keine Schmähkritik
Sachverhalt: Der bei einer Polizeikontrolle mit dem Fahrrad angehaltene Angeklagte, der sich aufbrausend und abweisend verhielt, erklärte den Polizisten, Alkohol getrunken zu haben. Der Aufforderung, einen Atemalkoholtest durchzuführen, kam der Angeklagte nicht nach. Daraufhin veranlassten die Polizisten eine Blutentnahme. Während sie zusammen mit dem Angeklagten auf das Eintreffen der Ärztin warteten, beschwerte sich der Angeklagte über die Behandlung durch die Polizisten und beschimpfte diese als “dumm”, “unfähig”, “schikanös” , “machtversessen” und “niveaulos”. Währenddessen fuchtelte er mit den Händen vor den Polizisten herum, die ihm daraufhin Handschellen anlegten. Die dann ärztlich vorgenommene Blutuntersuchung führte zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte keinen Alkohol getrunken hatte.
Das Amtsgericht Speyer verurteilte den Angeklagten wegen Beleidigung (§ 185 StGB), da, anders als die Bezeichnungen “machtversessen”, “niveaulos” und schikanös”, die Bezeichnung der Polizisten als “dumm” und “unfähig” allein der Herabwürdigung dienten und nicht der Meinungsfreiheit unterfielen. Dabei fiel auch ins Gewicht, dass der Angeklagte die Eskalation der Situation selbst wesentlich herbeigeführt hatte durch sein unkooperatives Vehalten und seine Äußerung, Alkohol getrunken zu haben. Die Berufung zum Landgericht Frankenthal blieb ohne Erfolg.
Der Angeklagte legte schließlich Revision ein. Mit Erfolg: Er wurde vom OLG Zweibrücken freigesprochen.
Entscheidend für die Qualifizierung als zulässige Meinungsäußerung und nicht als Schmähkritik war für das OLG Zweibrücken, dass es sich bei den Bezeichnungen “dumm” und “unfähig” nur um geringfügig herabwürdigende Äußerungen handelte, die in der konkreten Situation einen sachlichen Anlass hatten, nämlich die Kritik an der Polizeikontrolle. Eine herabsetzende Äußerung kann erst dann zu einer Schmähritik werden, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung zur Sache, sondern allein die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Diese Voraussetzungen lagen hier nach Auffassung des OLGs nicht vor. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit gewähre insbesondere denjenigen, die von staatlichen Maßnahmen betroffen sind, die Möglichkeit, die staatliche Maßnahme zu kritisieren. Ob die Kritik zutreffend, sachlich oder angemessen ist, spielt für den Schutz der Meinung keine Rolle.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.09.2018 – 1 OLG 2 Ss 31/18
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