Leiharbeit – Unzuständigkeit des Arbeitsgerichts bei Streit zwischen Arbeitnehmer und Entleiher (BAG, Beschl. v. 24.04.2018 – 9 AZB 62/17)

Macht ein Arbeitnehmer gegen den Entleiher einen Anspruch auf Prämienzahlung geltend, ist nicht das Arbeitsgericht zuständig, sondern der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Bei einem Streit zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher handelt es sich grundsätzlich nicht um eine arbeitsrechtliche Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, für die das Arbeitsgericht zuständig wäre. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Beschluss vom 24.04.2018 (9 AZB 62/17).

Der Fall:

Der Kläger und zugleich Arbeitnehmer war bei der Verleiherin aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages als Pharmareferent beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag findet sich unter anderem eine Regelung zur Auszahlung einer etwaigen Bonuszahlung für den Fall, dass bei einer Arbeitnehmerüberlassung der Entleiher einen Bonus für den Arbeitnehmer auslobt. Die Verleiherin überließ den Kläger zur Arbeitsleistung an die Beklagte. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Prämien, da auch seine Teammitglieder (unter anderem auch Leiharbeitnehmer) die begehrten Prämien erhalten würden. Seinen Anspruch gegen die Beklagte (Entleiherin) machte der Kläger zunächst vor dem Arbeitsgericht geltend. Das Arbeitsgericht erklärte sich jedoch durch Beschluss für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Landgericht. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts ist bei der Streitigkeit zwischen dem Kläger und der Beklagten als Entleiherin der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen unzulässig. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts hatte auch vor dem Landesarbeitsgericht keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht wies die sofortige Beschwerde des Klägers zurück. Hiergegen legte der Kläger Rechtsbeschwerde ein, über die das BAG nun zu entscheiden hatte.

Die Entscheidung:

Das BAG wies die Rechtsbeschwerde des Klägers zurück. Das BAG entschied in seinem Beschluss vom 24.04.2018, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet ist, da es sich nicht um eine Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber handelt.

Die Gerichte für Arbeitssachen sind nach § 2 Absatz 1 Nr. 3 Buchst. a und Buchst. d ArbGG ausschließlich zuständig für Rechtsstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, sowie für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen, wenn diese im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Das BAG weist darauf hin, dass der Kläger zwar Arbeitnehmer, die Beklagte hingegen nicht Arbeitgeberin des Klägers im Sinne von § 2 Absatz 1 Nr. 3 ArbGG ist. Handelt es sich um eine legale Arbeitnehmerüberlassung, ist der Verleiher Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers. Zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher wird der Arbeitsvertrag geschlossen.

Insbesondere folgt auch aus der für die Arbeitnehmerüberlassung typische gespaltenen Arbeitgeberstellung in diesem Rechtsstreit nicht, dass die Beklagte hier Arbeitgeberin des Klägers ist, so das BAG. Tatsächlich entstehen zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher „rechtliche Beziehungen mit arbeitsrechtlichem Charakter“. So wird der Leiharbeitnehmer in die Organisationsstruktur des Entleihers eingegliedert, welcher das Direktionsrecht gegenüber dem Leiharbeitnehmer ausübt. Hieraus ergibt sich, dass bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher aus dem Leiharbeitsverhältnis nach Sinn und Zweck der Zuständigkeitsnorm des § 2 Absatz 2 Nr. 3 Buchst. a ArbGG durchaus der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet sein kann, so das BAG. Als Beispiel hierfür nennt das BAG den Auskunftsanspruch des Leiharbeitnehmers gegen den Entleiher aus § 13 AÜG.

Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger jedoch einen etwaigen Anspruch auf Prämienzahlung geltend. Das BAG unterstellt zu Gunsten des Klägers, dass die im Arbeitsvertrag enthaltene Regelung zur Bonuszahlung auch für die streitgegenständliche Prämie gilt. Hieraus folgt jedoch kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, sondern allenfalls gegen die Verleiherin. Die Regelung zur Prämienzahlung begründet kein Arbeitsverhältnis und daher auch keinen Anspruch auf Arbeitsvergütung gegenüber der Beklagten, so das BAG. Auch aus der gespaltenen Arbeitgeberstellung bei der Arbeitnehmerüberlassung folgt hier kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte. Nach Auffassung des BAG geht es bei dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch um einen Anspruch aus einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung. „Arbeitsvertragliche Vereinbarungen zwischen dem Verleiher und seinen Arbeitnehmern begründen regelmäßig ausschließlich zwischen diesen Rechte und Pflichten“, so das BAG.

Bei der begehrten Prämienzahlung handelt es sich daher nicht um eine Streitigkeit zwischen dem Kläger und der Beklagten als Arbeitgeberin des Klägers. Es liegt keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor, somit war der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet. Für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch war gemäß § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. So entschied das BAG in seinem Beschluss vom 24.04.2018 und wies die Rechtsbeschwerde des Klägers zurück.

BAG, Beschl. vom 24.04.2018 – 9 AZB 62/17

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