Auch ein Lehrer mit Vorerkrankungen ist grundsätzlich verpflichtet, Präsenzunterricht zu erteilen. Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein (VG Schleswig-Holstein) lehnte den Antrag eines Lehrers ab, ihn vom Präsenzunterricht während der Corona-Pandemie zu befreien (12 B 52/20).
In dem Rechtsstreit ging es um einen Lehrer, der an einer Gemeinschaftsschule in Schleswig-Holstein unterrichtet. Der Lehrer ist verbeamtet und leidet unter diversen Erkrankungen, wie z.B. arterieller Hypertonie, Adipositas und Diabetes mellitus.
Mehrere ärztliche Atteste bescheinigen dem Lehrer ein erhöhtes Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs im Falle einer Coronainfektion. Anlässlich der Coronapandemie setzt die Gemeinschaftsschule ein spezielles Hygiene- und Schutzkonzept um. Diese soll die Ansteckungsgefahr unter Schülern und Lehrern reduzieren.
Der Lehrer war jedoch der Auffassung, dass er wegen seiner Vorerkrankungen vom Präsenzunterricht zu befreien ist. Die Schutzmaßnahmen an der Schute reichen jedenfalls nicht aus, ihn vor einer Ansteckung mit Corona zu schützen.
Der Lehrer beantragte beim VG Schleswig-Holstein den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Diese sollte seinem Dienstherrn untersagen, ihn zum Präsenzunterricht heranzuziehen. Der Lehrer wollte so lange nicht vor Ort unterrichten, bis die aus seiner Sicht erforderlichen Maßnahmen getroffen sind.
Das VG Schleswig-Holstein wies den Antrag des Lehrers jedoch zurück. Ein Anspruch auf Erlass einer solchen Anordnung hätte man bejahen können, wenn dem Lehrer trotz der ergriffenen Maßnahmen die Durchführung des Präsenzunterrichts unzumutbar gewesen wäre, so das VG Schleswig-Holstein. Dabei sind die Fürsorgepflicht des Dienstherrn und die beamtenrechtliche Einsatzpflicht des Lehrers miteinander abzuwägen.
Das VG weist in diesem Zusammenhang klar darauf hin, dass der Anspruch auf Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften dem Lehrer hier nicht das Recht gewährt, seinen Dienst in Form des Präsenzunterrichts zu verweigern. Dies wäre nach der Entscheidung des VG nur dann der Fall, wenn das Erbringen der Dienstleistung unzumutbar ist.
Hat der Dienstherr im Einzelfall ausreichende Maßnahmen zum Schutz vor einer Ansteckung getroffen, muss ein Dienstverweigerungsrecht ausgeschlossen sein, so das Gericht.
In dem hier entschiedenen Fall waren die zum Schutz vor einer Ansteckung getroffenen Maßnahmen ausreichend. Diese werden nach Auffassung des Gerichts den Anforderungen an die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gerecht.
Dies gilt nach der Entscheidung des VG Schleswig-Holstein auch in Anbetracht der Tatsache, dass der Lehrer zur sogenannten Risikogruppe gehört. Eine Betriebsärztin hatte die Atteste des Lehrers und das schulische Hygienekonzept geprüft und dieses als gut strukturiert und ausreichend angesehen. Lediglich die Lüftung im Obergeschoss wurde bemängelt. Dies soll aber kurzfristig durch Öffnung der Notfenster verbessert werden.
Der Lehrer hat jedenfalls keinen Anspruch darauf, in der Schule eine „Nullrisiko-Situation“ vorzufinden. Hierauf weist das Gericht hin. „Ein allumfassender Gesundheitsschutz während einer pandemischen Lage kann nicht sichergestellt werden“, so das Gericht.
In diesem Zusammenhang weist das VG Schleswig-Holstein auch darauf hin, dass Schulen Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne des § 33 Nr. 3 Infektionsschutzgesetzes sind. Und in einer solchen Gemeinschaftseinrichtung besteht bereits eine allgemeine Infektionsgefährdung in Bezug auf sämtliche Infektionskrankheiten. Eine Lehrkraft hat sich diesem Risiko aufgrund seiner Dienstleistungspflicht grundsätzlich auszusetzen, so das VG Schleswig-Holstein.
Der Dienstherr ist in dem hier entschiedenen Fall seinen Schutzpflichten jedenfalls hinreichend nachgekommen. Das VG Schleswig-Holstein wies daher den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück.
VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.10.2020 – 12 B 52/20
Wer sich nach getaner Arbeit duscht oder wäscht, kann hierfür unter Umständen Vergütung verlangen. Das…
Wer als Fahrgast in einem Linienbus mitfährt, sollte sich einen Sitzplatz suchen oder zumindest sehr…
Wer in einem Mehrfamilienhaus lebt, ist nicht immer glücklich mit seinen Nachbarn. Insbesondere wenn es…
Das Landessozialgericht Berlin–Brandenburg (LSozG Berlin-Brandenburg) stellte in einem aktuellen Urteil klar, dass ein Sturz während…
Der Verkauf eines angeblich „kerngesunden“ in Wirklichkeit aber kranken Hundes durch die Stadt Ahlen an…
Die Frage, ob ein Wegeunfall ein Arbeitsunfall ist, wird oft erst vor Gericht geklärt. Lehnt…