Vorfahrt für Fußgänger – in welchen Fällen Autofahrer warten müssen

Beim Abbiegen haben Autofahrer Fußgängern regelmäßig den Vortritt zu lassen. Geregelt ist das in der Straßenverkehrsordnung.

„Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen; wenn nötig, ist zu warten“

§ 9 Absatz 3 Satz 3 StVO

Diese Regelung erscheint auf den ersten Blick klar. Allerdings sagt sie nichts darüber aus, wann das Warten „nötig“ ist. Das zu entscheiden ist letztlich Aufgabe der Gerichte. Hier ein Überblick über die wichtigsten Fälle.

Abbieger muss warten

Der rote Pfeil kennzeichnet den Wartepflichtigen.

Biegt ein Auto auf einer Kreuzung ab, muss das Auto warten, bis die in Längsrichtung gehenden Fußgänger die Fahrbahn überschritten haben. Das gilt sowohl für Fußgänger, die in derselben Richtung unterwegs sind als auch für entgegenkommende Fußgänger.

Rechts vor links für Fußgänger?

Die für Autos geltende Regel, dass das von rechts kommende Auto Vorrang genießt, gilt für Fußgänger nicht gleichermaßen. Vielmehr greift hier die allgemeine Rücksichtnahmepflicht. Geradeaus fahrende Autos sind gegenüber von rechts kommenden Fußgängern nicht wartepflichtig.

Fußgänger im Kreisverkehr bei ausfahrendem Auto

Ein im Kreisel fahrendes Auto, das den Kreisverkehr verlassen möchte, ist gegenüber Fußgängern, die den Kreisverkehr auf den umgebenden Gehwegen benutzen, wartepflichtig. Im Kreisel haben daher Fußgänger gegenüber ausfahrenden Autos Vorrang.

Fußgänger im Kreisverkehr bei einfahrendem Auto

Fährt ein Auto in den Kreisverkehr ein, so haben Fußgänger, welche die umgebenden Gehwege benutzen, keinen Vorrang. Hier gilt dasselbe wie bei der rechts-vor-links-Regel, auf die sich Fußgänger nicht verlassen können. Auch hier bleibt es bei der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht.

Fußgänger überquert Straße

Überquert ein Fußgänger außerhalb einer Kreuzung eine Straße, so ist das auf der Straße fahrende Auto nicht wartepflichtig. Hier muss der Fußgänger warten.

Fußgänger und abbiegende Hauptstraße

Wenn ein Auto eine abbiegende Hauptstraße verlässt und geradeaus auf eine Nebenstraße fährt, so ist das Auto gegenüber einem Fußgänger, welcher der Hauptstraße folgend auf dem Gehweg die Nebenstraße überqueren möchte, nicht wartepflichtig. Hier ist der Fußgänger wartepflichtig, es verbleibt bei der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht.

Fußgänger überquert abseits einer Kreuzung die Straße

Für Fußgänger, die abseits einer Kreuzung die Straße überqueren wollen, gilt dasselbe wie beim Überqueren einer Straße. Hier sind die Fußgänger wartepflichtig und Autos haben Vorrang.

Abbieger und Fußgänger abseits der Kreuzung

Abbiegende Autos sind nicht wartepflichtig, wenn Fußgänger die Straße fernab einer Kreuzung überqueren. Dann gilt nämlich dasselbe wie beim herkömmlichem Überqueren einer Straße, bei dem Fußgänger warten müssen. Wie weit Fußgänger von der Kreuzung entfernt sein müssen, damit ein Zusammenhang mit der Kreuzung nicht mehr besteht, kann nicht im Metern angegeben werden. Entscheidend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls. Dabei spielen die Breite der Straßen, deren Verlauf und Übersichtlichkeit eine Rolle. Als Fausformel gilt: Je weiter der Fußgänger von der Kreuzung entfernt ist, umso eher ist anzunehmen, dass ein Zusammenhang mit der Kreuzung nicht mehr gegeben ist.

