Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LArbG Berlin-Brandenburg) hatte in einem aktuellen Fall über die Zulässigkeit der Zeiterfassung mittels Fingerabdruck-Scanner zu entscheiden. In diesem Fall ging es um ein Zeiterfassungssystem, welches zwar nicht den gesamten Fingerabdruck verarbeitet, aber immerhin die Fingerlinienverzweigungen, die so genannten Minutien.
Das LArbG Berlin-Brandenburg stellte klar: Auch bei den Minutien handelt es sich um biometrische Daten! Und die Verarbeitung von biometrischen Daten ist nach Artikel 9 Absatz 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nur im Ausnahmefall möglich. Ein solcher Ausnahmefall lag nach Auffassung des Gerichts hier jedoch nicht vor. Aus diesem Grund war der Kläger als Arbeitnehmer auch nicht verpflichtet, das Zeiterfassungssystem per Fingerabdruck-Scanner zu nutzen!
Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber verpflichtet worden war, seine Arbeitszeiten über ein System mit Fingerabdruck-Scanner zu erfassen. Der Arbeitnehmer weigerte sich jedoch und erfasste seine Arbeitszeiten weiterhin schriftlich, wie bisher.
Wegen seiner Weigerung erhielt der Arbeitnehmer zwei Abmahnungen, gegen die er sich vor dem Arbeitsgericht wehrte. Das zuständige Arbeitsgericht gab dem Arbeitnehmer Recht und verurteilte den Arbeitgeber, die Abmahnungen aus der Personalakte zu entfernen.
Ein Verstoß gegen arbeitsrechtliche Pflichten lag nach Auffassung des Arbeitsgerichts nicht vor, denn die Zeiterfassung per Fingerabdruck-Scanner verstieß gegen die DSGVO. So sieht es auch das LArbG Berlin-Brandenburg, welches über die Berufung des Arbeitgebers zu entscheiden hatte.
Zu prüfen waren hier die Erlaubnistatbestände des Artikel 9 Absatz 2 DSGVO, nach denen die Verarbeitung biometrischer Daten ausnahmsweise möglich ist. Da weder eine „Freiwillige Einwilligung“ noch eine „Kollektivvereinbarung“ vorlag, war hier nur die „Erforderlichkeit“ zu prüfen, so das Gericht.
An einer Erforderlichkeit der Verarbeitung der Minutien fehlte es jedoch. Dies stellte das LArbG Berlin-Brandenburg klar. Die Zeiterfassung per Fingerabdruckscanner ist nach Auffassung des Gerichts bereits deshalb nicht erforderlich, weil zur Erreichung des Zwecks durchaus andere gleich wirksame Mittel zur Verfügung stehen.
So hat der Arbeitgeber selbst in seinem Vortrag auf ein ähnliches zur Verfügung stehendes Zeiterfassungssystem (Ausweislesersystem) ohne Fingerabdruck hingewiesen. Mit diesem System wäre eine Zeiterfassung ohne die Verarbeitung der biometrischen Daten möglich gewesen.
Das Argument des Arbeitgebers, mit dem Fingerabdruckscanner Manipulationen auszuschließen, konnte das Gericht nicht überzeugen. Hier weist das LArbG Berlin-Brandenburg darauf hin, dass gemäß Bundesdatenschutzgesetz personenbezogene Daten von Beschäftigten zur Aufdeckung einer Straftat nur bei Anhaltspunkte für einen Verdacht verarbeitet werden dürfen.
Dies muss dann erst recht für biometrische Daten gelten, so das Gericht. An einem konkreten Verdacht für das Vorliegen eines Arbeitszeitbetrugs fehlt es nach der Entscheidung des Gerichts jedoch.
Auch weitere Argumente des Arbeitgebers rechtfertigten nach Auffassung des Gerichts nicht die Annahme der Erforderlichkeit der Verarbeitung von biometrischen Daten. Somit war die Verarbeitung der biometrischen Daten mittels Fingerabdruckscanner nach Artikel 9 DSGVO unzulässig.
Der klagende Arbeitnehmer war nicht verpflichtet, seine Arbeitszeiten per Fingerabdruckscanner zu erfassen. Aus diesem Grund waren die ausgesprochenen Abmahnungen rechtswidrig und aus der Personalakte zu entfernen.
Das LArbG Berlin-Brandenburg wies die Berufung des Arbeitgebers zurück.
LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.06.2020 – 10 Sa 2130/19
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