Um Parkplätze für ihre Kunden bereit zu halten, bedienen sich Einkaufsmärkte wie Edeka oder Rewe oft privater Parkplatzbewirtschafter (z. B. EPM Eastrella Parkplatzmanagement). Die Parkplätze werden mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) versehen, in denen unter anderem vorgesehen ist, dass die Benutzung des Parkplatzes nur Kunden vorbehalten ist und dass das Parken nur für einen begrenzten Zeitraum, z. B. für die Dauer einer Stunde gestattet wird. Wer sich nicht an die Festlegungen hält, wird mit einer Vertragsstrafe belegt, die zwischen 10 und 30 Euro beträgt. Die Vertragsstrafe wird nach den AGB auch dann fällig, wenn keine Parkscheibe genutzt wird oder diese nicht sichtbar ausgelegt worden ist. Für das Anfallen der Vertragsstrafe spielt es in der Regel keine Rolle, ob der Fahrer tatsächlich Kunde ist und als solcher den Parkplatz genutzt hat. Für Parkplatzeigentümer ist diese Art der Bewirtschaftung eine Gratwanderung. Einerseits wollen sie Kunden nicht verschrecken, andererseits sehen sie sich gerade in belebten Innenstädten kaum in der Lage, dem Missbrauch wirksam entgegenzutreten. Oft bringt die freundliche Bitte, dass der Parkplatz nur für Kunden vorgesehen ist und eine Parkscheibe genutzt werden soll, nicht den gewünchten Effekt. Wenn sogar die kostenlose Verteilung von Parkscheiben an die Kunden keinen Erfolg hat, weil diese die Parkscheiben schlichtweg nicht benutzen, steigt nicht bloß die Frustration, vielmehr kann weder durchgesetzt noch kontrolliert werden, dass der Kundenparkplatz tatsächlich für Kunden zur Verfügung steht. Kunden, die einen Strafzettel erhalten haben, obgleich sie den Parkplatz als Kunde benutzt haben und die Dauer nicht überschritten haben, empfinden diese Art der Parkplatzbewirtschaftung oft als Abzocke und fühlen sich ungerecht behandelt, zumal die Strafzettel durch Inkassounternehmen hartnäckig geltend gemacht werden (z. B. DelPro GmbH). Zusätzlich zur ursprünglichen Forderung werden regelmäßig Mahnkosten, Zinsen, Geschäftsgebühren (§ 4 Absatz 5 RDGEG, Nr. 2300 VV RVG) und eine Postauslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) geltend gemacht. Damit wird die ursprüngliche Forderung mehr als verdreifacht, was auf die Betroffenen, wenn sie nicht schon vorher bezahlt haben, oft eine einschüchternde Wirkung hat.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Besitzer privater Parkplätze in AGB wirksam Regeln zur Benutzung aufstellen können. Diese können vorsehen, dass Nutzer Parkscheiben auszulegen haben und eine bestimmte Parkdauer nicht überschritten werden darf. Vertragsstrafen im Rahmen von 10 bis 30 Euro sind nicht zu beanstanden. Die Klauseln sind bei zureichender Formulierung nicht überraschend (§ 305c BGB) und verstoßen nicht gegen Klauselverbote (§§ 308 f. BGB). Für die Beurteilung der wirksamen Einbeziehung der AGB gelten die allgemeinen Regelungen, das heißt, dass eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme bestehen muss. Dazu ist es nicht notwendig, dass einzelne Bestimmungen im Vorbeifahren zur Kenntnis genommen werden können (vgl. § 305 Absatz 2BGB). Rechtlich wird die Pflicht zur Entrichtung der Vertragsstrafe daraus hergeleitet, dass zwischen dem Fahrzeugführer und dem Parkplatzbesitzer ein Vertrag abgeschlossen wird, bei dem das Angebot in Gestalt einer so genannten Realofferte in der Bereitstellung des Parkplatzes und die Annahme in der Benutzung des Parkplatzes besteht. Der Vertrag kommt daher zu den in den AGB bezeichneten Konditionen zustande. Das bedeutet auch, dass der Nutzer Kunde sein muss, eine Parkscheibe zu verwenden, ordnungsgemäß einzustellen und sichtbar zu platzieren hat. Erfüllt er diese Voraussetzungen nicht, verwirkt er die in den AGB vorgesehene Vertragsstrafe.