Auto überquert Kreuzung

Wenn das Auto eine Kreuzung geradeaus fahrend überquert, muss der die Kreuzung überquerende Fußgänger warten. Da die rechts-vor-links-Regel für Fußgänger nicht gilt, ist nicht von Bedeutung, in welche Richtung der Fußgänger die Kreuzung überquert. Anders wäre es, wenn das Auto links oder rechts abbiegt, denn Fußgänger haben vor Abbiegern Vorrang.

Fußgänger auf der Hauptstraße und querendes Auto

Wenn Fußgänger längs der Hauptstraße gehen, sind sie gegenüber Autos, welche die Hauptstraße überqueren, wartepflichtig. Weder aus dem Vorfahrtstraße- noch aus dem Vorfahrbeachten-Schild können Fußgänger einen Vorrang herleiten.

Auto biegt in Einbahnstraße ein

Überquert ein Fußgänger eine in eine Einbahnstraße einmündende Straße, so hat er gegenüber dem in die Einbahnstraße einbiegenden Auto Vorrang. Der Umstand, dass der Fußgänger entgegen der Fahrtrichtung der Einbahnstraße geht, steht seinem Vorrang nicht entgegen. Das Einbahnstraßenschild gilt nicht für Fußgänger. Darauf, dass der Fußgänger längs der Vorfahrtstraße geht, kommt es hier ebenso wenig an, wie auf das Vorfahrt-Beachten-Schild. Entscheidend ist das Abbiegen des Autos, was zur besonderen Rücksicht verpflichtet (§ 9 Absatz 3 Satz 3 StVO).

Mitverschulden des Fußgängers

In allen Fällen wird Fußgängern ein umsichtiges vorausschauendes Verhalten abverlangt. Wer sich – ohne zu gucken – auf die Wartepflicht des Autos verlässt, den trifft regelmäßig eine Mitschuld von 25%. Das Mitverschulden kann je nach Umständen des Einzelfalls auch höher ausfallen. So kann den Fußgänger sogar eine 100%-ige Schuld treffen, wenn er sich sein Vorrecht erzwingt.

37 Gedanken zu „Vorfahrt für Fußgänger – in welchen Fällen Autofahrer warten müssen“

  1. Vielen Dank für diese schönen Erklärungen! Wie ist die Vorfahrtsregelung im ersten Fall (Abbieger muss warten), wenn das Auto von rechts kommt (Einmündung) und die Längsstraße eine Vorfahrtsstraße ist? Gehört die Vorfahrt dem Fußgänger oder dem Autofahrer?
    Vielen Dank

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    • Danke! In dieser Konstellation hat der Autofahrer zu warten, da er abbiegt (OLG Hamm, Urt. v. 18.06.2004 – 9 U 38/04). Das gilt übrigens gleichermaßen für Links- und Rechtsabbieger.

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        • Das ist unzutreffend, denn es gibt keine Rechtsgrundlage für diese Differenzierung. Das Vorrecht der Fußgänger gegenüber abbiegenen Fahrzeugen ergibt sich aus § 9 Absatz 3 Satz 3 StVO. Dafür spielt es keine Rolle, in welche Richtung sich die Fußgänger bewegen. Das ist aber kein “Freibrief”. Wer als Fußgänger erkennen kann, dass das abbiegende Fahrzeug den Vorrang nicht gewährt, muss notfalls warten. Anderenfalls droht eine Kürzung des Schadensersatzes wegen Mitverschuldens (§ 254 BGB).

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          • Sollte § 9 III 3 StVO tatsächlich auch diesen Sachverhalt umfassen, dann lässt sich das allerdings nicht mit OLG Hamm 9 U 38/04 belegen. Wie sich aus den Urteilsgründen ergibt – zum Tatbestand wurde wie üblich nur auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen – hatte der verletzte Fußgänger die Fahrbahn in gleicher oder entgegengesetzter Richtung zur Fahrtrichtung des abbiegenden Fahrzeugs betreten.
            (vgl. www. verkehrslexikon.de/Urteile/Abbiegen10.php ) .

          • Das sehe ich anders: § 9 Absatz 3 Satz 3 StVO gilt für das Abbiegen von Fahrzeugen und “… räumt … generell dem Fußgänger eine vorrangähnliche Stellung ein”, so das OLG Hamm zu Az. 9 U 38/04.

