Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Anforderungen an den Straftatbestand des unbefugten Zurschaustellens der Hilflosigkeit einer Person nach § 201a Absatz 1 Nummer 2 StGB konktretisiert. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt. Im Kern ging es in dem Fall darum, dass die Täter vom Opfer Geld verlangten. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, zwangen die Täter das Opfer, sich eine mit Creme präparierte langhalsige 0,3 Liter Flasche anal einzuführen. Dieses Geschehen filmten sie und stellten in Aussicht, dass, falls er das Geld nicht zahle, sie die Aufnahme veröffentlichen würden. Die Täter wurden unter anderem nach § 201a Absatz 1 Nummer 2 StGB verurteilt. Der BGH hob nun die Verurteilung im Hinblick auf § 201a StGB auf und verwies die Sache zurück an das Landgericht Essen. Grund: Es ist nicht geprüft worden, ob sich aus dem Video die Hilflosigkeit erkennen lässt. Dass das Opfer sich in einer hilflosen Lage befunden habe, genüge allein nicht. Vielmehr gehöhre zum Zurschaustellen der Hilflosigkeit im Sinne von § 201a Absatz 1 Nummer 2 StGB dazu, dass sich die Hilflosigkeit aus dem Bildmaterial selbst erkennen lässt. Eben dies muss das Landgericht nun noch einmal prüfen.
Damit ist die Herstellung von Videoaufnahmen, bei denen sich das Opfer in einer hilflosen Lage befindet, dann nicht nach § 201a Absatz 1 Nummer 2 StGB strafbar, wenn die Hilflosigkeit in dem Video nicht erkennbar ist. Diese Konkretisierung ist mit Blick auf den Wortlaut der Norm zu begrüßen, denn eine Argumentation dahingehend, dass anzunehmen sei, dass niemand so etwas freiwillig mache, ist rechtlich nicht haltbar. Durch die Entscheidung sind nennenswerte Schutzlücken des anlässlich der Edathy-Affäre verschärften Paragraphen nicht zu erwarten, denn die Umstände, unter denen solche Aufnahmen entstehen, begründen regelmäßig eine Strafbarkeit wegen zahlreicher anderer Straftatbestände, wie Nötigung, Erpressung und Körperverletzung. Und spätestens mit der Veröffentlichung des Videos wäre eine Strafbarkeit nach § 201a Absatz 2 StGB gegeben. Danach macht sich strafbar, wer eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der Person erheblich zu schaden, an einen anderen weitergibt.
BGH, Urteil vom 25.04.2017 – 4 StR 244/16