Wird ein Pferd mit folgenlos überstandenen Verletzungen, die Folge eines Unfalls waren, verkauft, liegt allein hierin kein Sachmangel. Insbesondere gelten nicht die bei einem Unfallwagen geltenden Grundsätze, denn die Verletzung eines Tieres darf nicht in jeder Hinsicht dem Schaden einer Sache gleichgestellt werden. So entschied der BGH in seinem Urteil vom 30.10.2019 (VIII ZR 69/18).
Für Tiere gelten, sofern nicht spezielle Vorschriften anzuwenden sind, die für Sachen geltenden Vorschriften. Dies folgt aus § 90a BGB. Somit kommen für einen Kaufvertrag über ein Tier die allgemeinen Vorschriften des § 433 BGB ff. zur Anwendung.
Insbesondere gelten hier auch die Gewährleistungsvorschriften bei Vorliegen eines Sachmangels. Wann ein Sachmangel vorliegt, insbesondere bei einem Tier, ist zwischen Käufer und Verkäufer ein häufiger Streitpunkt.
Bei dem Verkauf eines Gebrauchtwagens mit einem vollständig reparierten Unfallschaden handelt es sich nach wie vor um einen Unfallwagen. Hierüber hat der Verkäufer in jedem Fall aufzuklären. Tut er dies entgegen seiner Verpflichtung nicht, kann der Käufer Gewährleistungsansprüche geltend machen und unter Umständen sogar vom Vertrag zurücktreten.
Die Grundsätze zum Verkauf eines Unfallwagens können jedoch nicht auf den Verkauf von verunfallten Tieren mit ausgeheilten Unfallfolgen übertragen werden. Ein Unfalltier ist eben kein Unfallwagen, so der BGH in seinem aktuellen Urteil. Denn die Verletzung eines Tieres kann nicht in jeder Hinsicht einem Schaden an einer Sache gleichgestellt werden.
Geklagt hatte die Käuferin eines sieben Jahre alten Pferdes, welches sie als selbst als Reitpferd nutzen wollte. Die anlässlich des Kaufes im Vorfeld durchgeführten Untersuchungen ergaben keine erheblichen Gesundheitsmängel.
Im Folgejahr ließ die Käuferin ihr neu erworbenes Pferd tierärztlich untersuchen. Da das Pferd bei der Untersuchung im Bereich der Rippenköpfe eine Schmerzhaftigkeit zeigte, wurde eine radiologische Untersuchung durchgeführt. Hierbei wurde eine Fraktur dreier Rippen, zum Teil geradlinig verschoben, diagnostiziert. Die Tierärztin verordnete Ruhe und empfahl, bis zur endgültigen Ausheilung das Pferd nicht zu reiten.
Die Käuferin informierte den Verkäufer über den Befund und machte mit dem Hinweis auf das Vorliegen eines Sachmangels zunächst Nachbesserung geltend, später verlangte sie Nachlieferung. Da der Verkäufer dies ablehnte, trat die Käuferin vom Kaufvertrag zurück.
Mit ihrer Klage verlangte die Käuferin Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdes. Das Landgericht gab der Klage überwiegend statt. Die vom Verkäufer eingelegte Berufung ist weitestgehend erfolglos geblieben. Der Verkäufer legte Revision ein, über die der BGH nun entschieden hat.
Die Revision beim BGH hatte Erfolg! Der BGH entschied, dass das Urteil des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft ist. Das Berufungsgericht hatte nämlich darauf hingewiesen, dass es völlig unbeachtlich ist, ob die Fraktur als Unfallfolge ausgeheilt war oder nicht.
Denn allein der Umstand, dass das Pferd eine erhebliche Verletzung erlitten hat, führt zu einem Sachmangel gemäß § 434 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 BGB. Damit stellte das Berufungsgericht, ohne dies ausdrücklich zu erwähnen, das verunfallte Pferd faktisch einem Unfallwagen gleich, so der BGH. Dies ist nach dem Urteil des BGH nicht hinzunehmen.
Das Ansicht des Berufungsgerichts, „vollständig ausgeheilte Rippenfrakturen eines als Reitpferd verkauften Pferdes seien auch ohne eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung grundsätzlich geeignet, einen Sachmangel zu begründen“, beruht auf Rechtsfehlern, so der BGH.
Allein das Vorliegen von Vorerkrankungen führe eben nicht zu einem Sachmangel, wenn diese ausgeheilt sind, so der BGH. Anders wäre dies nur, wenn das Pferd aufgrund der Vorerkrankungen nicht zu seiner vertraglich vorausgesetzten Verwendung geeignet wäre oder eine übliche Beschaffenheit nicht aufweisen könne, so der BGH.
Es kommt daher sehr wohl darauf an, ob das Pferd, insbesondere im Hinblick auf den Unfall, die vertragliche oder übliche Beschaffenheit aufweist oder nicht. Dies hatte das Berufungsgericht verkannt, so der BGH.
In diesem Zusammenhang weist der BGH auf seine in der Vergangenheit ausgesprochenen Grundsätze zur Beschaffenheit eines Tieres hin. So gehört es insbesondere nicht zur üblichen Beschaffenheit eines Tieres, „dass es in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen Idealnorm entspricht“ (BGH, Urteil vom 7.2.2007, VIII ZR 266/06; Urteil vom 18.10.2017, VIII ZR 32/16).
Bei Tieren handelt es sich um Lebewesen, „die einer ständigen Entwicklung unterliegen und die –anders als Sachen- mit individuellen Anlagen ausgestattet und dementsprechend mit sich daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet sind“, so der BGH. Der Käufer könne nach dem Urteil des BGH insbesondere nicht erwarten, ein Tier mit idealen Anlagen zu erhalten.
Ein Tier mit einer Unfallvergangenheit kann und darf daher nach dem Urteil des BGH nicht mit einem Unfallwagen gleichgestellt werden, so wie es das Berufungsgericht faktisch getan hat, indem es allein aufgrund der Vorverletzungen einen Sachmangel angenommen hatte.
Aus diesem Grund war das Urteil des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft. Die Revision des Verkäufers hatte Erfolg. Der Rechtsstreit wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung vom BGH an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
BGH, Urteil vom 30.10.2019 – VIII ZR 69/18
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