unzulässige Schmähkritik
Sachverhalt: In einer Rezension wurde der verstorbene Schriftsteller Heinrich Böll als “steindummer, kenntnisloser und talentfreier Autor” bezeichnet, er sei einer “der verlogensten, ja korruptesten” Autoren gewesen und ein “z. T. pathologischer, z. T. ganz harmloser Knallkopf” und seine Werke stellten “häufig widerwärtigen Dreck” dar. Die hiergegen erhobene Klage war in allen Instanzen erfolgreich.
Entscheidend für das Bundesverfassungsgericht war, dass es sich hier um Schmähkritik handelte, denn es fehlte an einer Auseinandersetzung mit dem Werk Bölls. Zuvor war zu klären, ob Persönlichkeitsrechte auch postmortal, d. h. nach dem Tod gegeben sein können, was nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG der Fall ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.02.1971 – 1 BvR 435/68). Die Rezension erschöpfte sich einseitig in der Diffamierung der Person und hat keine Anhaltspunkte erkennen lassen, wodurch die harsche Kritik veranlasst worden ist. Maßgeblich war bei der Entscheidung auch, dass der Rezension ein weitergehender Schutz der Kunst- und Satirefreiheit nicht zuzugestehen ist, denn Elemente der Kunst oder der Satire konnte das Gericht nicht erkennen.
Ob Teile der Rezension als Formalbeleidigung anzusehen sind, thematisierte das BVerfG nicht. In Betracht käme dies bei der Verwendung des Begriffs Knallkopf. Dass dieser Begriff nicht herausgegriffen und seinerseits als Formalbeleidigung gewertet werden kann, liegt auch an dem Gebot der Gesamtwürdigung. Einzelne Passagen dürfen nämlich nicht isoliert betrachtet werden, sondern die Äußerung ist grundsätzlich als Gesamtheit zu würdigen. Von diesem Grundsatz macht die Rechtsprechung indessen regelmäßig Ausnahmen (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 10.02.2017 – 324 O 402/16 nicht rechtskräftig).
BVerfG, Beschluss vom 25.02.1993 – 1 BvR 151/93