  2. Und wenn das dann doch keine T-Kreuzung wäre, und das Auto von der Nebenstraße kommend geradeaus über die Hauptstraße fährt, dann müssten die Fußgänger doch wieder warten? Aber wenns dann doch abbiegt, muss es warten? Also müssen die Fußgänger sich auf blinken oder nichtblinken verlassen, weil sie je nachdem vor dem Auto auf die Straße springen können oder nicht? Das kreiert doch aber nur unsichere Situationen, auf den Blinker von anderen darf man sich ja auch generell nicht komplett verlassen, dazu gabs ja schon Entscheidungen zur Genüge. Und wenn die Fußgänger nicht direkt an der Kreuzung stehen sondern etwas davor, oder die nicht der Hauptstraße gefolgt waren sondern über Eck gehen, haben sie auch keinen Vorrang wenn man dahinter abbiegen würde?

    Diese Situation(en), die ständig stattfindet (man kommt von einer Nebenstraße und bereits vor der Kreuzung wollen welche kreuzen, entweder von parallel kommend oder von der Hauptstraße), wird seltsamerweise nie bei all den Beispielen auf diversen Websites erwähnt. Dabei ist die doch mit die wichtigste.

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    • Wenn es sich nicht um eine T-Kreuzung, sondern eine X-Kreuzung handelt und das Auto geradeaus fährt, haben die kreuzenden Fußgänger zu warten. Das Hauptstraßenschild können Fußgänger nicht für sich beanspruchen, da dieses Fußgängern keinen Vorrgang gewährt. Abbiegenden Autos gebührt, wie dargestellt, kein Vorrang. Als Fußgänger sollte man sich – wie Sie zutreffend schreiben – nicht auf das Blinken oder Nichtblinken verlassen und schon gar nicht auf die Rücksichtnahme von Autofahrern vertrauen. Für Fußgänger, die abseits einer Kreuzung die Straße queren, gilt dasselbe wie bei der Überquerung einer Straße: hier haben Fußgänger keinen Vorrang. Ob das Abbiegen eines Autos in einem solchen Fall relevant ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Da kommt es auf die Straßenverläufe ebenso an wie auf den Abstand zur Kreuzung. Vor Gericht können Sie damit durchaus Überraschungen erleben.

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  3. Ein Mitverschulden ist meiner Meinung nach nie einem Fußgänger anzuheften, da ein Fußgänger die Verkehrsregeln nicht wissen muss (er hat keinen Führerschein, also wann soll er bitte mit den Regeln des Straßenverkehrs in Berührung kommen)! Er muss sich ausschließlich an Signale der Ampeln halten.

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    • Dass Fußgänger nur Ampeln zu beachten haben, stimmt nicht. Ein Mitverschulden nach § 254 BGB kann auch Fußgängern anzulasten sein. Die Frage, ob Fußgänger einen Unfall schuldhaft verursacht haben, bemisst sich danach, ob sie die verkehrsübliche Sorgfalt missachtet haben (§ 276 II BGB – Verkehr meint hier nicht Straßenverkehr!). Das geht auch ohne Kenntnis von Verkehrsregeln. Zur verkehrsüblichen Sorgfalt gehört z.B., dass Fußgänger vor dem Überqueren der Straße links und rechts schauen oder dass sie nicht mitten über eine unübersichtliche viel befahrene Kreuzung gehen. Ob ein Sorgfalsverstoß vorliegt, bemisst sich weniger nach Verkehrsregeln, sondern danach, was einem durchschnittlich umsichtigen Fußgänger in der konkreten Situation abzuverlangen ist.

      Zum Mitverschulden des Fußgängers siehe: https://rechtstipp24.de/2019/06/12/haftung-bei-unfall-mit-fussgaenger/

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  4. Tolle Übersicht, danke!

    Ich habe jedoch noch eine ungeklärte Frage, sie ergibt sich aus den zwei Szenarien “Fußgänger auf der Hauptstraße und querendes Auto” und “Auto überquert Kreuzung”.

