Bezieht ein Auszubildender Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG), darf dieser Betrag bis zur Höhe des allgemeinen Einkommensfreibetrages nicht auf das BAföG angerechnet werden. Dies stellte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in seinem Urteil vom 27.02.2020 klar (BVerwG 5 C 5.19).
Nach dem Urteil des BVerwG gehört der Unterhaltsvorschuss zum Einkommen des Auszubildenden. Er fällt unter den Begriff „sonstige Einnahmen“ gemäß § 21 Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 BAföG, da der Unterhaltsvorschuss allgemein für den Lebensunterhalt gewährt wird, so das BVerwG. Somit ist es nach dem Urteil des BVerwG als Einkommen zu qualifizieren.
Im Hinblick auf eine etwaige Anrechnung von Einkünften auf Zahlungen nach BAföG hat der Gesetzgeber in § 23 BAföG Freibeträge vorgesehen. Hiernach sind für Auszubildende Einkommen in Höhe von derzeit 290,- € im Monat anrechnungsfrei und werden somit nicht auf Zahlungen nach dem BAföG angerechnet. Dies gilt damit auch für Unterhaltsvorschussleistungen, welche bis zur Höhe von 290,- € im Monat nicht auf Zahlungen nach dem BAföG angerechnet werden dürfen.
Das BVerwG weist darauf hin, dass der Gesetzeswortlaut insofern eindeutig ist. Eine richterliche Rechtsfortbildung mit einem anderen Ergebnis ist nicht möglich, dies stellt das BVerwG klar.
Geklagt hatte ein Auszubildender, der bei seiner allein erziehenden Mutter lebte. Er machte eine Ausbildung und bezog Leistungen nach dem BAföG. Von seinem Vater erhielt der Kläger keinen Unterhalt, weil dieser zur Zahlung von Unterhalt nicht in der Lage war. Aus diesem Grund bezog der Kläger neben dem BAföG auch Unterhaltsvorschuss nach dem UVG bis er sein 18. Lebensjahr vollendete.
Die Stadt Gera erhielt von den Unterhaltsvorschussleistungen Kenntnis und war der Auffassung, dass es sich hierbei um Ausbildungsbeihilfen handeln würde, die auf das BAföG anzurechnen seien. Die Stadt setzte die BAföG-Leistungen an den Kläger herab und forderte die aus ihrer Sicht zuviel gezahlten Beträge zurück.
Der Kläger erhob hiergegen Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht, mit Erfolg. Über die Sprungrevision der Stadt Gera entschied nun das BVerwG und gab dem Kläger, wie schon zuvor das Verwaltungsgericht, Recht.
Eine Anrechnung durfte nicht erfolgen, da es sich bei dem Unterhaltsvorschuss gerade nicht um eine Ausbildungsbeihilfe handelt, da dieser unabhängig von einer etwaigen Ausbildung gezahlt wird. Es handelt sich vielmehr um sonstige Einnahmen, die als Einkommen bis zum allgemeinen Einkommensfreibetrag nach § 23 BAföG anrechnungsfrei bleiben.
Da der gewährte Unterhaltsvorschuss unterhalb dieses Freibetrages lag, durfte er nicht auf die BAföG-Zahlungen angerechnet werden.
Nach dem UVG haben Kinder einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wenn sie bei nur einem Elternteil leben und von dem anderen Elternteil keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt erhalten. Den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss hatten zunächst nur Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr. Der Gesetzgeber setzte mit Wirkung zum 1.7.2017 das Bezugsalter auf 18 Jahre herauf.
Die Höhe des Unterhaltsvorschusses richtet sich nach dem Alter des Kindes und ist gestaffelt. Sofern und sobald der andere Elternteil leistungsfähig ist, wird der gezahlte Unterhaltsvorschuss vom Staat eingefordert.
BVerwG, Urteil vom 27.02.2020 – BVerwG 5 C 5.19
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