Arbeitgeberbescheinigung zur Vermeidung eines Fahrverbots im Bußgeldbescheid nach groben oder beharrlichen Verstößen (BKatV)

Bei Verkehrsverstößen droht die Verhängung eines Fahrverbots, wenn die Verstöße „grob“ oder „beharrlich“ waren (§ 25 Absatz 1 Satz 1 StVG). Darunter versteht man schwere und wiederholte Verstöße. Bußgeldbehörden und Gerichte haben sich dabei an den Vorgaben im Bußgeldkatalog (vgl. BKatV) und den darin geregelten Fahrverboten zu orientieren.

Betroffene empfinden die Geldbuße oft als verkraftbar und würden gern eine höhere Strafe zahlen, um das Fahrverbot zu vermeiden. Eine Umwandlung des Fahrverbots in eine Geldstrafe sieht das Gesetz aber nicht vor, denn das Fahrverbot stellt eine Sanktion eigener Art dar, die zum verhängten Bußgeld hinzutritt und die nicht abgelöst oder durch ein höheres Bußgeld ersetzt werden kann.

Ermessen & Bindungen

§ 25 StVG bestimmt, dass die Verwaltungsbehörde oder das Gericht ein Fahrverbot verhängen „kann“. Das bedeutet, dass die Verhängung des Fahrverbots im Ermessen des Gerichts bzw. der Verwaltungsbehörde steht und dass bei triftigen Gründen davon abgesehen werden kann. Das kann der Fall sein, wenn das Fahrverbot unzumutbare Folgen für den Betroffenen haben würde, was beispielsweise beim Verlust des Arbeitsplatzes denkbar ist. Für Arbeitnehmer ist der Verlust der Fahrerlaubnis oft existenzbedrohend, wenn sie beruflich auf das Auto angewiesen sind. Für Selbständige ist die Situation kaum anders, denn oft können sie die Verluste, die durch die fehlende Mobilität eintreten, nicht kompensieren. Im OWi-Verfahren sollte daher möglichst frühzeitig versucht werden, ein Fahrverbot zu vermeiden.

„Ermessen“ darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass man mit Glück einem Fahrverbot entgehen kann. Vielmehr tun sich Gerichte und Verwaltungsbehörden regelmäßig sehr schwer damit, von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen, wenn dies nach der Bußgeldkatalog-Verordnung vorgesehen ist. Der Grund liegt auf der Hand: Fahrverbote würden ihre abschreckende und disziplinierende Wirkung verlieren, wenn sie nicht konsequent angewendet werden. Umso wichtiger ist es, dass im Kontakt mit dem Gericht und der Verwaltungsbehörde keine Fehler passieren.

Arbeitgeberbescheinigung

Für Arbeitnehmer ist die Vorlage einer Arbeitgeberbescheinigung zu empfehlen, in der der Arbeitgeber aussagekräftig und nachvollziehbar darlegt, dass der Arbeitnehmer unbedingt auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist. Eine solche Bescheinigung muss aktuell sein und sollte triftige Gründe zum Gegenstand haben. Wenn sie vage und unkonkret ist, hält eine Arbeitgeberbescheinigung der kritischen gerichtlichen Prüfung regelmäßig nicht stand. Typische Fehler bei einer Arbeitgeberbescheinigung sind folgende unkonkrete und vage Aussagen:

  • der Arbeitnehmer ist „Vielfahrer“ und aus geschäftlichen Gründen auf die Fahrerlaubnis angewiesen,
  • der Arbeitgeber müsse über eine Kündigung oder arbeitsrechtliche Konsequenzen „nachdenken“, wenn der Arbeitnehmer seine Fahrerlaubnis verliert,
  • der Arbeitnehmer müsse mit seiner Kündigung rechnen, wenn er für die Dauer des Fahrverbots mehrfach zu spät zur Arbeit kommt,
  • der im Außendienst eingesetzte Arbeitnehmer sei nicht mehr dort einsetzbar und müsse mit Einschränkungen bei seinem beruflichen Fortkommen rechnen.