    In meinem Fall ist die Verkehrslage wie folgt:

    Wie bei “Fußgänger auf der Hauptstraße und querendes Auto” kommt das Auto vom Fussgänger aus gesehen von links. Der Unterschied ist jedoch das es sich hier um eine T-Kreuzung handelt mit einer Einbahnstraßenregelung, somit muss der:die Autofahrer:in nach rechts abbiegen.

    Der Fussgänger befindet sich auf der Hauptstraße (Einbahnstraße) in gegengesetzter Richtung und möchte die einmündende Straße queren. Da der:die Autofahrer:in ein “Vorfahrbeachten-Schild” zu beachten hat und rechts abbiegen muss, hat jetzt der:die Fussgänger:in Vorrang?

    Ich freue mich auf eine Antwort, vielen Dank 🙂

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  5. Zutreffend, der Fußgänger hätte Vorrang – allerdings nicht wegen der Einbahnstraße und auch nicht weil das abbiegende Auto ein Vorfahrtbeachtenschild passiert, sondern deshalb, weil das Auto abbiegt.

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    • Der Fußgänger hat hier keinen Vorrang ! Dies ergibt sich daraus, dass § 9 Abs.3 StVO ganz allgemein und nicht nur in Satz 1 auf Verkehrsteilnehmer abstellt, die sich in gleicher Richtung oder in Gegenrichtung des abbiegenden Fahrzeuges bewegen , vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 9 StVO RdNr. 43 , mit weiteren Nachweisen. Ob der Abbiegevorgang an einer Kreuzung oder einer T-Einmündung erfolgt , oder ob in eine Einbahnstraße eingebogen wird, ist ohne Bedeutung.

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      • Den Fall, dass sich Verkehrsteilnehmer in dieselbe Richtung bewegen, behandelt § 9 Absatz 3 Satz 1 StVO, wohingegen Satz 3 der Vorschrift ganz allgemein eine besondere Rücksicht auf Fußgänger normiert. Daraus ergibt sich durchaus ein Vorrecht: “… Das Gebot der besonderen Rücksichtnahme gilt für Fußgänger aus beiden Richtungen … Es bedingt, dass so langsam abgebogen werden muss, dass jederzeit angehalten werden kann, dh idR Schrittgeschwindigkeit … Erforderlichenfalls muss gewartet werden … Das Vorrecht der Fußgänger wird durch das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme … eingeschränkt”, das bedeutet, dass sich Fußgänger umsichtig zu verhalten haben (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Burmann, 27. Aufl. 2022, StVO § 9 Rn. 39 m.w.N.).

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        • Dass man beim Abbiegen nach § 9 Abs.3 S.3 StVO auf Fußgänger Rücksicht nehmen und erforderlichenfalls anhalten muss, ist unstreitig – aber eben auch nur “beim Abbiegen”. Nähert ein Autofahrer sich einer T- Einmündung, biegt er noch nicht ab. Warten muss hier also gemäß § 25 Abs.3 S.1 StVO der Fußgänger, der die Fahrbahn des Autofahrers überqueren will.

          Wenn Burmann a.a.O. von Fußgängern “aus beiden Richtungen” spricht, so können damit ebenfalls nur die Richtungen längs der Fahrbahn des sich einer T- Einmündung nähernden Autofahrers gemeint sein .

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  6. “Auto biegt in Einbahnstraße ein” und “Das OLG Hamm (Urteil vom 06.08.2012 – I-6 U 14/12)”
    das ist nicht die situation!!!
    “Am 23.03.2009 befand sich die Klägerin gegen 16.41 Uhr auf dem südlichen Gehweg der X2 in X, als die Beklagte zu 1) mit ihrem PKW auf der D2 auf die X2 zufuhr. Bei der D2 handelte es sich um eine Einbahnstraße, die in die X2 einmündete. Zu der Zeit regnete es, die Straße war nass. An der Einmündung D-Straße beabsichtigte die Beklagte zu 1), nach links in die X2 abzubiegen. Die Klägerin hingegen wollte die X2 an dieser nicht durch Verkehrszeichen geregelten Einmündung in Süd-Nord-Richtung überqueren. Als die Klägerin auf die Straße getreten war, kam es zur Kollision mit dem Beklagtenfahrzeug.”
    Das Auto fährt in eine Einbahnstraße.
    Er hat recht!!!
    https://www.frag-den-fahrlehrer.de/2016/01/27/muss-ich-den-fu%C3%9Fg%C3%A4nger-durchlassen-oder-nicht/
    “Es ist völlig egal, ob die Straße weiter geht oder endet. Bei dieser T-Kreuzung ist es die gleiche Reihenfolge wie oben bei der Kreuzung mit vier Straßen!
    Erst Fußgänger 1 und 2, dann der PKW, dann Fußgänger 3 und 4!”

