WEG – Behinderungsgerechter Umbau am Gemeinschaftseigentum grundsätzlich zulässig (BGH, Urt. v. 9.2.2024 – V ZR 244/22 und V ZR 33/23)

Verlangt das Mitglied einer Eigentümergemeinschaft eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum zum Zwecke der Barrierefreiheit, ist dies in der Regel zulässig. So geht es aus einem aktuellen Urteil vom 9.2.2024 (V ZR 244/22 und V ZR 33/23) hervor.

Neue Rechtslage seit 2020

Grundlage des Urteils ist eine wesentliche Gesetzesänderung im Wohnungseigentumsrecht aus dem Jahr 2020. Der neue § 20 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) erleichtert bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum, wenn diese z.B. dem erleichterten Zugang durch Menschen mit Behinderungen dienen. Ein Wohnungseigentümer kann eine solche bauliche Veränderung verlangen, auch wenn er selbst nicht körperlich behindert ist. Der Kosten hierfür muss er jedoch selbst tragen.

Behindertengerechter Umbau des Gemeinschaftseigentums

In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um den Anbau eines Außenaufzugs. Das Wohnhaus der WEG besteht aus einem Vorder- und einem Hinterhaus. Beide Häuser sind im Jugendstil errichtet und stehen unter Denkmalschutz. Das Vorderhaus, welches eine wesentlich aufwendigere Fassade hat, verfügt bereits über einen Aufzug. Die Kläger, die zwei Wohnungen im Hinterhaus bewohnen, wünschen sich nun für das Hinterhaus ebenfalls einen Aufzug. Dieser soll als Außenaufzug am Treppenhaus des Hinterhauses errichtet werden. Der Aufzug soll den Zugang zum Hinterhaus auch für Menschen mit Behinderung ermöglichen. Die Kläger wollten die Kosten hierfür selbst übernehmen. Die Eigentümerversammlung lehnte einen entsprechenden Antrag der Kläger ab.

Klage gegen ablehnenden Beschluss der Eigentümergemeinschaft

Der Fall landete zunächst beim Amtsgericht und dann beim Landgericht. Das Landgericht gestattete die Errichtung eines Aufzuges und ersetzte mit dem Urteil den ablehnenden Beschluss der Eigentümergemeinschaft. Diese legte Revision ein. Der Fall landete beim BGH.

Fahrstuhl als behindertengerechte Maßnahme grundsätzlich angemessen

Der BGH bestätigt das Urteils des Landgerichts und stellt klar, dass es sich bei der Errichtung des Außenaufzugs um eine angemessene bauliche Veränderung nach § 20 Absatz 2 WEG handelt. Nach dem Urteil des BGH ist davon auszugehen, dass eine bauliche Veränderung, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient, in der Regel angemessen ist. Sie ist nur dann ausnahmsweise nicht angemessen, wenn sie Nachteile mit sich bringt, die über die Folgen hinausgehen, die typischerweise mit der nach § 20 Absatz 2 WEG privilegierten baulichen Veränderung einhergehen. Solche Nachteile liegen hier nicht vor.

Grenzen: Grundlegende Umgestaltung oder unbillige Benachteiligung

Zu beachten waren nach Auffassung des BGH nur die Grenzen des § 20 Absatz 4 WEG. Aber die Errichtung eines Außenaufzugs führt weder zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage noch zu einer unbilligen Benachteiligung anderer Wohnungseigentümer, so der BGH. Auch die Kosten für die Errichtung des Aufzugs sind nicht von Bedeutung, denn diese trägt der Wohnungseigentümer, der die Errichtung der baulichen Anlage verlangt. Hierauf weist der BGH hin.

Behindertengerechter Umbau zulässig

Die Kläger können somit einen behindertengerechten Zugang zum Haus durch Errichtung eines Außenfahrstuhls verlangen. Der BGH bestätigte das vorinstanzliche Urteil.

Bau einer Terrasse mit Rampe ebenfalls zulässig

In dem Urteil ging es um ein weiteres Verfahren. Hier verlangte der Kläger die Zustimmung für den Bau einer Terrasse und den barrierefreien Zugang zu seiner Wohnung durch eine Rampe. Die Mehrheit der Eigentümer war damit einverstanden und fasste einen entsprechenden Beschluss. Einige Eigentümer waren allerdings dagegen und klagten, ohne Erfolg.

Der Beschluss der Eigentümergemeinschaft war nicht zu beanstanden, so der BGH. Da es sich bei der baulichen Maßnahme um den behindertengerechten Zugang zur Wohnung und somit um eine privilegierte Maßnahme nach § 20 Absatz 2 WEG handelte, konnten die Eigentümer mit einfacher Stimmenmehrheit den Beschluss fassen. Nach Auffassung des BGH mussten die Voraussetzungen des § 20 Absatz 2 WEG dabei nicht geprüft werden. Der Gesetzgeber wollte die Umsetzung baulicher Maßnahmen zum Beispiel zum Zwecke der Barrierefreiheit erleichtern. Die Eigentümer müssen bei der Beschlussfassung lediglich die Grenzen des § 20 Absatz 4 WEG (grundlegende Umgestaltung und unbillige Benachteiligung) beachten, so der BGH. Diese Grenzen waren hier jedoch eingehalten. Der BGH bestätigte daher den von der Eigentümergemeinschaft gefassten Beschluss und erlaubte den barrierefreien Umbau der Terrasse.

BGH, Urteil vom 9.2.2024 – V ZR 244/22 und V ZR 33/23

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