Vaterschaftsanerkennung bei Tod der Mutter (BGH, Beschl. v. 30.08.2023 – XII ZB 48/23)

Für die Vaterschaftsanerkennung ist gemäß § 1595 Absatz 1 BGB grundsätzlich die Zustimmung der Mutter erforderlich. Was aber ist, wenn die Mutter nicht mehr lebt und somit nicht mehr zustimmen kann? Ist die Zustimmung dann nicht mehr erforderlich? Oder kommt eine Vaterschaftsanerkennung gar nicht mehr in Frage, weil die Zustimmung der Mutter nicht mehr möglich ist? Diese Frage war bisher umstritten. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Machtwort gesprochen.

Bei Tod der Mutter ist Zustimmung der Mutter nicht mehr erforderlich

Ist die Mutter bereits verstorben, ist eine Zustimmung der Mutter auch nicht mehr erforderlich. So geht es aus einem Beschluss des BGH vom 30.08.2023 hervor (XII ZB 48/23).

In diesem Fall genügt für die Vaterschaftsanerkennung die Zustimmung des Kindes nach § 1595 Absatz 2 BGB oder des gesetzlichen Vertreters. Der BGH macht damit den Weg frei für eine Vaterschaftsanerkennung auch nach dem Tod der Mutter. Diese wäre nämlich anderenfalls nicht mehr möglich. Der teilweise vertretenen Rechtsauffassung, dass bei Tod der Mutter nur noch der beschwerlichere Weg des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens zu beschreiten sei, erteilt der BGH somit eine Abfuhr.

Regelungslücke im Gesetz muss durch Auslegung geschlossen werden

Nach Auffassung des BGH ist die Regelung des § 1595 BGB so auszulegen, dass bei Tod der Mutter die Zustimmung der Mutter auch nicht mehr erforderlich ist. Der Gesetzgeber hat für den Fall des Todes der Mutter keine Regelung getroffen, für die Geschäftsunfähigkeit der Mutter usw. hingegen schon. Es besteht somit eine Regelungslücke, die nach Auffassung des BGH durch Auslegung zu schließen ist.

Rechtsstellung der Mutter ist Schutzweck

Bei der Auslegung der Vorschrift ist zu beachten, dass diese in erster Linie die Rechtsstellung der Mutter bei der Anerkennung der Vaterschaft stärken soll. Aus diesem Grund machte der Gesetzgeber die Vaterschaftsanerkennung von der Zustimmung der Mutter abhängig, so der BGH.

Ist die Mutter aber bereits verstorben, ist der Zweck der Vorschrift auch nicht mehr relevant. Auf die Zustimmung der Mutter kommt es daher nach dem Beschluss des BGH gar nicht mehr an.

Eintragung der Vaterschaft in das Geburtenregister

Geklagt hatte eine erwachsene Frau, deren Mutter bereits verstorben war. Im Geburtenregister war kein Vater eingetragen. Lange nach dem Tod der Mutter erkannte ein Mann mit notarieller Urkunde die Vaterschaft an. Die Tochter erteilte mit notarieller Urkunde ihre Einwilligung in die Vaterschaftsanerkennung. Leider verstarb auch der Vater kurze Zeit später.

Einwilligung der Tochter lag vor

Die Tochter verlangte nun, unter Vorlage der beiden notariellen Urkunden, die Eintragung des Vaters in das Geburtenregister. Das Standesamt der Stadt hatte wegen der nach § 1595 Absatz 1 BGB eigentlichen erforderlichen Einwilligung der Mutter Bedenken und legte den Fall dem Amtsgericht vor. Das Amtsgericht entschied, dass der Vater wegen der fehlenden Zustimmung der Mutter nicht in das Geburtenregister eingetragen werden darf. Und auch das Oberlandesgericht vertrat diese Auffassung und wies die Beschwerde der Tochter zurück.

Grundsatzentscheidung des BGH

Nun stellte der BGH in oberster Instanz klar, dass es auf die Einwilligung der Mutter wegen des Todes gar nicht mehr ankommt. Die Vaterschaft muss in das Geburtenregister eingetragen werden, so der BGH.

Die Tochter hat jetzt auch offiziell Mutter und Vater. Leider kann sich der Vater nicht mehr darüber freuen. Den Ausgang des Prozesses erlebte er nicht mehr mit.

Der Streit, wie bei Tod der Mutter in Sachen Vaterschaftsanerkennung zu verfahren ist, dürfte jedoch mit der Grundsatzentscheidung des BGH endgültig vom Tisch sein.

BGH, Beschluss vom 30.08.2023 – XII ZB 48/23

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