Konkret und aussagekräftig ist eine Arbeitgeberbescheinigung dann, wenn sie darlegt, unter welchen konkreten Umständen der Arbeitnehmer mit Nachteilen zu rechnen hat. Die Nachteile müssen derart gravierend sein, dass einschneidende, kaum wieder gut zu machende Folgen zu erwarten sind. Dazu können folgende Angaben gemacht werden:

  • Die Fahrerlaubnis ist für den Arbeitnehmer unentbehrlich, da er bei Verlust der Fahrerlaubnis gekündigt werden wird. Notwendig ist eine konkrete Tätigkeitsbeschreibung des Arbeitnehmers sowie des Betriebs (Anzahl der Mitarbeiter, Angaben zur Sozialauswahl, keine vorübergehenden anderweitigen Einsatzmöglichkeiten im Betrieb), ggfls. die Angabe, dass der Arbeitnehmer in der Probezeit ist und sofort gekündigt werden kann,
  • Die Überbrückung der Dauer des Fahrverbots durch Urlaub ist nicht möglich, denn … (Angaben zum Urlaubsanspruch; Gründe dafür, dass der Urlaub nicht genommen werden kann).

Arbeitgeberbescheinigungen werden von Gerichten regelmäßig besonders streng geprüft. Deshalb kann es von Vorteil sein, die Bescheinigung bereits bei der Behörde vorzulegen, um die Chance auf eine milde Handhabung zu bekommen. Denn Verwaltungsbehörden sehen sich in der Regel weniger an die strengen Vorgaben der Oberlandesgerichte gebunden als die Amtsgerichte. Formal sind die Amtsgerichte zwar an die Entscheidungen der übergeordneten OLGs nicht gebunden, sie halten sich aber in der Regel an deren Rechtsprechung. Einige Gerichte gehen sogar so weit, dass sie Arbeitgeberbescheinigungen regelmäßig keinen Glauben schenken, sondern davon ausgehen, dass es sich um Gefälligkeitsbescheinigungen handelt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.10.2003 – 4 Ss OWi 626/03). In diesem Fall ist die Bescheinigung aber keineswegs nutzlos. Man wird sich aber darauf einstellen müssen, dass sich das Gericht eine eigene Meinung vom Arbeitgeber bilden möchte und ihn als Zeugen lädt. Betroffene sollten ihren Arbeitgeber über diese Möglichkeit in Kenntnis setzen.

Gefälligkeitsbescheinigung

Das Misstrauen der Gerichte ist aufgrund des erheblichen Eigeninteresses des Betroffenen nachvollziehbar. Umso wichtiger ist es, dass für das Gericht nicht der Eindruck entsteht, dass die Arbeitgeberbescheinigung in Wirklichkeit vom Arbeitnehmer oder von dessen Verteidiger geschrieben worden ist. Die Arbeitgeberbescheinigung sollte daher auf dem Firmenbriefbogen erstellt werden und sollte sich von der ansonsten mit der Verwaltungsbehörde geführten Korrespondenz unterscheiden (z. B. Stil, Formatierung, Schriftart & -größe). Allzu juristisch anmutende Formulierungen legen nahe, dass die Bescheinigung nicht vom Arbeitgeber stammt, sondern vom Verteidiger geschrieben worden ist. Das kommt bei Gerichten nicht gut an.

Weniger ist mehr

Zu beachten ist, dass die Gründe umso schwerer wiegen müssen, je länger das Fahrverbot angeordnet worden ist. In jedem Fall sollte versucht werden, mit der Behörde oder dem Gericht eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen. Einsicht und Reue sind oft ein guter erster Schritt. Erfahrungsgemäß tun sich Betroffene keinen Gefallen damit, der Behörde oder dem Gericht eine Vielzahl von Urteilen zu präsentieren. Damit wird oft das Ziel verfehlt, denn das eigentlich Relevante wird weniger zur Kenntnis genommen. Betroffene sollten sich daher auf die relevanten Fakten beschränken.

Außerdem sollte man sich darauf einstellen, dass sowohl Bußgeldrichter am Amtsgericht als auch Mitarbeiter bei der Behörde mit dem Arbeitsrecht soweit vertraut sind, dass sie wissen, wann Betroffene mit einer Kündigung zu rechnen haben und wann nicht. Berufskraftfahrer haben nämlich regelmäßig nicht mit einer Kündigung zu rechnen, wenn das Fahrverbot „nur“ einen Monat beträgt (LAG M-V, Urteil vom 16.08.2011 – 5 Sa 295/10). Diese Rechtsprechung gilt gleichermaßen für diejenigen, die zwar nicht von Berufs wegen fahren, die aber auf den Führerschein angewiesen sind. Je kürzer das Fahrverbot, umso größer ist daher der Argumentationsaufwand, um die Behörde oder das Gericht davon zu überzeugen, dass im Einzelfall mit einer Kündigung zu rechnen ist.

Muster Schreiben an Arbeitgeber Bitte um Arbeitgeberbescheinigung Vermeidung Fahrverbot

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