Das oberste deutsche Zivilgericht hat sich zu den Anforderungen an elektronische Schriftsätze geäußert. Die BGH-Entscheidung bestätigt die Praxis der meisten Gerichte und gibt Anlass, die Anforderungen an beA-Schriftsätze zu beleuchten.
Die ZPO lässt die Versendung von Schriftsätzen mit einfacher Signatur der verantwortenden Person zu, wenn die Übertragung auf einem sicheren Übertragungsweg erfolgt, § 130a Absatz 3 ZPO. Eine solche einfache Signatur ist die Wiedergabe des Namens, z. B. „Klaus Müller, Rechtsanwalt“. Eines handschriftlichen Namenszugs bedarf es nicht.
Ein sicherer Übertragungsweg ist kraft Gesetzes die Übermittlung mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA). Einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) bedarf es bei der Versendung durch die verantwortende Person über das beA nicht. Das Dokument ist zwingend von der verantwortenden Person zu versenden, d. h. von dem Anwalt, dessen Name das Dokument trägt. Die Versendung durch einen Mitarbeiter oder Berufskollegen entspricht der gesetzlichen Form nicht.
Elektronische Schriftsätze können alternativ mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein, § 130a Absatz 3 ZPO. Angesichts der Möglichkeit, elektronische Schriftsätze ohne qualifizierte elektronische Signatur versenden zu können, stellt sich die Frage, warum die Versendung mit qeS geregelt worden ist. Der Anwendungsbereich ist in der Tat gering. Qualifiziert elektronisch signierte Schriftsätze können von anderen Personen wirksam abgesendet werden. Beispiel: der Anwalt signiert das Dokument mit einer qeS und die Versendung erfolgt später durch einen anderen Kanzleimitarbeiter.
Für die Anbringung qualifizierter elektronischer Signaturen stehen drei Möglichkeiten zur Verfügung:
Die im beA integrierte Signaturfunktion nutzt die erstgenannte Form der Anbringung der Signatur, d. h. die detached signature. Damit sind Nutzer auf der sichersten Seite.
Andere zulässige Formen der Anbringung der qualifizierten elektronischen Signatur sind mit externer Software möglich, z. B, die eingebettete Signatur – inline signature. Hierbei zu beachten ist aber, dass eine Einbettung des Dokuments in die Signaturdatei, wie das bei einigen Signaturprogrammen geschieht, den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht, denn es handelt sich nicht um eine zugelassene Anbringung der qeS.
Es ist unzulässig, mehrere Dokumente, z. B. ein Schriftsatz nebst Anlagen, mit einer gemeinsamen qualifizierten Signatur zu signieren. Dieses Verbot ergibt sich aus § 4 Absatz 2 ERVV. Dabei handelt es sich um ein striktes Verbot (BGH – XII ZB 573/18), denn eine Containersignatur entspricht in der „Papierwelt“ der Unterschrift auf einem verschlossenen Briefumschlag. Das reicht nicht.
Das elektronische Dokument muss im PDF-Format druckbar, kopierbar und durchsuchbar sein (§ 2 Absatz 1 ERVV). Ausnahmsweise lässt das Gesetz zusätzlich die Verwendung des TIFF-Formats zu, sofern bildliche Darstellungen im PDF-Format Verluste aufweisen. Aus der gesetzlichen Formulierung “zusätzlich” ergibt sich, dass die Abbildung bereits in der PDF-Datei enthalten sein muss (vgl. § 2 Absatz 1 Satz 2 ERVV) und eine TIFF-Datei lediglich eine Ergänzung sein darf.
Zulässig sind die Dateiformate PDF/A-1, PDF/A-2 und PDF/UA. Beim TIFF-Format ist die Version 6 zu verwenden. Grafiken und Schriftarten müssen in der Datei enthalten sein. Unzulässig sind Dokumente, bei denen die Darstellung von Schriftarte und Grafiken auf externe Daten zugreift. Das Bundesjustizministerium verlangt außerdem, dass der Dokumenteninhalt orts- und systemunabhängig darstellbar sein muss.
Ein Rendering – darunter versteht man eine automatisierte Bilderstellung aus Rohdaten – für spezielle Ausgabegeräte ist unzulässig.
Während Inline-Signaturen und Transfervermerke zulässig sind, darf das elektronische Dokument keine eingebundenen Objekte enthalten, deren Darstellung externe Anwendungsprogramme oder eine weitere Instanz erfordern.
Skripte dürfen in den Dateien nicht eingebunden sein. Das betrifft z. B. Java-Skript und ausfüllbare Formulare.
Zulässig sind laut BMJ aber Hyperlinks, auch wenn sie auf externe Quellen verweisen.
Das elektronische Dokument soll einen Dateinamen aufweisen, welcher schlagwortartig dessen Inhalt wiedergibt (§ 2 Absatz 2 ERVV). Mehrere Dokumente sollen eine logische Nummerierung erhalten (wie vor).
Ein Verstoß gegen diese Soll-Vorgaben dürfte folgenlos bleiben, denn es handelt sich um bloße Ordnungsvorschriften ohne dass daraus zwingende Vorgaben geschweige denn Formanforderungen herzuleiten wären.
Dem elektronischen Dokument soll ein strukturierter Datensatz im XML-Format beigefügt werden. Einen solchen Datensatz kann man durch Anklicken der entsprechenden beA-Funktion generieren.
Das beA „sammelt“ sich die notwendigen Daten dafür aus dem Eingetippten zusammen. Erforderlich ist aber eine korrekte und vollständige Eingabe der Daten. Dazu gehören:
Problematisch ist, dass das beA manchmal eine korrekte Eingabe der Daten nicht zulässt. So findet man beispielsweise nach einer korrekten Eingabe bei „Aktenzeichen der Justiz“ und „Aktenzeichen des Gegners“ in der Versendungsbestätigung die Angaben vertauscht wieder. Beim Aktenzeichen der Justiz findet man das Aktenzeichen des Gegners und umgekehrt. Diese willkürliche Umtauschung ist ärgerlich aber wohl unschädlich, denn auch der strukturierte Datensatz ist eine Soll-Vorschrift und stellt als solche nicht die Anforderungen an die Wirksamkeit.
Dennoch trifft das BMJ auch zum XML-Datensatz Festlegungen: bis zum 31.08.2019 ist die XJustiz-Nachricht „uebermittlung_schriftgutobjekte“ (nachricht.gds.uebermittlung_schriftgutobjekte.0005005) des XJustiz-Standards in der Version 2.1 zu verwenden. Ab dem 01.09.2019 ist die XJustiz-Version 2.4 zu verwenden.
Diese Anforderungen sind durch das beA zu erfüllen, sofern der Button zur Erstellung des strukturierten Datensatzes erhalten bleibt. Angesichts der Erfahrungen mit den beA-Machern kann man sich darauf aber wohl nicht verlassen. Versäumt das beA die notwendige Implementierung bleibt der einzelne Anwalt in der Pflicht.
Es dürfen höchstens 100 Dateien in einer Nachricht versendet werden und die Größe einer Nachricht ist auf 60 MB begrenzt.
BGH, Beschluss vom 15.05.2019 – XII ZB 573/18
BMJ, Bekanntmachung zu § 5 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung vom 20.12.2018
BMJ, Bekanntmachung zu § 5 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung vom 19.12.2017
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