Eine zu Vertragsstrafen interessante Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) gefällt: die klagende Herausgeberin eines Gutscheinheftes verlangte von einem Gastwirt eine Vertragsstrafe von 2500 Euro, weil der gegen vertragliche Pflichten verstoßen hat. Nach dem Geschäftsmodell erhalten Gastwirte die Möglichkeit, zwei Anzeigen in dem als „Schlemmerblock“ bezeichneten Gutscheinheft zu schalten. Im Gegenzug verpflichten sie sich, Gästen, die einen Gutschein aus dem Schlemmerblock vorlegen, bei der Abnahme von zwei Hauptgerichten das billigere der beiden Gerichte kostenlos zu servieren. Der beklagte Gastwirt hatte mit der Klägerin einen Vertrag zur Aufnahme seiner Gaststätte in den Schlemmerblock geschlossen, sich aber geweigert, Gutscheine einzulösen. Beschwerden von „Schlemmerblock“-Kunden setzten die Klägerin unter Zugzwang. Sie klagte 2500 Euro Vertragsstrafe ein. Das Amtsgericht und das Landgericht gaben der Klägerin Recht. Die Vertragsstrafenklausel, nach der für jeden Fall der Zuwiderhandlung 2500 Euro aber nicht mehr als 15000 Euro zu zahlen sei, sei nicht zu beanstanden. Insbesondere sei die Vertragsstrafe nicht unangemessen, weil anderenfalls das Geschäftsmodell der Klägerin nicht funktioniere. Außerdem habe der beklagte Gastwirt gewusst worauf er sich einlasse. Das Landgericht ließ die Revision zu. Der Beklagte legte Revision ein. Mit Erfolg: Der BGH hob die Verurteilung auf und wies die Klage ab: Die Regelung über die Vertragsstrafe verstößt gegen § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB, da sie jeden vorsätzlichen Verstoß gegen Vertragspflichten erfasst und nicht nach dem Gewicht der Verstöße unterscheidet. Bereits bei kleinsten Verstößen sei danach eine sehr hohe Vertragsstrafe zu zahlen, etwa beim Angebot von nur sieben anstelle der vorgeschriebenen acht Hauptgericht oder bei unfreundlichem Service. Darin sei eine unbillige Benachteiligung zu erblicken, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt. Die Vertragsstrafe ist daher nicht zu zahlen.
Der BGH hat sich nicht gegen das Geschäftsmodell „Schlemmerblock“ insgesamt ausgesprochen. Die praktizierte Handhabung mit der völlig undifferenzierten Vertragsstrafe ist aber künftig nicht mehr möglich. Interessant an der Entscheidung ist, dass der BGH den Schutz vor unangemessenen Vertragsstrafen im gewerblichen Bereich ansonsten durchaus lockerer sieht. Gewerbetreibenden ist in der Regel mehr zuzumuten als Verbrauchern, denn sie agieren professioneller und können deshalb besser absehen, was sie erwartet.
Für Gastwirte, die Verträge mit derselben Klausel abgeschlossen haben und die gegen die Schlemmerblock-Vorgaben verstoßen, halten sich die Risiken in Grenzen, denn außer unzufriedenen Gutschein-Kunden haben sie kaum etwas zu befürchten: Die Vertragsstrafe fällt nicht an und es ist kaum zu erwarten, dass der vertragsrechtlich in Betracht kommende Anspruch auf Servieren eines zweiten Hauptgerichts jemals gerichtlich durchgesetzt wird. Wer hingegen einen Schlemmerblock gekauft hat (34,90 Euro) und bei teilnehmenden Gastwirten auf Granit beißt, kann von der Herausgeberin des Gutscheinheftes die Erstattung des Kaufpreises verlangen.
BGH, Urteil vom 31.08.2017 – VII ZR 308/16
LG Mainz, Urteil vom 15.11.2016 – 6 S 16/16
AG Worms, Urteil vom 05.02.2016 – 9 C 88/15