Bei einer Quarantäneanordnung durch den Arbeitgeber ist dieser trotzdem verpflichtet, den Lohn zu zahlen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Mitarbeiter nicht wegen einer gesetzlichen Regelung quarantänepflichtig ist. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 10.08.2022 (5 AZR 154/22).
Geklagt hatte ein Mann, der Mitarbeiter eines Lebensmittelherstellers war. Im August 2020, somit bereits mitten in der Coronapandemie, reiste der Kläger wegen eines Todesfalls in der Familie in die Türkei. Die Türkei gehörte zum damaligen Zeitpunkt zu den vom Robert-Koch-Institut ausgewiesenen Risikogebieten.
Die zu diesem Zeitpunkt geltende Corona-Verordnung des Landes Berlin sah für Personen, die aus einem Risikogebiet einreisen, eine Quarantäne von 14 Tagen vor. Die Quarantäne galt nur dann nicht, wenn die Person symptomfrei war und einen negativen PCR-Test vorweisen konnte, der maximal 48 Stunden vor der Einreise gemacht wurde.
Das Unternehmen, bei dem der Kläger arbeitete, hatte ein eigenes Hygienekonzept erstellt. Hiernach galt ein generelles Betretungsverbot des Betriebsgeländes für 14 Tage im Falle einer Einreise aus einem Corona-Risikogebiet. Ausnahmen sah das Hygienekonzept nicht vor. Der Lohnanspruch sollte während dieser Zeit entfallen.
Der Kläger kehrte nun nach viertägigem Aufenthalt in der Türkei nach Deutschland zurück. Der unmittelbar vor der Ausreise durchgeführte PCR-Test war negativ. Und auch kurz nach der Ankunft machte der Kläger einen PCR-Test. Auch dieser war negativ. Coronasymptome hatte der Kläger nicht, was ihm auch sein Hausarzt attestierte.
Der Kläger wollte nun seinen Dienst wieder antreten. Allerdings verwies ihn sein Arbeitgeber auf das 14-tägige Betretungsverbot. Der Kläger durfte nicht zur Arbeit erscheinen und erhielt auch kein Geld.
Hiermit war der Kläger überhaupt nicht einverstanden. Immerhin standen ihm für die fragliche Zeit mehr als 1.500,- € Lohn zu.
Der Kläger erhob Klage und bekam vor dem Landesarbeitsgericht Recht. Das Unternehmen legte jedoch Revision ein, über die nun das BAG entschieden hat.
Das BAG entschied, dass dem Kläger der volle Lohn zusteht. Der Kläger hatte seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß angeboten. Das Betriebsverbot führte nach dem Urteil des BAG auch nicht zur Leistungsunfähigkeit des Klägers. Denn die Ursache zur Nichterbringung der Arbeitsleistung hatte hier das Unternehmen selbst gesetzt und nicht der Kläger, so das BAG.
Das BAG stellte klar, dass das Betretungsverbot ohne Fortzahlung des Arbeitsentgelts unbillig (§ 106 GewO) und somit unwirksam war. Den erforderlichen und angemessenen Schutz der Arbeitnehmer hätte das Unternehmen auch durch die Anordnung eines weiteren PCR-Tests erreichen können. Mit einem weiteren negativen PCR-Test wäre eine Corona-Infektion weitestgehend ausgeschlossen gewesen, so das BAG.
Eine Quarantänepflicht aus sonstigen Gründen kam ebenfalls nicht in Betracht. Nach der Corona-Verordnung des Landes Berlin war der Kläger eben trotz Einreise aus einem Risikogebiet nicht quarantänepflichtig. Er erfüllte sämtliche Voraussetzungen für die Ausnahme von der Quarantänepflicht, nämlich die Vorlage eines negativen PCR-Testergebnisses sowie eines ärztlichen Attestes über die Symptomfreiheit.
Das Unternehmen muss nun dem Kläger den vollen Lohn für die 14 Tage zahlen, immerhin knapp über 1.500,- €. Die Revision des Unternehmens wies das BAG zurück. Das Unternehmen muss zudem die kompletten Kosten des Rechtsstreits zahlen.
BAG, Urteil vom 10.08.2022– 5 AZR 154/22
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