Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe kann den Verlust des Arbeitsplatzes mit sich bringen. Allerdings stellt nicht jede Freiheitsstrafe einen Grund zur personenbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar, denn der Arbeitgeber ist während der Zeit, in der sich der Arbeitnehmer in Haft befindet, von der Pflicht zur Lohnfortzahlung befreit. Deshalb hängt es von Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen ab, ob die Kündigung gerechtfertigt ist. Das Bundesarbeitsgericht sieht in einer mehr als zwei Jahre dauernden Haftstrafe einen Kündigungsgrund. Regelmäßig gerechtfertigt ist eine Kündigung dann, wenn
- die Haftdauer zum Zeitpunkt der Kündigung länger als 2 Jahre beträgt und
- nicht sicher zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer vor Ablauf von 2 Jahren einen Freigängerstatus erhält oder vorzeitig entlassen wird.
Beispiel: Der Arbeitnehmer wurde wegen versuchten Totschlags zu 2 ½ Jahren Haft verurteilt. Die Haftstrafe beträgt zwar länger als zwei Jahre. Allerdings war die abgesessene Untersuchungshaft (240 Tage) anzurechnen, sodass die zum Zeitpunkt der Kündigung noch abzusitzende Haftdauer 22 Monate betragen hat. Die Kündigung war daher rechtswidrig: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.04.2017 – 4 Sa 310/16.
Beispiel: Der Arbeitnehmer wurde wegen der Beteiligung an einem Raubüberfall zu einer Haftstrafe von 2 Jahren und 7 Monaten verurteilt. Die Kündigung war rechtens, da zum Kündigungszeitpunkt noch mehr als zwei Jahre abzusitzen waren und nicht sicher war, ob der Arbeitnehmer früher als nach Ablauf von zwei Jahren freikommt: LAG Hessen, Urteil vom 21.11.2017 – 8 Sa 146/17
Arbeitgebern wird sogar abverlangt, Arbeitnehmer bei der Erreichung von Vollzugslockerungen zu unterstützten. Eine solche Verpflichtung leitet das Bundesarbeitsgericht (BAG) ab aus § 241 Absatz 2 BGB (BAG, Urteil vom 24.03.2011 – 2 AZR 790/09). Die Anforderungen an die Prognose, dass Arbeitnehmer früher als nach Ablauf von zwei Jahren Vollzugserleichterungen bekommen oder von der 2/3-Regelung profitieren, sind allerdings streng. Bloß in Betracht kommende Haftverkürzungen oder Hafterleichterungen reichen regelmäßig nicht aus. Erforderlich ist vielmehr die sichere Erwartung.
Elternzeit zur Überbrückung der Haftdauer?
In einem vom Landesarbeitsgericht Hessen entschiedenen Rechtsstreit hatte der Arbeitnehmer damit argumentiert, dass er als junger Vater Elternzeit in Anspruch nehmen könne und dass diese Zeit auf die vom BAG geforderte zwei-Jahres-Frist anzurechnen sei. Dieser Argumentation erteilte das hessische LAG allerdings eine Absage: Die Elternzeit dient dem Schutz der Familie (Art. 6 GG) und könne nicht dazu genutzt werden, die Dauer bis zur Erreichung der Arbeitsfähigkeit zu verkürzen (LAG Hessen, Urteil vom 21.11.2017 – 8 Sa 146/17). Allerdings hatte sich das LAG nur mit dem Argument auseinanderzusetzen und nicht mit einem wirklichen Elternzeitantrag. Ob ein Vater während der Haftdauer Elternzeit beanspruchen kann, ist daher keineswegs entschieden. Wenn das der Fall ist, dürfte sich dadurch die zwei-Jahres-Frist sehr wohl verkürzen. Es sind keine durchgreifenden Bedenken ersichtlich, in Haft sitzenden Eltern die Inanspruchnahme von Elternzeit zu versagen, schließlich bekommen auch in Haft sitzende Frauen Kinder und werden – je nach Haftanstalt – in Mutter-Kind Abteilungen untergebracht.
Straftat als Eignungsmangel
Unabhängig vom Strafmaß können allerdings Straftaten eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen, die im Zusammenhang mit den betrieblichen Aufgaben des Arbeitnehmers stehen. So kann beispielsweise ein Kassierer gekündigt werden, wenn er wegen einer Unterschlagung verurteilt worden ist oder ein Buchhalter, der wegen einer Urkundenfälschung verurteilt worden ist. In beiden Fällen gilt das auch dann, wenn die Straftaten außerhalb der beruflichen Tätigkeit begangen worden sind.