Spiegelbildlich bedeutet das, dass der Fahrzeughalter, wenn er das Fahrzeug nicht selbst geführt hat, nicht ohne Weiteres für die Vertragsstrafe haftbar gemacht werden kann. Einen solchen Fall hatte das Landgericht Kaiserslautern zu entscheiden (Urteil vom 27.10.2015 – 1 S 53/15): Das Gericht hatte über die Klage eines Parkplatzbewirtschafters zu entscheiden, die gegen den Halter eines Fahrzeugs erhoben worden war. Das Fahrzeug war unter Verstoß gegen die Parkplatzbestimmungen ohne Einlegen einer Parkscheibe abgestellt worden. Im Prozess machte der Kläger eine Vertragsstrafe in Höhe von 30 Euro geltend und behauptete, dass der Halter das Fahrzeug selbst abgestellt habe. Der Halter hat das substantiiert bestritten. Mit Erfolg: Das Gericht führte aus, dass zwar durch das Abstellen des Fahrzeugs eine Annahmeerklärung abgegeben worden ist. Wenn jedoch ein Dritter das Fahrzeug abgestellt hat, ist diese Erklärung dem Halter nicht zuzurechnen. Ein Vertrag sei deshalb allenfalls zwischen dem Fahrzeugführer und dem Kläger zustande gekommen. Für das Zustandekommen des Vertrags ist der Kläger voll beweisbelastet, ohne dass er sich auf Beweiserleichterungen stützen könnte. So spreche kein Anscheinsbeweis dafür, dass der Halter das Fahrzeug selbst geführt habe, da ein dafür notwendiger typischer Geschehensablauf fehle. Denn dass der Halter das Fahrzeug selbst nutze, sei nicht typisch. Vielmehr sei es üblich, dass Fahrzeuge von mehreren Personen genutzt werden. Ein Zahlungsanspruch kann auch nicht auf andere Grundlagen gestützt werden, so das Gericht: für einen Schadensersatzanspruch nach §§ 280, 242 BGB fehle es an einem Schuldverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten. Ein isolierter Auskunftsanspruch nach § 242 BGB kann zwar auch gegenüber Dritten bestehen, mit denen kein Schuldverhältnis zustande gekommen ist. Dies sei aber nur in Ausnahmefällen anzuerkennen, deren Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Auch unter dem Gesichtspunkt der “Halterhaftung” komme ein Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe nicht in Betracht. Eine Halterhaftung für Parkverstöße ist in § 25a StVG geregelt und bestimmt, dass der Halter eines Fahrzeugs unabhängig von einem Verschulden für Verfahrenskosten aufzukommen hat, wenn der Fahrzeugführer nach einem Parkverstoß im öffentlichen Raum nicht ermittel werden kann. Die unmittelbare Anwendung der Norm scheidet hier aus, da es hier nicht um Verfahrenskosten geht und der Parkverstoß nicht im öffentlichen Raum stattgefunden hat. Eine entsprechende Anwendung der Norm lehnt das Landgericht Kaiserslautern ab, da es an der dafür erforderlichen planwidrigen Regelungslücke fehle. Vielmehr habe sich der Gesetzgeber im Bereich des Zivilrechts gegen eine Halterhaftung entschieden und diese gesetzgeberische Differenzierung darf nicht durch eine analoge Anwendung von § 25a StVG unterlaufen werden. Das Fehlen einer zivilrechtlichen Halterhaftung sei auch nicht als gesetzgeberisches redaktionelles Versehen zu behandeln, was sich an § 7 StVG zeige, wonach die Halterhaftung für bestimmte Bereiche des Zivilrechts ausdrücklich vorgesehen sei, in anderen Bereichen daher nicht gelte. Auch