Eine Entscheidung mit erheblicher Signalwirkung hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg gefällt (C 174/16). In einem Vorabentscheidungsverfahren (Verwaltungsgericht Berlin) ging es um die Frage, ob es gegen höherrangiges Europarecht verstößt, wenn eine Beförderung, die aufgrund einer Babypause vorübergehend nicht angetreten werden konnte, nicht umgesetzt werden kann, weil die Stelle zwischenzeitig anderweitig besetzt worden ist.
Konkret ging es um eine bei der Berliner Senatsverwaltung beschäftigte Beamtin, die von einer A 16-Stelle auf eine B 2-Stelle befördert worden war. Die Beförderung erfolgte, wie üblich, für zwei Jahre auf Probe. Bevor die Beamtin die B 2-Stelle antreten konnte, wurde sie schwanger und konnte aufgrund der Elternzeit die zweijährige Probezeit nicht absolvieren. Die Berliner Senatsverwaltung teilte ihr mit, dass die Stelle zwischenzeitig anderweitig vergeben wurde und wies ihr eine A 16-Stelle zu. Grund: Die B 2-Stelle sei ihr auf Probe zugewiesen worden und die vorgesehene zweijährige Probezeit sei nicht absolviert worden. Außerdem habe die Stelle nicht während der Elternzeit unbesetzt bleiben können. Dagegen klagte die Beamtin, die einen Verstoß gegen die Richtlinien 2006/54 und 2010/18 rügte.
Mit Erfolg: Der EuGH urteilte, dass die B 2-Stelle oder eine gleichwertige Stelle auch bei längerer Abwesenheit aufgrund einer Babypause verfügbar sein muss und dass die Beamtin nach Rückkehr aus der Elternzeit ein Recht darauf hat, die Probezeit zu absolvieren. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die beamtenrechtlichen Regelungen zur Probezeit auf Männer und Frauen gleichermaßen angewandt werden. Die Handhabung der Senatsverwaltung ist rechtswidrig, da sie zur Folge hat, dass sich Eltern aus Angst um das berufliche Fortkommen gegen eine Elternzeit entscheiden. Dem Einwand, dass die Stelle zwischenzeitig anderweitig habe besetzt werden müssen, erteilte der EuGH eine Absage. Vielmehr sei das Land Berlin in der Nachweispflicht, dass eine Fortsetzung der Probezeit auf der ursprünglich vorgesehenen Stelle objektiv unmöglich sei. Sofern das der Fall sein sollte – was das VG Berlin zu prüfen haben wird – ist der Beamtin eine andere gleichwertige Stelle zuzuweisen.
Pyrrhussieg für Gleichberechtigung?
Die Entscheidung hat über das Beamtenrecht hinaus Bedeutung, denn die dem Urteil zugrundeliegenden Richtlinien betreffen sowohl Beamte als auch Arbeitnehmer. Das bedeutet, dass die Maßgaben gleichermaßen auf Arbeitnehmer in der Wirtschaft übertragbar sind. Ob die Entscheidung als Durchbruch bei der Gleichberechtigung von Männern und Frauen gefeiert werden kann, wird die Praxis zeigen. Zu erwarten ist nämlich, dass im öffentlichen Dienst, der ohnehin einem höheren Quotendruck ausgesetzt ist, Verbesserungen für Eltern – vorrangig für Mütter – eintreten. In der Privatwirtschaft kann die Entscheidung das Gegenteil bewirken: ohne vorgeschriebene Frauenquote kann die Entscheidung dazu führen, dass Frauen noch schwerer in Führungspositionen kommen als ohnehin schon.
EuGH, Urteil vom 07.09.2017 – C-174/16