Aufgrund einer Zeugenaussage wurde bei einem Mieter eine Hausdurchsuchung vorgenommen. Der Zeuge hatte den Mieter des Dealens mit Cannabis bezichtigt, juristisch ausgedrückt, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Absatz 1 Nummer 1 BTMG). Aus diesem Grund nahm die Polizei auf Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses eine Hausdurchsuchung beim Mieter vor. Dabei wurde die Tür der Wohnung aufgebrochen, es entstand ein Schaden in Höhe von 1570,92 Euro. Bei der Durchsuchung wurden 26,32 Gramm Marihuana gefunden, also eine nicht geringe Menge im Sinne des Gesetzes (vgl. § 29 Absatz 5 BTMG – die Menge variiert in den Bundesländern). In einem späteren Strafprozess wurde der Mieter wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln verurteilt. Vom Vorwurf des Handeltreibens wurde er freigesprochen, da dafür keine Beweise gefunden wurden und das Strafgericht den Zeugen für unglaubwürdig hielt.
Der Vermieter verlangte Schadenersatz für die beschädigte Wohnungstür. Der Mieter wandte ein, dass er für den Schaden nicht aufkommen müsse, da sich der Tatverdacht des Handeltreibens nicht bestätigt habe, schließlich sei er insoweit freigesprochen worden. An dem Prozess beteiligte sich auch der Freistaat Bayern als Träger der Polizei, der, falls der Mieter nicht zahlen muss, den Schaden ersetzen müsste. Die Klage war ohne Erfolg, der Bundesgerichtshof bestätigte die Klagabweisung in letzter Instanz:
Im Ergebnis gab der Bundesgerichtshof (BGH) dem Mieter Recht. Der Mieter darf die Mietwohnung nicht für Straftaten verwenden und in der Wohnung keine Straftaten begehen (§§ 535, 241 Absatz 2 BGB). Mieter überschreiten die Grenze des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache und verstoßen gegen die mietvertragliche Obhutspflicht, wenn sie in der Mietwohnung illegale Betäubungsmittel aufbewahren. Hält er sich nicht daran, muss er grundsätzlich den daraus entstehenden Schaden ersetzen (§ 280 BGB). Die Pflichtverletzung muss aber ursächlich für den Schaden sein. Das war hier nicht der Fall, denn die Hausdurchsuchung wurde aufgrund des Verdachts des Handeltreibens vorgenommen, der sich im Nachhinein aber nicht bestätigt hat. Ein Verhalten des Mieters ist daher für das Aufbrechen der Tür nicht ursächlich gewesen im Sinne der Äuquivalenztheorie. Dass bei der Durchsuchung dennoch Betäubungsmittel in nicht geringer Menge gefunden wurden, ändert nach Auffassung des BGHs nichts, denn bei diesem Fund handelt es sich um einen so genannten Zufallsfund. Dieser führte letztlich zwar zu einer Verurteilung des Mieters wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln. Dieser Umstand war aber für die Durchsuchung nicht ursächlich, da die Durchsuchung auf das Handeltreiben gestützt worden war. Der Mieter war daher für den Schaden an der Wohnungstür nicht ursächlich und daher nicht haftbar.
Hintergrund: Der BGH geht bei der Prüfung der Zurechenbarkeit des Schadens streng formal vor. Dabei unterscheidet er zwischen dem Tatvorwurf, auf den die Durchsuchung gestützt wird (Handeltreiben), und dem Zufallsfund, der letztlich zu einer Verurteilung geführt hat (Erwerb). Die Wohnung wurde nur aufgebrochen, weil der Mieter des Dealens überführt werden sollte. Der Zufallsfund war hingegen nicht ursächlich für das Aufbrechen der Wohnung. Für den BGH spielt es keine Rolle, dass der Mieter im weiteren Sinne ursächlich für die Durchsuchung war, da er etwas mit BTM zu tun hatte. Vielmehr stellt er allein darauf ab, ob sich der Tatverdacht bestätigt hat.
Der Vermieter muss sich daher an den Freistaat Bayern halten, der für die letztlich erfolglose Durchsuchung (was das Handeltreiben anbelangt) und die dadurch angerichteten Schäden einzustehen hat. Praktisch dürfte aus der Entscheidung zu schlussfolgern sein, dass die Polizei gut beraten ist, eine Durchsuchung auf mehrere Gründe zu stützen. Wenn der Durchsuchungsbeschluss sowohl den Tatverdacht des Handeltreibens als auch den des Erwerbs zum Gegenstand gehabt hätte, wäre das Verhalten des Mieters ursächlich für die Durchsuchung, mit der Folge, dass er den Schaden zu ersetzen hätte.
BGH, Urteil vom 14.12.2016 – VIII ZR 49/16
Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 02.02.2016 – 7 S 3539/15