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    • Hallo MeYa, in der Situation kommt es u.a. darauf an, wie weit von der Kreuzung entfernt der Fußgänger die Straße quert. Je weiter weg, umso eher kann man ein Abbiegen des Auto verneinen. Wartepflichtig wird das Auto erst beim Abbiegen. Die Diskussion darüber, ob der Fußgänger aufgrund der Gestaltung der Kreuzung an der Vorfahrt „teilhat“, führt in die Irre, denn das Hauptstraßenschild gilt nicht für Fußgänger. Messen bringt kein verlässliches Ergebnis für die Ermittlung des Vorrangs. Vielmehr ist das eine Einzelfallfrage, die u.a. von Sicht, Wetter, Tag/Nacht, inner-/außerorts, ggfls. Bewuchs mit Büschen und davon abhängt, ob das Auto den Abbiegevorgang bereits eingeleitet hat, z. B. durch Blinken. Allein der Abstand zur Kreuzung ist nur ein Umstand von vielen und nicht mehr als ein Indiz (aber auch nicht weniger). Mit den genannten Vorbehalten: Die Skizze legt nahe, dass dort der Fußgänger Vorrang hat, denn an der Stelle, an der das abbiegende Auto den Weg des Fußgängers kreuzt, sprechen mehrere Gesichtspunkte für ein bereits begonnenes Abbiegen (bei objektiver Betrachtung):
      – Reduzierung der Geschwindigkeit
      – Setzen des Blinkers
      – abbiegebedingtes Einordnen
      – Ausschauhalten nach vorfahrtsberechtigten Verkehrsteilnehmern.

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  7. Wie weit _nach_ dem Abbiegen gilt der Vorrang des Fußgängers eigentlich?
    Also wie Situation 1, aber die Fußgänger sind ein Stückchen weiter von der Kreuzung entfernt. Wie weit müssen sie weg sein, damit sie keinen Vorrang mehr haben?

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    • Eine Angabe in Meter ist nicht möglich. Es kommt darauf an, ob ein abbiegendes Auto mit einem querenden Fußgänger in Konflikt geraten kann. Ein Fußgänger müsste so weit von der Kreuzung entfernt sein, dass das Auto das Abbiegen beendet hat. Dafür sind alle Umstände des Falls relevant, z. B. Straßenverlauf, eingeschlagene Lenkung.

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  8. Danke! Sie schreiben, dass das Auto das Abbiegen beendet haben muss.
    Laut Urteilen ist der Abbiegevorgang erst beendet, wenn das Auto nicht mehr von einem geradeaus fahrenden Auto unterscheidbar ist. Insbesondere muss es die gleiche Geschwindigkeit erreicht haben.
    Gilt diese Definition auch in dieser Situation? Bei 50 km/h im Fließverkehr kommt da ja einige Strecke zusammen.

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  9. Mit Verlaub, der letzte Fall ist Unsinn (passt aber zur falschen Überschrift, denn Fußgänger können allenfalls Vorrang haben, keine Vorfahrt). Warum aber ein nicht parallel laufender Fußgänger dann, wenn er entgegen einer Einbahnstraße läuft, Vorrang haben soll, nicht aber wenn das Auto in einen Kreisverkehr einbiegt, offenbart eigentlich schon den Denkfehler. Natürlich haben Fußgänger, trotz einer etwas unsauberen Formulierung der StVO, nur dann Vorrang, wenn sie vor dem Abbiegen parallel unterwegs sind. Dazu kommt man aber nur, wenn man den Satz separiert und aus dem Normzusammenhang reißt.

