Wer sich nach der Betriebsweihnachtsfeier unbefugt Zutritt zum Betriebsgelände verschafft und sich dort im Weinregel des Arbeitgebers bedient, muss mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen. So sieht es das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LArbG Düsseldorf) in einem aktuellen Verfahren. Auf dringendes Anraten des Gerichts schlossen die Parteien daraufhin einen Vergleich, in dem der Mitarbeiter die Kündigung seines Arbeitgebers mit einer Auslauffrist akzeptiert. Eine Abfindung erhielt der Mitarbeiter jedoch nicht. Das Gericht stellte klar, dass über eine Abfindung überhaupt nicht zu diskutieren sei, da die Kündigung gerechtfertigt ist.
Was war passiert: Der Kläger war als Gebietsleiter für NRW bei einer Winzergenossenschaft aus Süddeutschland beschäftigt. Diese richtete für die Mitarbeiter im Januar 2023 eine Weihnachtsfeier aus. Der Kläger reiste zum Firmensitz nach Süddeutschland und wohnte dort im Hotel in der Nähe des Betriebsgeländes. Die Weihnachtsfeier begann mit einem Sekt im Betrieb. Dann fuhren alle Mitarbeiter mit einem gemieteten Bus zu einem Restaurant, wo die eigentliche Weihnachtsfeier stattfand.
Nach dem Restaurantbesuch fuhr der Bus alle Mitarbeiter, die das wollten, zurück zum Betriebsgelände. Von dort konnten sie ihren Heimweg oder den Weg ins Hotel antreten. Eine Fortsetzung der Weihnachtsfeier im Betrieb der Beklagten war nicht geplant.
Der Kläger fuhr mit dem Bus zurück und traf sich im Hotel mit zwei Kollegen, um eine Flasche Wein zu trinken. Ein Kollege verabschiedete sich im Anschluss. Für den Kläger und einen ortsansässigen Kollegen sollte die Party jedoch noch nicht zu Ende sein. Sie gingen zurück zum Betriebsgelände und verschafften sich mit der Chipkarte des ortsansässigen Kollegen Zutritt zur Kellerei der Beklagten.
Dort wurde lustig weiter gefeiert. Der Kläger und sein Kollege tranken insgesamt vier der dort gelagerten Flaschen Wein, rauchten Zigaretten und schmissen eine Mandarine an die Wand. Die Beiden hatten offensichtlich viel Spaß. Mindestens einer der Kollegen erbrach sich neben der Eingangstür, womit die Party vermutlich ihr Ende fand. Auf dem Nachhauseweg griff die Polizei den Kollegen des Klägers wegen starker Trunkenheit auf. Er wurde daraufhin zum Ausschluss einer Eigengefährdung nach Hause gebracht. Der Kläger lag da vermutlich schon im Bett seines Hotelzimmers.
Als die Beklagte am nächsten Morgen die Spuren des Saufgelages erblickte, war sie alles andere als begeistert. Der Kläger reiste zurück nach NRW. Den Kollegen aber plagte wohl das schlechte Gewissen. Er gab gegenüber der Beklagten zu, „etwas Scheiße gebaut“ zu haben und bezahlte die vier Flaschen Wein. Die Beklagte jedoch ließ sich nicht erweichen und sprach sowohl dem Kläger als auch seinem Kollegen gegenüber die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung aus.
Der Kollege aus Süddeutschland akzeptierte die Kündigung, der Kläger hingegen erhob Klage. Vor dem Arbeitsgericht erhielt der Kläger zunächst Recht. Das Arbeitsgericht vertrat die Auffassung, dass eine Abmahnung ausgereicht hätte und die Kündigung somit nicht verhältnismäßig war. Die Beklagte ging daraufhin in Berufung, mit Erfolg.
Das LArbG Düsseldorf stellte klar, dass die Beklagte wegen der Schwere der Pflichtverletzung kündigen durfte, wenn vielleicht nicht fristlos, dann aber zumindest fristgemäß. Wer sich unbefugt in der Nacht Zutritt zum Betriebsgelände verschafft und dort Wein stiehlt, muss mit der Kündigung rechnen. Es ist nach Auffassung des Gerichts offensichtlich, dass man sich als Mitarbeiter nicht gegen Mitternacht unbefugt Zutritt zum Betriebsgelände verschaffen darf, um dort ein Saufgelage zu veranstalten. Eine Abmahnung ist aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung nicht notwendig. Der Arbeitgeber darf sofort kündigen, so das Gericht.
Ob eine fristlose Kündigung verhältnismäßig wäre oder doch „nur“ eine fristgemäße Kündigung ließ das LArbG Düsseldorf offen. Er empfahl den Parteien, einen Vergleich zu schließen. Daraufhin einigten sich der Kläger und die Beklagte auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einer sozialen Auslauffrist. Die Kosten für das Verfahren trägt allerdings jede Partei selbst. Mit dem Vergleich ist der Rechtsstreit erledigt, das Arbeitsverhältnis allerdings auch. Dass die Weihnachtsfeier der Beklagten solche Folgen nach sich zieht, hätte wohl niemand gedacht.
LArbG Düsseldorf – 3 Sa 284/23
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