Wird ein Flug um mehr als eine Stunde vorverlegt, gilt er als annulliert. In diesem Fall kann der Fluggast Entschädigung verlangen, auch wenn er den Flug tatsächlich antritt. So urteilte das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf) am 11.04.2022 und bezog sich auf die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
Nach der Fluggastrechte-Verordnung der EU kann ein Fluggast bei Verspätung und Annullierung vom Anbieter eine Entschädigung verlangen. Die Entschädigung ist je nach Distanz gestaffelt. Sie muss jedoch nicht gezahlt werden, wenn der Anbieter rechtzeitig über die Verspätung oder Annullierung informiert.
Was ist jedoch, wenn der Flug vorverlegt wird? In Deutschland und Österreich sind mehrere Entschädigungsklagen wegen vorverlegter Flüge rechtshängig. Zur Klärung der Frage, ob auch bei Vorverlegung eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung zu zahlen ist, hat unter anderem das LG Düsseldorf den Fall dem EuGH vorgelegt.
Mit Urteil vom 21.12.2021 stellte der EuGH klar: Wird der Flug um mehr als eine Stunde vorverlegt, gilt er als annulliert. Der Fluggast kann dann nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung Entschädigung verlangen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Anbieter rechtzeitig über die Änderung der Flugzeiten informiert hat.
Grund hierfür ist, dass dem Reisenden die Möglichkeit genommen wird, frei über seine Zeit zu verfügen. Unter Umständen müssen große Anstrengungen unternommen werden, den vorverlegten Flug antreten zu können, so der EuGH.
Das LG Düsseldorf sprach nun -unter Bezugnahme auf das EuGH-Urteil- dem Kläger eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung zu.
Der Kläger buchte im Jahr 2018 für seine Familie und sich den Sommerurlaub. Hierzu zählten auch Flüge, jeweils Hin- und Rückflug. Der Hinflug verspätete sich um mehr als drei Stunden und auch der Rückflug fand nicht wie geplant statt. Die Fluggesellschaft verlegte den Rückflug um mehr als eine Stunde nach vorne.
Obwohl die Familie den vorverlegten Rückflug letztendlich antrat, verlangte der Familienvater Entschädigung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung. Zu Recht, so das LG Düsseldorf unter Bezugnahme auf die EuGH-Rechtsprechung.
Dies gilt nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann, wenn der vorverlegte Flug angetreten wird.
Hinzu kam, dass die ursprünglichen Flugzeiten vom Reiseveranstalter mitgeteilt wurden. Die Fluggesellschaft wiederum hatte dem Reiseveranstalter andere Zeiten mitgeteilt. Die Reisebestätigung des Anbieters ist in diesem Fall der Fluggesellschaft zuzurechnen, so der EuGH. Diese kann jedoch den Anbieter in solchen Fällen in Regress nehmen.
LG Düsseldorf, Urteil vom 11.04.2022– 22 S 352/19
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