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    • Hi Pit! Danke für die Anmerkung. Dass Fußgänger keine “Vorfahrt” haben, ist richtig, weil sie bekanntlich nicht fahren. Die Überschrift ist natürlich nicht wörtlich zu nehmen. Die gewählten Fälle orientieren sich an Gerichtsentscheidungen und juristischer Fachliteratur. Zum letzten Fall: Grund für den Vorrang des Fußgängers ist, dass das Fahrzeug abbiegt. “Denkfehler” sehe ich nicht. Dass das Ein- und Ausfahren beim Kreisverkehr unterschiedlich behandelt wird, liegt daran, dass das Einfahren in den Kreisel (ohne Blinken) anders als das Ausfahren nicht als Abbiegen zu behandeln ist.

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      • Ehm. Der biegt aber gar nicht ab an der Stelle. Sondern erst in der Kreuzung direkt. Vorher fährt er rechtlich noch geradeaus. Im Vorletzten Beispiel hat der Fußgänger ja auch keinen Vorrang, wenn der Autofahrer sich direkt dahinter entscheidet, abzubiegen. Es gibt etliche Erklärungen im Internet dazu, die das genauer spezifizieren und davon reden, dass der Fußgänger nur dann Vorrang hat, wenn er sich bis dahin parallel zum Fahrzeug bewegt hat (zwecks Sichtbarkeit) und das Fahrzeug in ihn “reinbiegt”. Nicht, wenn das Fahrzeug nach der Überquerung ggf. abbiegt. Und auch nicht, wenn der Fußgänger einfach so von der Seite quert. Eben nur längs laufend. Ansonsten wäre es ja wie bei der Querung einer normalen weitergehenden Straße.
        Punkt ist, BEIM abbiegen hat der Fußgänger Vorrang, nicht VOR dem eventuellen abbiegen. Das ergibt sich einfach nicht aus dem Gesetz bzw. so wird der Kreuzungsbereich nicht interpretiert und es würde zu heftigen Problemen kommen wenn einem Fußgänger buchstäblich aus dem Nichts vors Auto springen dürften, nur weil man statt geradeaus weiterzufahren doch lieber abbiegt. Das wäre komplett unsinnig und gefährlich. Muss man sich mal praktisch vorstellen: Ich bin noch einige Meter von der Kreuzung entfernt, sehe es kommt kein Verkehr von der Seite, muss also wegen dem Vorfahrt achten Schild nicht anhalten und fahre zügig weiter. Und nun wenn ich anfange zu blinken springt mir ein Fußgänger vor die Haube, weil ich ja blinke. Aber zum einen darf sich eh keiner aufs Blinken anderer verlassen, zum anderen könnte ich auch in die Grundstückseinfahrt direkt vor oder nach der Kreuzung reinfahren. Und das würde auch bedeuten, dass man ständig mehrere Meter vor der Kreuzung anhalten müsse und warten, ob da einer von der Seite kommt. Komplett unrealistisch.

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  10. Guten Tag,
    mich würde einmal die Argumentation bzw. die Gründe interessieren, warum z.B. bei gleichrangigen Strassen der von rechts kommende Fussgänger gegenüber dem geradeaus fahrenden Fahrzeug keinen Vorrang hat, im Gegensatz zu dem von rechts kommenden Fahrzeug. Die Regelung ist unlogisch und führt regelmässig zu Konflikten. Ich erlebe täglich, dass Autofahrer die Fußgänger durchlassen, die Radfahrer beanspruchen aber ihre Vorfahrt. Es ist meiner Meinung auch nicht die Aufgabe von Gerichten, solche unklaren Regelungen der StVO in Urteilen zu klären, sondern sie sollten von vornherein aus den Verordnungen klar zu entnehmen sein. Vielen Dank!

