Gelingt es dem Vermieter nicht, die Mietsache in vermietetem Zustand zu angemessenen wirtschaftlichen Konditionen zu verwerten, besteht nach dem Gesetz die Möglichkeit einer Verwertungskündigung. Für diese in § 573 Absatz 2 Nummer 3 BGB vorgesehene Kündigungsmöglichkeit reicht es allerdings nicht, wenn der Vermieter die Wohnung teurer vermieten will. Vielmehr ist die Kündigung für andere Fälle gedacht. Zum Beispiel wenn eine vermiete Wohnung praktisch unverkäuflich ist oder wenn das Haus, in dem sich die Wohnung befindet, abgerissen werden soll, um dort ein neues Haus zu errichten.
In Gebieten mit angespannter Wohnsituation bestehen häufig Regelungen gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum. Diese oft als Verordnung vorgesehenen Bestimmungen sollen der Wohnungsknappheit entgegenwirken. Die Regelungen sollen sicherstellen, dass Wohnraum auch als solcher genutzt wird. Wer Wohnraum anders nutzen möchte, z. B. als Büro oder Verkaufsfläche, muss dafür eine Genehmigung einholen. Gleiches gilt für Fälle, in denen der Vermieter das Haus abreißen möchte. Der Abriss ist regelmäßig eine Zweckentfremdung im Sinne der Bestimmungen, denn der Wohnraum steht nach dem Abriss nicht mehr zur Verfügung. Der Abriss bedarf daher der Genehmigung nach der Zweckentfremdungsverordnung.
Mit einem Fall der Verwertungskündigung, weil der Vermieter den Abriss des Hauses plante, hatte sich das Amtsgericht München zu befassen (473 C 4290/19). Die Entscheidung wirft wichtige rechtliche Fragen auf zu den rechtlichen Voraussetzungen der Verwertungskündigung bei Abriss des Hauses.
Konkret ging es darum, ob eine Verwertungskündigung das Vorliegen einer Zweckentfremdungsgenehmigung voraussetzt oder ob eine solche Genehmigung während der Kündigungsfrist eingeholt werden kann. In der Rechtsprechung stehen sich zwei Positionen gegenüber.
Das Landgericht Mannheim vertritt die Auffassung, dass es ausreicht, wenn eine Zweckentfremdungsgenehmigung für den Abriss während der Kündigungsfrist eingeholt wird (4 S 100/03). Das Gericht stellt darauf ab, dass § 573 BGB keine Anforderungen an die rechtliche Zulässigkeit des Abrisses stellt. Für die Kündigung sei es daher egal, ob der Abriss baurechtlich oder zweckentfremdungsrechtlich genehmigt sei. Deshalb genüge es, wenn die Genehmigung noch vor Ablauf der Kündigungsfrist vorliegt. Das Landgericht Mannheim befindet sich mit dieser Auffassung allerdings in der Minderheit. Die meisten anderen Gerichte stellen strengere Anforderungen.
Nach der Auffassung der meisten anderen Gerichte und auch des Amtsgerichts München (473 C 4290/19) muss die Zweckentfremdungsgenehmigung bereits zum Zeitpunkt der Verwertungskündigung vorliegen. Die Regelungen gegen die Zweckentfremdung dienen dem Mieterschutz. Deshalb sei dem Interesse des Vermieters an der angemessenen Verwertung der Mietsache nur dann der Vorrang einzuräumen, wenn sich sein Vorhaben auch durchführen lässt. Das setzt das Vorliegen einer Zweckentfremdungsgenehmigung voraus.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Vermieter im Schreiben mit der Verwertungskündigung auf die vorliegende Zweckentfremdungsgenehmigung Bezug nehmen muss. Das heißt, dass der Vermieter im Kündigungsschreiben angeben muss, dass eine Zweckentfremdungsgenehmigung vorliegt (Aussteller, Datum, Aktenzeichen). Einige Juristen sehen das weniger streng und lassen es genügen, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung eine Zweckentfremdungsgenehmigung vorliegt.
In einigen Bundesländern bedarf der Abriss einer Baugenehmigung nach der Landesbauordnung. Das Vorliegen der Baugenehmigung ist indessen nicht Voraussetzung für eine wirksame Verwertungskündigung.
Anders verhält es sich aber mit der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung, die ebenso wie die Genehmigung für die Zweckentfremdung bereits zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegen muss.
AG München, Endurteil vom 15.05.2020 – 473 C 4290/19
LG Mannheim, Urteil vom 16.01.2004 – 4 S 100/03
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