Eine Corona-Prämie zählt zum pfändbaren Einkommen, wenn sie nicht an besondere Belastungen oder ähnliches geknüpft ist, sondern an alle Beschäftigten gleichermaßen ausgezahlt wird. Hierzu zählt zum Beispiel die an alle Beschäftigten gezahlte Corona-Prämie im Personennahverkehr, über die das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LArbG Berlin-Brandenburg) in einem aktuellen Fall zu entscheiden hatte.
Geklagt hatte ein Busfahrer, der im Personennahverkehr beschäftigt war. Nach dem Tarifvertrag stand dem Busfahrer für die Jahre 2020 und 2021 eine Corona-Prämie zu. Voraussetzung für diese Sonderzahlungen war lediglich ein bestehendes Arbeitsverhältnis an einem bestimmten Stichtag sowie ein Anspruch auf Arbeitsentgelt an mindestens einem Tag im festgelegten Zeitraum. Diese Voraussetzungen erfüllte der Busfahrer.
Allerdings zahlte seine Arbeitgeberin nur einen Teil der Corona-Prämie an den Busfahrer aus. Dieser war nämlich so sehr verschuldet, dass über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Wegen des Insolvenzverfahrens musste der Busfahrer die pfändbaren Teile seines Einkommens an die Insolvenzverwalterin abtreten. Aus diesem Grund zahlte die Arbeitgeberin den restlichen Teil der Corona-Prämie an die Insolvenzverwalterin aus.
Hiermit war der Busfahrer überhaupt nicht einverstanden. Er vertrat die Auffassung, dass die Corona-Prämien nicht pfändbar sind und somit vollständig an ihn ausgezahlt werden müssen. Da die Arbeitgeberin sich jedoch weigerte, erhob der Busfahrer Klage.
Das LArbG Berlin-Brandenburg entschied nun, dass die Corona-Prämie des Busfahrers zum pfändbaren Einkommen zählt. Grund hierfür ist, dass die Prämie in diesem Fall nicht zum unpfändbaren Einkommen im Sinne der Zivilprozessordnung zählt. Es handelte sich insbesondere nicht um eine Gefahren- oder Erschwerniszulage, so das Gericht.
Vielmehr war die Corona-Prämie nach der tarifvertraglichen Regelung an alle Beschäftigten im Personennahverkehr gleichermaßen auszuzahlen, und zwar unabhängig von der Arbeitsleistung. Die Regelung im Tarifvertrag unterscheidet nicht danach, in welchem Maße die Beschäftigten in der Corona-Krise besonderen Belastungen ausgesetzt waren. Damit handelte es sich nicht um eine besondere Gefahren- oder Erschwerniszulage, die nach der Zivilprozessordnung unpfändbar wäre. Hierauf weist das LArbG Berlin-Brandenburg hin.
Anders verhält es sich bei der Corona-Prämie für die Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen. Die gesetzliche Regelung in § 150a SGB XI differenziert danach, in welchem Maß eine direkte Betreuung der Pflegebedürftigen stattgefunden hat. Diese Prämie ist nach § 150a Absatz 8 SGB XI unpfändbar.
Da die Corona-Prämie des Busfahrers zum pfändbaren Einkommen zählt, darf eine Auszahlung an den Busfahrer nicht erfolgen. Die Auszahlung der Prämie hat wegen der Abtretung der pfändbaren Ansprüche an die Insolvenzverwalterin auch an diese zu erfolgen, so das LArbG Berlin-Brandenburg.
Allerdings ließ das LArbG die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zu. Ob nun das BAG über die Frage der Pfändbarkeit einer tariflichen Corona-Prämie eine Grundsatzentscheidung trifft, bleibt abzuwarten.
LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.02.2022 – 23 Sa 1254/21
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