Eine Sparkassenkundin verlangte, dass sie in Formularen in der weiblichen Form bezeichnet wird. Die Bezeichnung in der männlichen Form als „Kontoinhaber“ verletze ihre Rechte als Frau. Die in den ersten Instanzen erfolglose Klage wurde nun vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen (BGH – VI ZR 143/17): Die Verwendung der männlichen Form verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ein Verstoß gegen § 3 AGG liege nicht vor. Der Presserklärung ist zu entnehmen, dass der BGH bei der Entscheidung berücksichtigt hat, dass die bloße Verwendung einer Bezeichnung als Plural keine korrekte Bezeichnung darstellt. Dieser so genannte generische Maskulin verletze aber nicht die Rechte der Frau, was sich unter anderem darin zeige, dass der Gesetzgeber auch die Form des generischen Maskulins verwendet: So heiße es in siehe etwa §§ 21, 30, 38 f., 40 ff. Zahlungskontengesetz „Kontoinhaber“ und in §§ 488 ff. BGB „Darlehensnehmer“. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität sei nicht zu erkennen. Dabei fiel ins Gewicht, dass die Klägerin in Anschreiben und in der persönlichen Anrede korrekt als „Frau“ bezeichnet worden ist.
Hintergrund: Gleichberechtigung fängt bei der Sprache an. Allerdings ist die Sprache etwas über lange Zeit Gewachsenes und daher auch Abbild traditioneller Ungleichbehandlungen. Das wird bei der Kritik an vermeintlich gendermäßig unkorrekten Bezeichnungen leider oft vergessen. Als sicher gilt, dass die Klägerin sich mit dem Urteil nicht zufrieden gibt, sondern Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhebt und den Streit zum Europäischen Gerichtshof bringt. Ob das Bundesverfassungsgericht angesichts der zuletzt zum Personenstandsrecht ergangenen Entscheidung, in der sich eine Person, welche sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlte, eine dritte Kategorie (z. B. „inter“) verlangen kann (BVerfG – 1 BvR 2019/16), das BGH-Urteil für verfassungsgemäß hält, darf mit Spannung abgewartet werden. Denn es ist nicht erkennbar, warum das Grundrecht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Gestalt der Anerkennung der sexuellen Identität (Art. 2 Absatz 1 i. V. m. Art. 1 Absatz 1 GG) die Änderung des Geburtenregisters herbeiführen, aber die Anerkennung desselben Rechts im Alltag versagt bleiben soll. Im Gegenteil: die tagtägliche Handhabung ist wichtiger als eine Eintragung im Geburtenregister, denn die nahezu alltägliche Konfrontation bewirkt eine weitaus stärkere Beeinträchtigung. Konsequenterweise müsste dann aber auch bei den Formularen eine dritte Kategorie „inter“ eingeführt werden. Damit befasst sich der BGH, zumindest nach Maßgabe der zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrags allein vorliegenden Presserklärung, nicht. Ob die Einführung von drei Kategorien sinnvoll ist, darf bezweifelt werden. Die BGH-Entscheidung ist daher pragmatisch, denn die Vorteile von mehreren Kategorien überzeugen nicht. Der Duktus des Gerichts, dass sich Frauen „nicht so haben sollen“, hinterlässt aber trotzdem einen faden Beigeschmack, denn der Umstand, dass der Gesetzgeber den generischen Maskulin verwendet, bedeutet nicht, dass das auch korrekt ist – dafür gibt es in Deutschland nun einmal Grundrechte, die auch den einfachen Gesetzgeber binden. Die Gegner des „Genderwahns“ können mit der Entscheidung daher nur einen Etappensieg verbuchen, denn das letzte Wort ist in dieser Sache noch nicht gesprochen.
BGH, Urteil vom 13.03.2018 – VI ZR 143/17
LG Saarbrücken, Urteil vom 10.03.2017 – 1 S 4/16
AG Saarbrücken, Urteil vom 12.02.2016 – 36 C 300/15