Für eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) muss der Betroffene Indizien beweisen, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Sind solche Indizien bewiesen, trägt die andere Partei nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Können jedoch Indizien einer Benachteilung gar nicht erst nachgewiesen werden, kommt auch eine Entschädigung wegen Benachteiligung nicht in Betracht.
Beweislast für Benachteiligung nach AGG
Mit der Frage, wer in welchem Umfang die Beweislast für eine Benachteiligung nach AGG trägt, hatte sich das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (LArbG Rheinland-Pfalz) in seinem Urteil vom 20.08.2019 zu beschäftigen.
Mitteilung der Schwangerschaft
Geklagt hatte eine bei der Beklagten als Mediengestalterin beschäftigte Angestellte. Es lag ein zunächst für ein Jahr befristetes Arbeitsverhältnis vor, welches jedoch um ein weiteres Jahr verlängert wurde. Die Klägerin war Mutter eines Kindes und erwartete ihr zweites Kind. Kurz vor Ablauf der Befristung teilte die Klägerin ihrem als technischer Leiter eingesetzten Vorgesetzten die Schwangerschaft mit und fragte diesen zugleich nach einer Vertragsverlängerung.
Äußerung des Arbeitgebers
Der konkrete Inhalt dieses Vier-Augen-Gesprächs ist streitig. Die Klägerin behauptete, der technische Leiter habe sich dahingehend geäußert, dass diese doch schon wegen ihres ersten Kindes in ihrer Arbeitszeit nicht flexibel genug sei.
Keine Vertragsverlängerung
Aus diesem Grund käme eine Vertragsverlängerung nicht in Betracht. Nach Auffassung der Klägerin sei sie vor Bekanntgabe der Schwangerschaft für eine unbefristete Übergabe vorgesehen gewesen. Dies sei nun aufgrund der Bekanntgabe der Schwangerschaft nicht mehr der Fall.
Arbeitnehmerin fühlt sich diskriminiert
Sie fühlte sich diskriminiert und verlangte von der Beklagten Entschädigung in Form von Verdienstausfall für die über den Ablauf der Befristung hinausgehende Zeit.
Klage vor dem Arbeitsgericht
Die Klage vor dem Arbeitsgericht hatte keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht sah die Diskriminierung nicht als erwiesen an. Die Klägerin legte Berufung beim LArbG Rheinland-Pfalz ein, über die nun entschieden wurde.
Entscheidung des LArbG Rheinland-Pfalz
Das LArbG Rheinland-Pfalz wies die Berufung zurück! Die Klägerin konnte eine Diskriminierung nicht nachweisen, so das LArbG Rheinland-Pfalz.
Diskriminierung wegen des Geschlechts
Grundsätzlich kommt eine Diskriminierung wegen des Geschlechts in Betracht. Diese kann auch durch Unterlassen begangen werden, etwa durch das Unterlassen einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses wegen des Geschlechts oder eines sonstigen in § 1 AGG genannten Grundes. Hierauf weist das LArbG Rheinland-Pfalz hin.
Beweislast für Indizien, die eine Benachteiligung vermuten lassen
Die Darlegungs- und Beweislast richtet sich dabei nach § 22 AGG. Die Klägerin musste daher „nur“ Indizien nachweisen, die eine Benachteilung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lässt. Dies ist ihr aber nicht gelungen, so das LArbG Rheinland-Pfalz.
Bestandteil eines Motivbündels, das die Entscheidung beeinflusst hat
Grundsätzlich genügt es, wenn ein in § 1 AGG genannter Grund „Bestandteil eines Motivbündels“ war, das die Entscheidung beeinflusst hat. Dies teilt das LArbG in seine Entscheidung mit. Aber auch dies konnte die Klägerin nicht nachweisen.
Äußerung über mangelnde Flexibilität
In Betracht kam die Äußerung des technischen Leiters in Bezug auf die mangelnde Flexibilität der Klägerin wegen ihres ersten Kindes und die darauf beruhende Ablehnung der Vertragsverlängerung. Der technische Leiter wurde in der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommen.
Vernehmung als Zeuge
Dass er eine solche Aussage getätigt hat, stand nach Überzeugung des Gerichts jedoch gerade nicht fest. Der technische Leiter konnte sich an eine solche Aussage nicht erinnern und gab zudem an, dass diese auch komplett seiner inneren Einstellung widerspreche. Er würde immer den Betrieb wechseln, wenn es nicht menschlich zuginge.
Vier-Augen-Gespräch
Der tatsächliche Inhalt eines Vier-Augen-Gesprächs erfordert aus Gründen der Waffengleichheit eine Parteianhörung oder bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Parteivernehmung, so das LArbG Rheinland-Pfalz. Eine Parteivernehmung hatte die Klägerin nicht beantragt. Es fand jedoch eine Parteianhörung der Klägerin statt, die das Gericht aber auch nicht von der von der Klägerin behaupteten Äußerung des technischen Leiters überzeugen konnte.
Klägerin konnte sich nicht mehr genau erinnern
Die Klägerin gab in ihrer Parteianhörung an, dass sie sich auch nicht mehr genau an den Wortlaut erinnern könne. Sie könne sich nur noch daran erinnern, dass sie keine Vertragsverlängerung bekam und dass ihre Kinder mit ein Grund dafür seien. Sie sei dann zum Geschäftsführer gegangen und habe diesen gefragt, ob die Nichtverlängerung nichts mit ihrer Schwangerschaft zu tun haben. Diese Aussage steht aber nach Auffassung des LArbG Rheinland-Pfalz im Widerspruch zum bisherigen Vortrag der Klägerin.
Kein Nachweis der Diskriminierung
Die Klägerin konnte in ihrer Parteianhörung und unter Berücksichtigung der Zeugenvernehmung des technischen Leiters die von ihr zuvor behauptete Aussage nicht nachweisen. Da die Äußerung des technischen Leiters von der Klägerin nicht nachgewiesen werden konnte, „fehlt es hier an einem Indiz, das eine Benachteiligung wegen des Geschlechts der Klägerin vermuten lassen würde“, so das LArbG Rheinland-Pfalz.
Keine Entschädigung nach AGG
Aus diesem Grund konnte eine Entschädigung nach AGG nicht verlangt werden. Das LArbG wies die Berufung zurück und bestätigt damit das zuvor ergangene klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts.
LArbG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.08.2019 – 8 Sa 424/17