erlangt hat, soll das Bußgeld diesen Vorteil übersteigen. Um das Vorhandensein eines Vorteils zu ermitteln und dessen Höhe, stellen Gerichte auf die wirtschaftliche Gesamtsituation des Unternehmens ab. Gerichte haben dabei nach dem Nettoprinzip zu verfahren, das heißt, dass wirtschaftliche Nachteile und Aufwendungen mindernd zu berücksichtigen sind. Regelmäßig liegen keine umfassenden Erkenntnisse zur genauen Ermittlung des Vorteils vor. Diese Erkenntnislücken werden durch Schätzungen des Gerichts geschlossen.
Bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist die Frage, ob sich Compliance-Maßnahmen des Unternehmens bußgeldmindernd auswirken. Der Bundesgerichtshof scheint dies zu erwägen, hat sich aber nicht ausdrücklich dazu bekannt (Beschluss vom 08.12.2016 – 5 StR 424/15). Die Zurückhaltung des BGHs erscheint nachvollziehbar, da ein faktischer Nachlass einen falschen Anreiz setzen könnte. Denn Compliance-Regelungen sollen die Befolgung von Vorschriften bewirken und nicht einen Rabatt bei der Ahndung von Verstößen.
Gerichte müssen die Bemessungsfaktoren in ihren Entscheidungen nachvollziehbar darlegen und begründen. Fehlt es daran, bestehen gute Aussichten darauf, die Auferlegung eines Bußgelds anzugreifen.
BGH, Beschluss vom 08.12.2016 – 5 StR 424/15