Weihnachtsgeld auch bei Arbeitsunfähigkeit (BAG, Urt. v. 25.01.2023 – 10 AZR 116/22)

Hat der Arbeitgeber mehr als dreimal hintereinander Weihnachtsgeld gezahlt, muss er auch zukünftig ein Weihnachtsgeld zahlen. Dies gilt zumindest dann, wenn das Weihnachtsgeld nicht ausdrücklich unter Vorbehalt gezahlt oder an Bedingungen geknüpft wurde. Der auf dem Lohnzettel angegebene Zusatz „freiwillig“ genügt jedenfalls nicht. Und auch dass der Arbeitnehmer im betreffenden Jahr arbeitsunfähig war, lässt den Anspruch auf Weihnachtsgeld nicht entfallen. So geht es aus einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 25.01.2023 hervor (10 AZR 116/22).

Weihnachtsgeldzahlung mit Dezemberlohn

Die Lohnzahlung im Dezember wird in der Regel für viele Arbeitnehmer mit großer Freude erwartet. Zusammen mit dem Dezemberlohn erfolgt in vielen Betrieben nämlich die Auszahlung des Weihnachtsgeldes. Laufen die Geschäfte gut, kann sich der Arbeitnehmer auf eine jährliche Weihnachtsgeldzahlung verlassen. Während der Coronapandemie saß der Euro bei den meisten Unternehmen jedoch nicht mehr so locker. Die regelmäßige Zahlung des Weihnachtsgeldes fiel nun vielen Arbeitgebern auf die Füße. Nämlich dann, wenn aus der Zahlung des Weihnachtsgeldes eine sogenannte „betriebliche Übung“ geworden ist und der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf erworben hat.

Grundsatzurteil des BAG zum Weihnachtsgeld

In einem aktuellen Urteil des BAG ging es genau darum. Der Kläger ist seit ca. 20 Jahren bei der Beklagten beschäftigt. Im Jahr 2010 erhielt er das erste Mal mit der Lohnabrechnung im Dezember ein Weihnachtsgeld in Höhe von 400,- €. In den Folgejahren zahlte die Beklagte jedes Jahr im Dezember ein Weihnachtsgeld aus, zuletzt im Jahr 2017 in Höhe von 1.500,- € brutto. Auf der Lohnabrechnung fand sich der Hinweis „freiw. Weihnachtsgeld“. Weitere Regelungen oder Vereinbarungen zum Weihnachtsgeld gab es nicht.

Arbeitsunfähigkeit – Trotzdem Weihnachtsgeld?

Ab 2018 war der Kläger durchgängig arbeitsunfähig erkrankt. Weihnachtsgeld erhielt der Kläger nun nicht mehr. Da sich der Kläger aber weiterhin über ein Weihnachtsgeld gefreut hätte, erhob er Klage auf Zahlung von Weihnachtsgeld für die Jahre 2018, 2019 und 2020. Das Arbeitsgericht gab der Klage teilweise statt. Das Landesarbeitsgericht jedoch hob das Urteil auf und wies die Klage komplett ab. Nun entschied das BAG zu Gunsten des Klägers!

Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld besteht!

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld, auch in den Jahren 2018, 2019 und 2020. Denn die jahrelange Zahlung von Weihnachtsgeld führte zu einem Anspruch für die Zukunft. Es gilt der Grundsatz, dass bei einer mindestens dreimaligen Zahlung ohne Vorbehalt an die gesamte Belegschaft eine betriebliche Übung vorliegt. Dies gilt zumindest dann, wenn nicht besondere Umstände dagegensprechen oder der Arbeitgeber einen Bindungswillen für die Zukunft ausdrücklich ausgeschlossen hat, so das BAG. So verhält es sich hier.

Hinweis auf Freiwilligkeit genügt nicht

Allein der Zusatz „freiw. Weihnachtsgeld“ genügt nicht, um einen Bindungswillen für die Zukunft auszuschließen. Dies stellt das BAG in seiner Grundsatzentscheidung klar. Der Hinweis auf eine freiwillige Zahlung bedeutet nach dem Urteil des BAG lediglich, dass ein Anspruch eigentlich nicht besteht, weder nach dem Gesetz noch nach dem Arbeitsvertrag. Da die Beklagte die Zahlung des Weihnachtsgeldes zu einer betrieblichen Übung machte, ist auch ein Anspruch für die Zukunft entstanden, so das BAG.

Und auch die Arbeitsunfähigkeit des Klägers sprach nach Auffassung des BAG nicht gegen einen Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld. Denn das Weihnachtsgeld war nicht an die Arbeitsleistung geknüpft. Die betriebliche Übung ist als AGB auszulegen, so das BAG. Zweifel gehen zu Lasten des Verwenders, also der Beklagten. Das BAG wiest darauf hin, dass die betriebliche Übung somit dahingehend ausgelegt werden kann und muss, dass das Weihnachtsgeld als Sondervergütung nicht ausschließlich an die Arbeitsleistung geknüpft ist. Somit schließt die Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes nicht aus.

Im Hinblick auf die Höhe behauptete der Kläger, ab 2011 eine Zahlung in Höhe von jeweils 1.500,- € erhalten zu haben. Die Beklagte hatte dies während des Verfahrens nur unzureichend bestritten. Dies ging nun zu Lasten der Beklagten. Es war damit davon auszugehen, dass das Weihnachtsgeld ab 2011 jedes Jahr in dieser Höhe gezahlt wurde. Auch für die Zukunft ist damit ein Anspruch in dieser Höhe entstanden, so das BAG. Allerdings sprach das BAG dem Kläger nicht die volle Höhe zu, sondern stellte lediglich das Urteil aus der ersten Instanz wieder her. Das Arbeitsgericht hatte die Klage zu einem kleinen Teil abgewiesen. Gegen die Klagabweisung hatte der Kläger keine Berufung eingelegt. Sie ist somit rechtskräftig.

BAG, Urteil vom 25.01.2023 – 10 AZR 116/22

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