Kann die Müllabfuhr ein Grundstück nicht direkt anfahren, muss der Eigentümer die Mülltonnen für die Leerung notfalls woanders hinbringen. Dies gilt auch dann, wenn die Müllabfuhr das Grundstück nur rückwärts anfahren kann und es sich nicht lediglich um ein kurzes Zurücksetzen handelt. Denn dies verstößt gegen die Unfallverhütungsvorschriften und kann daher vom Entsorgungsunternehmen nicht verlangt werden. So entschied das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (VG Neustadt a. d. Weinstraße) am 15.12.2022 (4 K 488/22.NW).
Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstückes, welches über einen etwa 50 m langen Zufahrtsweg von der Hauptstraße aus zu erreichen ist. Die Mülltonnen stehen am Haus und wenn die Müllabfuhr kam, stellten die Eigentümer die Tonnen auf den Zufahrtsweg. Die Müllabfuhr konnte in den Zufahrtsweg allerdings nur rückwärts einfahren. Eine Wendemöglichkeit besteht im Prinzip nicht.
Anfang 2019 teilte das Entsorgungsunternehmen den Eigentümern mit, dass die Müllabfuhr nicht mehr bereits ist, den Zufahrtsweg rückwärts zu befahren. Dies verstoße gegen die Unfallverhütungsvorschriften. Die Eigentümer wurden aufgefordert, die Mülltonnen zum jeweiligen Abholzeitpunkt ca. 50 m weiter zur Hauptstraße zu bringen. Hiermit waren die Eigentümer überhaupt nicht einverstanden und erhoben gegen den Bescheid zuerst Widerspruch und dann Klage.
Das VG Neustadt a. d. Weinstraße wies die Klage ab und entschied, dass eine Leerung der Mülltonnen nicht mehr auf dem Zufahrtsweg erfolgen muss. Stattdessen ist der Bescheid, der die Eigentümer verpflichtet, die Tonnen für die Leerung 50 m weiter an die Hauptstraße zu stellen, rechtmäßig.
Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts haben die Eigentümer eine erhöhte Mitwirkungspflicht, wenn rechtliche oder tatsächliche Hindernisse für die Anfahrt des Grundstücks bestehen. Dies ist hier der Fall, so das Gericht. Nach den Unfallverhütungsvorschriften für die Müllbeseitigung muss der Müll nur dann abgeholt werden, wenn die Zufahrt zum Grundstück ohne Rückwärtsfahren möglich ist. Ein kurzes Zurücksetzen fällt nicht hierunter.
In dem hier entschiedenen Fall kann das Grundstück jedoch nur durch ein Rückwärtsfahren über eine Strecke von 50 m angefahren werden. Dies soll wegen der erhöhten Unfallgefahr nach den Unfallverhütungsvorschriften unterbleiben. Die Eigentümer trifft daher eine erhöhte Mitwirkungspflicht dahingehend, die Mülltonnen an den nächstgelegenen geeigneten Ort zu bringen. Dies ist die ca. 50 m entfernte Zufahrtsstraße, so wie es aus dem Bescheid hervorgeht.
Auch der Einwand der Eigentümer, die Müllabfuhr würde auch in anderen Straßen der Stadt Grundstücke rückwärts anfahren, ist nach Auffassung des Gerichts nicht von Bedeutung. Denn allein das Entsorgungsunternehmen entscheidet, welche Haftungsrisiken es eingeht, so das Gericht.
Schließlich führte auch die Tatsache, dass eine Nachbarin die Erlaubnis zum Wenden der Müllfahrzeuge auf einem ihrer Parkplätze erteilt hatte, zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Erlaubnis hatte die Nachbarin ausdrücklich unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt. Hinzu kam, dass gar nicht geklärt war, ob die Parkplätze zum Wenden geeignet sind.
Die Eigentümer müssen nun ihre Mülltonnen zum jeweiligen Abholtermin an die 50 m entfernte Hauptstraße stellen. Tun sie dies nicht, wird der Müll eben nicht mehr abgeholt. Denn die Müllfahrzeuge müssen und werden das Grundstück nicht mehr direkt anfahren.
Der hier entschiedene Fall betrifft eine Vielzahl von Grundstückseigentümern. Dass diese eine Mitwirkungspflicht im Hinblick auf die Müllabfuhr haben, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Wie weit diese Pflicht geht, muss im Einzelfall geprüft werden. Das Verbringen der Mülltonnen an eine 50 m entfernte Straße ohne irgendwelche Verkehrshindernisse ist jedenfalls zumutbar und daher als Mitwirkungshandlung vom Eigentümer zu akzeptieren.
VG Neustadt a. d Weinstraße, Urteil vom 15.12.2022 – 4 K 488/22.NW
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