Kündigt der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag, ist der Versicherungsgeber nicht verpflichtet, eine Kündigungsbestätigung zu übersenden. Im Falle einer Kündigung durch den Versicherungsnehmer trifft den Versicherungsgeber auch keine Pflicht, auf den Versicherungsstatus oder einen etwa fehlenden Versicherungsschutz hinzuweisen. Dies stellte das OLG Braunschweig in seinem Beschluss vom 02.09.2019 klar (11 U 103/18).
In dem hier entschiedenen Rechtsstreit hatte die Klägerin bei der Beklagten eine Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung für ihr Fahrzeug abgeschlossen. Noch im ersten Versicherungsjahr wollte die Klägerin die Versicherung wieder kündigen und übersandte der Beklagten ein entsprechendes Kündigungsschreiben mit Datum vom 19.11.2014 „zum Vertragsablauf“. Der Vertragsablauf datierte nach den Versicherungsunterlagen unstreitig auf den 27.06.2015.
Noch vor Ablauf des Vertragsverhältnisses erhielt die Klägerin von der Beklagten einen Nachtrag zur Kfz-Versicherung. In diesem Nachtrag wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Versicherungsverhältnis bei der Beklagten bis zum 27.06.2015 läuft.
Weitere Schreiben erhielt die Klägerin von der Beklagten nicht mehr. Insbesondere wurde von der Beklagten keine Kündigungsbestätigung übersandt. Auch die Versicherungsprämie hatte die Beklagte für die Zeit nach Ablauf der Versicherung nicht mehr eingezogen.
Im März 2016 kam es mit dem Fahrzeug der Klägerin zu einem Unfall. Die Klägerin war der Auffassung, dass der Versicherungsschutz bei der Beklagten noch bestehe und verlangte die Regulierung des Schadens. Eine Kündigungsbestätigung habe die Klägerin schließlich nicht erhalten. Sie sei auch sonst nicht von der Beklagten auf einen etwaigen fehlenden Versicherungsschutz hingewiesen worden, so dass wenigstens aus diesem Grund eine Zahlung der Beklagten zu erfolgen habe, so die Klägerin.
Da die Beklagte wegen des gekündigten Versicherungsvertrages jegliche Zahlungen ablehnte, erhob die Klägerin Klage vor dem zuständigen Landgericht. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Klägerin habe die Versicherung gekündigt, daher kommen keinerlei Zahlungsansprüche in Betracht. Die Klägerin legte daraufhin Berufung beim OLG Braunschweig ein.
Das OLG Braunschweig stellte in seinem Beschluss klar: Ansprüche der Klägerin kommen nicht in Betracht, da diese den Versicherungsvertrag wirksam gekündigt hat!
Auf die Zusendung einer Kündigungsbestätigung kommt es nicht an, so das OLG Braunschweig. Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit Zugang beim richtigen Erklärungsempfänger wirksam wird, § 130 BGB. Diese ist nach Zugang unwiderruflich, hierauf weist das OLG Braunschweig hin.
Das Zusenden einer Kündigungsbestätigung stellt insbesondere keine vertragliche Nebenpflicht dar. Nach Auffassung des OLG Braunschweig ist es „ureigene Aufgabe des Versicherungsnehmers, hinsichtlich der wirksamen Vertragsbeendigung für klare Verhältnisse zu sorgen und gegebenenfalls beim Versicherer nachzufragen”. Damit ist trotz fehlender Kündigungsbestätigung der Versicherungsvertrag wirksam gekündigt worden.
Nur wenn beide Vertragspartner vereinbaren, dass das Vertragsverhältnis wieder aufleben soll, kommt es zur Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses. Ganz augenscheinlich fehlt es an einer solchen Vereinbarung. Insbesondere in dem der Klägerin zugesandten Nachtrag kann eine solche Vereinbarung nicht gesehen werden, so das Gericht. In diesem Nachtrag wurde sogar explizit auf den Ablauf des Versicherungsvertrages hingewiesen.
Da das Versicherungsverhältnis vor dem Unfall aufgrund der Kündigung endete, kommen Zahlungsansprüche aus dem Versicherungsvertrag nicht in Betracht, so das OLG Braunschweig.
Auch die von der Klägerin behaupteten Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Aufklärung kamen nach Auffassung des OLG Braunschweig nicht in Betracht. Eine Pflicht zur Aufklärung über den Versicherungsstatus oder den etwaigen fehlenden Versicherungsschutz nach Kündigung bestand nicht, so das OLG Braunschweig. Eine solche Pflicht ergab sich weder aus den gesetzlichen Regelungen des VVG noch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben.
Etwaige Aufklärungspflichten können nach der Entscheidung des OLG Braunschweig nur bestehen, „soweit das Verhalten des Versicherungsnehmers und die Umstände des Einzelfalls Anlass zur Aufklärung bieten“. Solche Umstände lagen hier nicht vor. Die Klägerin hat selbst den Vertrag gekündigt. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Versicherungsnehmer weiß, dass eine Kündigung zum Ende des Versicherungsverhältnisses führt, so das OLG Braunschweig.
Im Nachtrag ist zudem explizit auf den Ablauf des Versicherungsvertrages hingewiesen worden. Hinzu kam die ausdrückliche Bezugnahme der Beklagten auf die Kündigung in der von ihr übersandten Beitragsabrechung. Spätestens hier hätte die Klägerin etwaigen Handlungsbedarf im Hinblick auf den auslaufenden Versicherungsschutz erkennen können und müssen, so das OLG Braunschweig.
Aus alledem folgt, dass die Beklagte etwaige Aufklärungspflichten nicht verletzt hat. Daher kamen Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht in Betracht, so das OLG Braunschweig.
OLG Braunschweig, Beschluss vom 02.09.2019 – 11 U 103/18
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