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  11. Hallo, muss ich als Jogger auf einem Überweg, der für Fußgänger und Radfahrer ist auf Autos warten, die diesen überqueren wollen? Grüße von K.Braun

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  12. Und was gilt bei dem letzten Beispiel, wenn es sich nicht um eine Einbahnstraße handelt?
    Ich laufe auf dem Fußweg, der die Hauptstraße begleitet und ein Auto kommt aus einer Nebenstraße und will entweder nach links oder rechts auf die Hauptstraße abbiegen, hat der Fußgänger Vorrang oder der Autofahrer?
    Also quasi das vorletzte Beispiel, nur dass das Auto abbiegt?
    Warum die Einbahnstraße hier eine Rolle spielen soll, ergibt sich mir auch nicht ganz.

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    • Viele denken, dann hat der Fußgänger Vorrang. Hat er aber nicht. Weil es keine Rolle spielt, was der Autofahrer nach dem eventuell kreuzenden Fußgänger macht, ob er geradeaus weiter fährt oder abbiegt. Die Regel mit dem “Abbieger haben Vorrang zu gewähren” wird nicht ausgelöst, wenn der Autofahrer noch gar nicht am Abbiegen ist. Da wo der Fußgänger kreuzt, biegt der Autofahrer ja noch nicht ab, sondern erst kurz danach. Solange er sich vor der Kreuzung befindet, hat er lediglich eine Abbiegeabsicht (die sich ja auch noch ändern kann). Das mit der Einbahnstraße erschließt sich mir allerdings auch in keiner Art, das ergibt gar keinen Sinn, wieso da willkürlich der Vorrang anders sein soll. Das Szenario bzw. die rechtliche Betrachtung ist ja praktisch das Gleiche.

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  13. Leider fehlt hier die Konstellation, anders zum vorletzten Szenario, dass der Autofahrer nach dem potentiell querenden Fußgänger abbiegt. Egal ob von einer Haupt- oder Nebenstraße aus, das würde nichts ändern. Es ist zwar eigentlich indirekt durch andere Szenarios erklärt, aber dennoch fehlt dieses wichtige Beispiel als direktes Szenario und es gibt eventuell durch eine andere Erklärung weiter oben Missverständnisse. Den Kommentaren zufolge gibts darüber auch wie immer bei dem Thema eine riesige Diskussion.

    Weiter oben gibts das Beispiel, dass der Fußgänger entfernt der Kreuzung quert. Mit dem Beisatz, dass ein Zusammenhang mit der Kreuzung dann nicht erkennbar wäre, aber unklar ist, wie nahe der für einen Zusammenhang sein muss. Aber: Das spielt gar keine Rolle. Dieser Zusatz lässt es aber so aussehen, als ob der Fußgänger im Zusammenhang mit der Kreuzung Vorrang hätte, wenn der Autofahrer aus der Straße rausbiegt. Jedoch hat er nur dann Vorrang, wenn das Fahrzeug quasi “in ihn reinbiegt” sowie er vorher parallel dazu in Bewegung war. Nur dann. Nicht, wenn er aus der Nebenstraße kommt, zur Kreuzung geht, und längs rübergeht. Auch nicht, wenn er “im Zusammenhang mit der Kreuzung” direkt davor die Straße kreuzt BEVOR das Fahrzeug direkt in die Kreuzung einfährt und abbiegt.
    Genau diese Situation passiert täglich ständig überall und bietet hohes Konfliktpotential. Angeblich gibt es ein Gerichtsurteil, dass das anders sieht (siehe Kommentare), jedoch stehen dem gegenüber zahlreiche andere Urteile und logische Gesetzesinterpretationen und reine Logik.

    Und indirekt wurde die Situation in der vorletzten Szene auch so korrekt wiedergegeben. Nur, dass das Fahrzeug dort geradeaus fährt und nicht abbiegt. Was jedoch egal ist.
    Denn es spielt halt keine Rolle, ob das Fahrzeug ein paar Meter weiter abbiegt, oder doch nicht, das ändert nichts daran, dass er vor der Kreuzung diese eben noch gar nicht benutzen kann und damit nicht entsprechend dem Gesetz Vorrang gewähren muss. Man muss es sich vorstellen, als wenn der geradeaus fährt, was er bis zum unmittelbaren eventuellen abbiegen auch tut, bzw. einfach die Kreuzung wegdenken. In dem Fall würde der Fußgänger einfach spontan eine Straße überqueren. Natürlich hat er da keinen Vorrang.
    Viele denken aber, der hätte das.

