Für die Wärmedämmung ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks zulässig, wenn das Landesrecht dies bestimmt (BGH – V ZR 23/21). Das Berliner Nachbargesetz bestimmt, dass bei der nachtäglichen Anbringung einer Wärmedämmung an Bestandsgebäude die Dämmung auf das Nachbargrundstück ragen darf. Der Nachbar ist zur Duldung verpflichtet.
Gedämmt werden sollte eine Außenwand, die sich direkt an der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück befindet. Die Dämmung würde 16 cm auf das Nachbargrundstück ragen. Der Nachbar wollte das nicht hinnehmen. In den ersten beiden Instanzen wehrte er sich erfolglos gegen den zwangsweisen Überbau, nun erlitt er auch in der Revision beim BGH eine Niederlage. Der BGH bestätigte, dass der Nachbar zur Duldung verpflichtet ist.
Der Nachbar berief sich auf die Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG und meinte, dass § 16a des Berliner Nachbargesetzes verfassungswidrig sei. Dieser Argumentation folgte der BGH nicht. Das Land sei nach Art. 124 EGBGB gesetzgebungsbefugt und könne Eingriffe in die Eigentumsgarantie regeln. Der BGH hatte allerdings Zweifel an der materiellen Verfassungsgemäßheit der Vorschrift. Andere Landesgesetze regeln den Überbau für die Wärmedämmung viel detaillierter und enthalten Regelungen, die im Berliner Gesetz nicht zu finden sind. So enthalten die Gesetze in anderen Bundesländern weitere Voraussetzungen. Ein Überbau ist danach nur dann zulässig, wenn die Belange des Nachbarn nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt sind. Außerdem muss die Dämmung auf andere Weise, z. B. durch Innendämmung, unmöglich sein. Derlei Anforderungen stellt § 16a BNachbarG nicht. Damit ist die Berliner Regelung sehr weitreichend und greift dementsprechend schwer in die Rechte von Nachbarn ein.
Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht kam aber dennoch nicht in Betracht. Diese hätte nach Art. 100 GG vorausgesetzt, dass der BGH von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift überzeugt ist. Zweifel genügen hingegen nicht. Bei der Entscheidung fiel auch ins Gewicht, dass ein Überbau wieder zu entfernen ist, wenn der Nachbar selbst dort bauen möchte.
„Im Falle des Wärmeschutzüberbaus ist der duldungsverpflichtete Nachbar berechtigt, die Beseitigung des Überbaus zu verlangen, wenn und soweit er selbst zulässigerweise an die Grenzwand anbauen will.“
§ 16a Absatz 2 Nachbargesetz Berlin
Da die BGH-Entscheidung die letzte Instanz im ordentlichen Rechtszug darstellt, könnte der Nachbar noch Verfassungsbeschwerde erheben. Dann könnte sich das Bundesverfassungsgericht eingehend mit der Frage auseinandersetzen, ob die Berliner Regelung zum Überbau bei der Wärmedämmung mit Art. 14 GG vereinbar ist.
BGH, Urteil vom 23.06.2022 – V ZR 23/21
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