Der BGH fällte am 10.07.2024 ein Grundsatzurteil zur Aufrechnung von Ansprüchen auf Rückzahlung der Mietkaution mit Schadensersatzansprüchen des Vermieters (VIII ZR 184/23). Er entschied, dass eine solche Aufrechnung auch dann möglich ist, wenn die Ansprüche des Vermieters nach Ablauf der kurzen sechsmonatigen Verjährungsfrist verjährt sind. Dies gilt zumindest dann, wenn die Ansprüche sich zuvor in unverjährter Zeit aufrechenbar gegenüberstanden.
Die zu klärende Rechtsfrage bestand hier darin, ob die Ansprüche auf Rückzahlung der Mietkaution und die Schadensersatzansprüche des Vermieters gleichartig sind. Denn nur wenn sie gleichartig sind und sich so in unverjährter Zeit gegenübergestanden haben, kann aufgerechnet werden, § 251 Alt. 1 BGB.
Der Vermieter kann bei Beschädigung der Mietsache Schadensersatz vom Mieter verlangen. Dieser Schadensersatzanspruch ist gemäß § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB jedoch auf Naturalrestitution gerichtet. Das bedeutet, dass der Vermieter die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verlangen kann. Der Schadensersatzanspruch des Vermieters ist also nicht auf Geldleistung gerichtet. Der Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution allerdings schon.
Aus diesem Grund entschieden die Vorinstanzen, dass es sich nicht um gleichartige Ansprüche handelte. Nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist konnte der Vermieter somit nicht mehr mit eigenen Schadensersatzansprüchen aufrechnen.
Der BGH sah dies allerdings anders. Denn es gibt die sogenannte Ersetzungsbefugnis des Geschädigten nach § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB. Hiernach kann der Geschädigte statt Naturalrestitution Ersatz in Geld verlangen. Die Frage war hier nur, ob der Geschädigte diese Ersetzungsbefugnis ausdrücklich erklären bzw. ausüben muss.
Nein, entschied der BGH, zumindest nicht bei Ansprüchen auf Schadensersatz aus Mietverhältnissen, wenn diese durch eine Mietkaution abgesichert sind. Denn eine Vereinbarung zur Mietkaution in bar ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass der Vermieter diese gerade auch für Schadensersatzansprüche verwenden kann. Dies soll dann nicht an einer fehlenden Ausübung der Ersetzungsbefugnis in unverjährter Zeit scheitern, so der BGH. Die Ausübung der Ersetzungsbefugnis ist nach Auffassung des BGH ein lediglich formaler Schritt. Sie muss nicht in unverjährter Zeit erfolgen. Dies entschied der BGH in seinem Grundsatzurteil.
Damit steht fest, dass der Vermieter bei Beschädigung der Mietsache auch nach Ablauf der kurzen sechsmonatigen Verjährungsfrist seine Ansprüche geltend machen kann. Er kann zwar den Mieter nicht direkt auf Zahlung in Anspruch nehmen. Aber eine Verrechnung in Form einer Aufrechnung mit Ansprüchen des Mieters auf Rückzahlung der Mietkaution ist möglich. So entschied der BGH in seinem aktuellen Urteil.
Das Urteil ist ein echter Paukenschlag. Nach Ablauf der kurzen sechsmonatigen Verjährungsfrist für Ansprüche des Vermieters kann der Mieter sich nun nicht mehr entspannt zurücklehnen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vermieter die Mietkaution noch nicht zurückgezahlt hat. Denn auch nach Ablauf der Frist kann der Vermieter nun nach dem Urteil des BGH die Aufrechnung erklären. Auf diese Art und Weise kann sich der Vermieter auch nach Fristablauf bei Schäden an der Mietsache am Mieter schadlos halten.
BGH, Urteil vom 10.07.2024 – VIII ZR 184/23
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