    Ich finde, die Situation sollte nochmal extra erwähnt werden, sowie der Zusatz mit dem Kreuzungszusammenhang weiter oben weg. Am besten direkt erklären, dass nur “hineinbiegen” Vorrang gewährt, nicht aber “rausbiegen”.
    Hoffe es ist verständlich, was ich meine.

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  14. Hallo,

    wie weit gilt eigentlich der Kreuzungsbereich? Bspw. im ersten Beispiel, wo das abbiegende Auto warte muss. Wie weit dürfen die Fußgänger weitere nach rechts entfernen, damit sie sich noch im Kreuzungsbereich befinden und Vorrang haben? Bzw. ab welcher Entfernung nach rechts zählen die Fußgänger, wie wenn sie die Straße queren und keinen Vorrang mehr haben?

    Vielen Dank

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    • Ob ein Bereich noch zur Kreuzung zu zählen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Beispiele aus der Rechtsprechung: zur Kreuzung zählt, wenn die Fußgängerfurt einige Meter vom eigentlichen Kreuzungsbereich entfernt ist (BGH – 4 StR 311/17), 10 Meter (BayObLG – 2 b St 208/67). I.d.R. nicht mehr zur Kreuzung gehörig: 15 Meter (KG – 12 U 1224/77).

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  15. My, habe versucht in all dem durchzusteigen, und versuche schon eine Weile eine Situation zu verstehen, bin mir aber nicht sicher, ob ich sie hier wieder gefunden habe, daher versuche ich es mal:

    Wir befinden uns an einer X-Kreuzung, es herrscht rechts-vor-links, keine anderen Verkehrszeichen sichtbar. Das Auto will sie gerade aus überqueren, der von ihm aus von rechts kommeden Fußgänger will in seine Richtung ebenfalls geradeaus queren. Beide kommen gleichzeitig an.

    1) Warum auch immer, rechts vor links gilt nicht.
    2) Es gilt gegenseitige Rücksichtnahme & Sorgfalt. > Korrekt?

    Damit wäre keiner von beiden Wartepflichtig, oder Vorrrangberechtigt, sondern sie müssten über Augenkontakt / Geesten die Reihenfolge klären. > Korrekt?

    Antworten
    • Rechts-vor-links gilt zwischen Auto und Fußgänger nicht, da § 8 Absatz 1 Satz 1 StVO den Fall gleichrangiger Straßen nur für die “Vorfahrt” regelt. Fußgänger “gehen” und fallen nicht darunter. Gerichte befassen sich mit Vorrang, Wartepflicht usw. wenn ein Unfall passiert und es um Haftung geht. Wenn bei gleichrangigen Straßen sowohl das Auto als auch der Fußgänger die Kreuzung überqueren wollen, gilt § 25 Absatz 3 StVO. Der Fußgänger hat beim Betreten der Fahrbahn und bei der Überquerung der Fahrbahn den fahrenden Verkehr zu beachten. Daraus leitet die Rechtsprechung einen Vorrang des Fahrverkehrs gegenüber Fußgängern ab. Deshalb dürfen Fußgänger die Fahrbahn erst dann betreten, wenn sie sich vergewissert haben, dass sie den fließenden Verkehr nicht behindern. Das heißt, dass der Fußgänger wartepflichtig ist. Autofahrer dürfen darauf aber nur dann vertrauen, wenn es sich nicht um Kinder oder erkennbar gebrechliche, unsichere oder betrunkene Fußgänger handelt. Ein Sorgfaltsverstoß kann je nach Umständen des Einzelfalls sowohl dem Autofahrer als auch dem Fußgänger vorzuwerfen sein. Der Fahrzeugführer darf nicht einfach fahren, wenn ein Fußgänger die Straße betritt und der Fußgänger darf nicht einfach die Straße betreten, wenn dort ein Auto fährt. Je nach Umständen kann da alles Mögliche an Haftungsquote herauskommen. Für Blickkontakt und Abstimmung ist in dem beschriebenen Fall kein Raum, denn prinzipiell wartepflichtig ist der Fußgänger.

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