unter deliktsrechtlichen Gesichtspunkten komme ein Anspruch nicht in Betracht: ein auf § 823 Absatz 1 BGB gestützter Anspruch durch positives Tun scheidet aus, da der Halter nicht selbst tätig geworden ist. Ein entsprechender Anspruch durch Unterlassen würde voraussetzen, dass der Halter eine Rechtspflicht zum Handeln gehabt hat. Daran fehlt es, da dem Halter keine Garantenstellung zukommt, sich eine Handlungspflicht nicht aus dem Gesetz ergibt und auch keine Handlungspflicht erkennbar ist, die auf vorangegangenes Verhalten zurückgeführt werden könnte. Kurzum: Der Halter haftet nicht, wenn er nicht selbst gefahren ist. Die Rechtsauffassung des Landgerichts Kaiserslautern wurde durch den Bundesgerichtshof bestätigt. Allerdings hat der BGH auch klargestellt, dass ein einfaches Bestreiten nicht ausreicht: Privatparkplatz-Knöllchen – keine Halterhaftung aber pauschales Bestreiten genügt nicht (BGH, Urt. v. 18.12.2019 – XII ZR 13/19).
Knapp zwei Monate nach dem Kaiserslauterner Urteil hat der Bundesgerichtshof zu Parkverstößen und der Haftung des Halters als Zustandsstörer geurteilt (BGH, Urteil vom 18.12.2015 – V ZR 160/14). Ändert sich hierdurch etwas an der fehlenden Verantwortlichkeit des Halters für Vertragsstrafen? Nein, es ändert sich nichts. Die BGH-Entscheidung ist im Hinblick auf die Ersatzfähigkeit der Kosten der Halteranfrage interessant (dort verneint), beinhaltet aber für die Frage der Haftung des Halters für Vertragsstragen keine neuen Ansatzpunkte. Zu beachten ist aber, dass der Parkplatzbesitzer gegen den Halter einen Unterlassungsanspruch haben kann. Dieser wird aber auf besitzrechtliche Anspruchsgrundlagen gestützt und hat mit der Vertragsstrafe, die nur auf Grundlage eines Vertrages verlangt werden kann, nichts zu tun.
Strategisch ergeben sich daher folgende Gesichtspunkte: Ein Vorgehen gegen einen privatrechtlichen “Strafzettel” ist dann erfolgversprechend, wenn der angeschriebene Halter das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Verstoßes tatsächlich nicht selbst genutzt hat, was individuell zu recherchieren und zu prüfen ist. Unabhängig vom Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen besteht kein Anspruch auf Erstattung von Mahnkosten und einer Geschäftsgebühr, wenn der Halter sogleich mitteilt, dass er den Anspruch nicht erfüllt, sondern nur auf Grundlage eines rechtskräftigen Urteils zahlen wird. In diesem Fall sind nämlich sowohl Mahnkosten als auch die vorgerichtliche Geschäftsgebühr nicht notwendig. Zu erstatten sind jedoch – sofern der Anspruch besteht – nur notwendige Kosten. Sofern der Halter das Fahrzeug nicht selbst gefahren hat, kann er bestreiten, selbst gefahren zu sein. Ein normales Bestreiten mit Nichtwissen (vgl. § 138 Absatz 4 ZPO) genügt aber nicht, da die Benutzung des Fahrzeugs ein im Geschäfts- und Verantwortungsbereich des Halter liegender Umstand ist.
Ein Muster-Widerspruch gegen die Aufforderung zur Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall, dass der Halter das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Verstoßes nicht selbst benutzt hat, finden Sie hier: Muster-Widerspruch.
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