Wer eine Reise bucht, weiß in den meisten Fällen, was auf ihn zukommt. Verläuft die Reise dann anders als gebucht, kann der Reisende unter Umständen den Reisepreis mindern. Eine Minderung ist dann erlaubt, wenn ein Reisemangel vorliegt.
Was aber, wenn die Reise als eine sogenannte „Fahrt ins Blaue“ gebucht wird? Wenn die Reise dann nicht den Vorstellungen des Reisenden entspricht, ist dieser womöglich enttäuscht. Ein Reisemangel liegt dann aber noch lange nicht vor. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Veranstalter während der Reise ein konkretes Programm vorlegt, was aber so nicht eingehalten wird. In diesem Fall kann ein Reisemangel vorliegen, der zur Minderung des Reisepreise berechtigt.
In einem aktuell vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall ging es genau darum. Der Kläger hatte für sich und zehn weitere Personen bei einem Reisebüro eine Busreise gebucht. Das Besondere an dieser Busreise: Es sollte eine „Fahrt ins Blaue“ werden, sozusagen eine Überraschungsfahrt mit unbekanntem Ziel. Lediglich der Reisezeitraum stand fest. Alle waren ganz gespannt, auch der Kläger.
Bei der Abfahrt erhielten die Reisenden ihr Reiseprogramm: Es ging nach Hamburg! Neben einer Museumsführung und einer großen Hafenrundfahrt stand als Höhepunkt ein Musicalbesuch auf dem Programm. Als die Reisegruppe allerdings in Hamburg ankam, kam die Mitteilung, dass der Musicalbesuch leider ausfallen muss. Als Ersatz machte die Reisegruppe eine dreistündige Stadtrundfahrt.
Der Kläger, der sich nun schon auf das Musical gefreut hatte, wollte einen Teil des Reisepreises zurück und klagte, zunächst vor dem Amtsgericht. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Die Berufung vor dem Landgericht hatte allerdings Erfolg. Das Landgericht verurteilte den Reiseveranstalter zur Rückzahlung eines Teils des gezahlten Reisepreises. Es entschied, dass die Minderung des Reisepreises in Höhe von 15% gerechtfertigt ist. Aber der Reiseveranstalter sah das anders und legte Revision ein. Nun entschied der BGH:
Eine Minderung in Höhe von 15% ist gerechtfertigt! Denn durch Aushändigung des Reiseprogramms ist die „Fahrt ins Blaue“ konkretisiert worden. Der Inhalt des Reiseprogramms war nun die geschuldete Leistung. Hierzu zählte der Besuch des Musicals. Die ersatzweise durchgeführte Stadtrundfahrt konnte das Musical nicht ersetzen, so der BGH. Das Musical war ausdrücklich als Höhepunkt der Reise bezeichnet worden. Eine Stadtrundfahrt kommt da nicht mit. Daher lag nach Auffassung des BGH ein Reisemangel vor.
Und die vom Landgericht angenommene Minderungsquote von 15% war ebenfalls nicht zu beanstanden, so der BGH. Hier war der Wert des Musicals anzusetzen. Der Reiseveranstalter muss nun den zu viel gezahlten Reisepreis an den Kläger zurückzahlen.
Der BGH stärkt mit dieser Entscheidung erneut die Rechte der Reisenden. Die Minderung des Reisepreises wegen eines Reisemangels ist somit auch bei einer gebuchten „Fahrt ins Blaue“ möglich. Nämlich dann, wenn es eben keine „Fahrt ins Blaue“ mehr ist. Sobald der Reiseveranstalter ein Reiseprogramm vorlegt, ist dieses Inhalt der geschuldeten Reise. Auch wenn dies erst während der Reise geschieht. Fällt dann ein Programmpunkt weg, kann ein Reisemangel vorliegen, der zur Minderung des Reisepreises berechtigt. Wurde der Reisepreis bereits vollständig bezahlt, was meist der Fall ist, muss auf Rückzahlung des zu viel gezahlten Betrages geklagt werden. In welcher Höhe eine Minderung des Reisepreises gerechtfertigt ist, kann von Gericht zu Gericht unterschiedlich bewertet werden. Das Prozessrisiko liegt beim Reisenden, der unter Umständen eine langen Atem haben muss, so wie hier der Kläger.
BGH, Urteil vom 14.02.2023 – X ZR 18/22
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