Ein Betrieb, der im Lockdown schließen musste, hat keinen Anspruch auf Entschädigung gegen den Staat oder das entsprechende Bundesland. Es besteht lediglich -bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen- ein Anspruch auf Auszahlung der Corona-Soforthilfe. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 17.03.2022 (III ZR 79/21).
Mit diesem Urteil hat der BGH klargestellt, dass der Staat für staatlich angeordnete Betriebsschließungen während des Lockdowns nicht haftet. Ansprüche auf Entschädigung wegen erlittener Einnahmeausfälle können nicht geltend gemacht werden. Unabhängig davon können Ansprüche auf Auszahlung der Corona-Soforthilfen bestehen. Die tatsächlich erlittenen Einnahmeausfälle können jedoch nicht als Entschädigung verlangt werden.
Bundesweit sind zahlreiche Verfahren rechtshängig, in denen es um Entschädigung wegen erlittener Einnahmeausfälle geht, da die Corona-Soforthilfen meist nicht den tatsächlich erlittenen Schaden abdecken. Ein Verfahren landete nun beim BGH.
Geklagt hatte der Inhaber eines Hotel- und Gaststättenbetriebes in Brandenburg. Wegen des Lockdowns im Frühjahr 2020 musste der Kläger sein Hotel und die Gastronomie schließen. Lediglich der Verkauf außer Haus war möglich.
Durch die vom Land Brandenburg angeordnete Schließung kam es zu erheblichen Umsatzeinbußen. Die dem Kläger ausgezahlten Corona-Soforthilfen in Höhe von 60.000,- € reichten nicht aus, um die Ausfälle abzudecken.
Der Kläger errechnete für die Zeit von Ende März bis Anfang April 2020 einen weiteren Schaden von ca. 27.000,- € (Verdienstausfall, nicht gedeckte Betriebskosten usw.) und erhob Klage auf Entschädigung gegen das Land Brandenburg.
Das Landgericht wies die Klage ab und auch die Berufung des Klägers vor dem Oberlandesgericht hatte keinen Erfolg.
Nun stellte auch der BGH klar: Ein Anspruch auf staatliche Entschädigung besteht nicht!
Der BGH nahm eine umfassende Prüfung vor und kam zu dem Ergebnis, dass der Staat nicht für Einnahmeausfälle während des Lockdowns haftet.
Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht zwar in § 65 einen Anspruch auf Geldentschädigung vor. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Norm kommt eine Entschädigung jedoch nur in Betracht, wenn es sich um Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten handelt.
Die Corona-Verordnungen dienten jedoch der Bekämpfung von COVID-19 und nicht der Verhütung. Dies stellt der BGH in seinem Urteil klar. Aus diesem Grund kommt eine Entschädigung nach § 65 IfSG nicht in Betracht. Auch eine entsprechende Anwendung verbietet sich, da der eindeutige Wortlaut dies ausschließt, so der BGH.
Darüber hinaus prüfte der BGH einen Anspruch nach dem Polizei- und Ordnungsrecht in Brandenburg. Hierbei handelt es sich jedoch um spezialgesetzliche Vorschriften. Die Vorschriften des IfSG haben aber Vorrang und entfalten somit nach dem Urteil des BGH eine Sperrwirkung.
Gleiches gilt im Prinzip nach dem Urteil des BGH auch für das richterrechtlich entwickelte Haftungsinstitut des enteignenden Eingriffs. Auch hieraus ergibt sich kein Entschädigungsanspruch, so der BGH.
Unabhängig von der Prüfung einzelner Vorschriften stellt der BGH klar:
Hilfeleistungen für Wirtschaftsbereiche, die in einer Pandemie schwere Einbußen erlitten, sind keine Aufgabe der Staatshaftung. Der Staat ist lediglich verpflichtet, für einen innerstaatlichen Ausgleich zu sorgen (Sozialstaatsprinzip). Dieser Pflicht ist der Staat -so der BGH- mit seinen Hilfsprogrammen wie der Corona-Soforthilfe nachgekommen.
Der Kläger hat somit keinen Anspruch auf Entschädigung! Es bleibt ihm jetzt nur noch der Weg zum Bundesverfassungsgericht. Ob der Kläger Verfassungsbeschwerde einlegt, bleibt abzuwarten.
BGH, Urteil vom 17.03.2022– III ZR 79/21
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