Ein zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesenes Bürgerbegehren kann gerichtlich per einstweiliger Verfügung erzwungen werden. Hierfür einschlägig ist ein Antrag auf Erlass einer Regelungsverfügung gemäß § 123 VwGO.
Vorwegnahme der Hauptsache?
Einstweilige Verfügungen dürfen grundsätzlich nicht zur Vorwegnahme der Hauptsache führen. Von diesem Erfordernis, das dem vorübergehenden Charakter einstweiliger Verfügungen Rechnung tragen soll, sind allerdings Ausnahmen anerkannt.
Über einen solchen Fall hatte das Verwaltungsgericht Lüneburg zu entscheiden.
Nicht wieder gut zu machende Nachteile
Das Gericht stellte fest, dass eine einstweilige Verfügung das Ergebnis der Hauptsacheklage vorwegnehmen würde. Denn ein durchgeführtes Bürgerbegehren lässt sich nicht mehr rückgängig machen.
Eine Ausnahme vom Verbot der Vorwegnahme der Hautsache gilt dann, wenn dem Antragsteller nicht wieder gut zu machende Nachteile drohen. Das kann dann der Fall sein, wenn ohne das Bürgerbegehren über dessen Gegenstand Fakten geschaffen würden, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Das bejahte das VG Lüneburg hier unter Hinweis auf bevorstehende Beschlüsse zum Standort eines Klinikneubaus.
Zurückweisung des Bürgerbegehrens
Die Zurückweisung des Bürgerbegehrens erfolgte unter Hinweis auf eine zur Sache laufende Bauleitplanung. In den meisten Bundesländern sind Bürgerbegehren zu solchen Angelegenheiten ausgeschlossen. Das trifft auch für Niedersachsen zu (§ 32 Absatz 2 Satz 2 Nummer 6 Nds. KomVG).
Die laufende Bauleitplanung nahm der Hauptausschluss zum Anlass, eine bereits erteilte Vorabentscheidung zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zurückzunehmen und das Begehren zurückzuweisen.
Bindung an Vorabentscheidung
Diesem Vorgehen erteilte das VG Lüneburg eine Absage. An die Vorabentscheidung zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens sei der Hauptausschuss gebunden. Die Entscheidung könne nur dann kassiert werden, wenn nachträgliche Rechtswidrigkeitsgründe eingetreten wären. Das war hier nicht der Fall, da die Bauleitplanung bereits zum Zeitpunkt der Vorabentscheidung lief. Es handelte sich daher nicht um einen neuen Umstand.
Verbot entgegenstehender Entscheidungen
Bemerkenswert ist, dass das Lüneburger Gericht entgegenstehende Entscheidungen bis zur Durchführung des Bürgerbegehrens für unzulässig hält. Dies stützt das Gericht auf § 32 Absatz 7 Nds. KomVG, wonach eine entgegenstehende Entscheidung bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein für zulässig erklärtes Bürgerbegehren stattfindet, nicht ergehen darf.
VG Lüneburg, Beschluss vom 07.01.2021 – 1 B 52/20