Bei Trennung der Eltern hat das Kind einen gesetzlichen Anspruch auf Umgang mit dem nun woanders lebenden Elternteil. Aus dem Umgangsrecht folgt zugleich die Pflicht des Elternteils, sich mit dem Kind zu treffen. Dies gilt auch, wenn der Elternteil den Umgang mit dem Kind verweigert. So geht es aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (OLG Frankfurt) vom 11.11.2020 hervor (3 UF 156/20).
Die Trennung der Eltern ist für Kinder oft besonders hart. Das Familienleben hat sein Ende und einer der beiden Elternteile zieht in den meisten Fällen aus der gemeinsamen Wohnung aus. Nicht selten folgen juristische Streitigkeiten um das Sorgerecht der Kinder oder darum, wer wann und wie oft die Kinder sehen darf.
Was aber ist, wenn ein Elternteil gar keinen Wert mehr auf den Kontakt zu seinen Kindern legt oder einen solchen womöglich ablehnt? Können die Kinder den Kontakt zu Mutter oder Vater einfordern?
Ja! So entschied das OLG Frankfurt am 11.11.2020 und stellte damit klar, dass auch die Kinder einen Anspruch auf Umgang mit dem jeweiligen Elternteil haben. Dies kann gerichtlich eingefordert werden, wenn sich Mutter oder Vater weigern, Kontakt zu ihrem Kind zu halten. Aus dem Umgangsrecht des Kindes folgt nämlich zugleich eine Umgangspflicht der Eltern, die notfalls eingeklagt werden kann.
In dem vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall ging es um den Vater dreier Söhne, der sich im Jahr 2017 von der Kindsmutter getrennt hatte. Mit der Trennung von der Mutter war aber leider auch die Trennung von den Kindern verbunden. Der Vater lehnte den Kontakt zu seinen Kindern von nun an ab.
Er fühlte sich persönlich überfordert, war beruflich stark ausgelastet, arbeitete nach eigener Aussage ca. 120 Stunden in der Woche und schlief nur 3-4 Stunden in der Nacht. Hinzu kam, dass er mit seiner neuen Lebensgefährtin ein weiteres Kind zu versorgen hat. Aus diesen Gründen sei es ihm nicht möglich, den Kontakt zu seinen drei Söhnen aufrecht zu halten.
Die drei Söhne litten unter der Situation und wünschten sich weiterhin den Kontakt zum Vater. Die Mutter legte Klage beim Amtsgericht ein, mit Erfolg. Das Amtsgericht verurteilte den Vater, einmal im Monat tagsüber Umgang mit seinen drei Söhnen zu haben. Aber der Vater verweigerte weiterhin den Kontakt zu seinen Kindern und legte gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde ein. Über die Beschwerde entschied nun das OLG Frankfurt.
Das OLG Frankfurt stellt klar: Ein getrennt lebender Kindesvater ist zum Umgang mit seinen Kindern verpflichtet, wenn dies dem Kindeswohl dient, und zwar auch gegen seinen ausdrücklich erklärten Willen! Denn auch Kinder haben ein Umgangsrecht und zwar ein Recht auf Umgang mit ihren Eltern. Hieraus ergibt sich eine Umgangspflicht der Eltern, so das Gericht.
Das Umgangsrecht des Kindes ergibt sich aus § 1684 Absatz 1 BGB. Dieser gesetzliche Anspruch auf Umgang mit den Eltern konkretisiert nach Auffassung des Gerichts die den Eltern nach dem Grundgesetz obliegende Aufgabe der Pflege und Erziehung ihres Kindes. Diese Pflicht besteht nicht allein gegenüber dem Staat, sondern auch unmittelbar gegenüber dem Kind, so das OLG Frankfurt.
Das OLG Frankfurt stellt auch klar, dass sich das Erziehungsrecht der Eltern grundsätzlich am Wohl des Kindes auszurichten hat. Und dem Wohl des Kindes kommt es grundsätzlich zugute, wenn es durch den Umgang die Möglichkeit erhält, eine persönliche Beziehung zu Vater und Mutter aufzubauen.
Die Verweigerung jeglichen Umgangs mit dem Kind bedeutet hingegen die Loslösung von einer persönlichen Bindung und stellt damit nach der Entscheidung des OLG die Vernachlässigung eines wesentlichen Teils der Erziehungspflicht dar.
In dem hier entschiedenen Fall geht das OLG davon aus, dass der Umgang des Vaters mit seinen drei Söhnen deren Wohl dient. Zumal die Kinder ausdrücklich den Kontakt zu ihrem Vater wünschen, so das Gericht. Aus diesem Grund ist der Vater zum Umgang mit seinen Kindern ausdrücklich verpflichtet.
Das Gericht führt in seiner Entscheidung aus, dass der vom Vater vorgetragenen persönlichen Überlastung dadurch Rechnung getragen wird, dass die Kontakte auf ein absolutes Minimum mit einmal im Monat ohne Übernachtung beschränkt worden sind.
Im übrigen, so das Gericht, sollten die vom Vater vorgetragenen Belange diesen eher zu einer Umstrukturierung seiner Prioritäten veranlassen, statt seiner Umgangspflicht weiterhin nicht nachzukommen.
Mit der Entscheidung des OLG Frankfurt bleibt dem Vater nun nichts anderes übrig, als seine drei Söhne einmal im Monat zu treffen. Für die Söhne bleibt zu hoffen, dass sich der Vater vielleicht doch wieder auf seine Vaterrolle besinnt, unabhängig von der Entscheidung des OLG Frankfurt.
OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.11.2020 – 3 UF 156/20
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