Ein zweieinhalb Jahre altes Pferd ist allein wegen seines Alters nicht mehr als neu, sondern als gebraucht anzusehen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Pferd vor dem Kauf bereits geritten oder sonst wie benutzt wurde. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 09.10.2019 hervor (VIII ZR 240/18).
Bei einem Kaufvertrag über Tiere sind nach § 90a BGB die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Dies hat der Gesetzgeber so vorgesehen. Handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf, bei dem ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft, gelten grundsätzlich die Vorschriften der §§ 474 ff. BGB. Sonderregelungen für Tiere hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen.
Nach den Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs kann bei gebrauchten Sachen die Gewährleistungsfrist auf ein statt zwei Jahre verkürzt werden. Eine kürzere Gewährleistungsfrist bei einem Kaufvertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher ist jedoch grundsätzlich nicht möglich.
Diese Vorschriften, die den Verbraucher schützen sollen, gelten jedoch nicht bei einer öffentlich zugänglichen Versteigerung gebrauchter Sachen, an der der Verbraucher persönlich teilnehmen kann. Dies folgt aus § 474 Absatz 2 Satz 2 BGB. In diesem Fall sind bei einer Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf z.B. drei Monate die allgemeinen Regeln, insbesondere AGB-Recht anzuwenden.
Wird bei einer öffentlich zugänglichen Versteigerung eines Pferdes durch Allgemeine Geschäftsbedingungen die Gewährleistungsfrist auf drei Monate verkürzt, ist dies zulässig, so der BGH. Dies gilt aber nur, wenn das Pferd als gebrauchte Sache einzuordnen ist. Denn dann gelten die besonderen Schutzvorschriften des Verbrauchsgüterkaufs nicht, §§ 474 Absatz 2 Satz 2 BGB.
Über einen solchen Fall hatte der BGH zu entscheiden. Insbesondere musste die Frage geklärt werden, ob ein zweieinhalb Jahre altes unbenutztes Pferd als gebrauchte Sache oder als neu anzusehen war. Diese Frage hatte der BGH bislang noch offen gelassen.
Geklagte hatte eine Dressurreiterin, die bei einer öffentlichen Versteigerung einen zu diesem Zeitpunkt knapp zweieinhalb Jahre alten Hengst für ca. 25.000,- € ersteigerte. Der Hengst war weder geritten, noch angeritten oder sonst wie benutzt worden. Der ärztliche Untersuchungsbericht ergab keine Auffälligkeiten.
Nach den Auktionsbedingungen sollte die Gewährleistungsfrist für Mängel lediglich drei Monate ab Übergabe betragen.
Nach der Übergabe brachte die Käuferin das Pferd in ihrem Stall unter. Sie versuchte zunächst, das Pferd an Sattel und Reitergewicht zu gewöhnen. Bereits hier zeigte sich das Pferd als besonders widersetzlich, schwierig und empfindlich. Das Pferd verbrachte dann mehrere Monate auf der Koppelweide. Die Käuferin versuchte, das Pferd sodann anzureiten, was jedoch nicht möglich war. Es stellte sich heraus, dass das Pferd für sie überhaupt nicht reitbar war.
Die Käuferin hatte nun kein Interesse mehr an ihrem Pferd und verlangte die Rückabwicklung vom Kaufvertrag. Sie behauptete zudem, dass das Pferd an einer Verkalkung im Nackenbereich litt und auch sonst körperlich nicht in einem einwandfreien Zustand war. Die Verkäuferin lehnte eine Rückabwicklung ab und berief sich auf die bereits abgelaufene dreimonatige Gewährleistungsfrist.
Daraufhin erhob die Käuferin Klage beim zuständigen Landgericht, ohne Erfolg. Das Landgericht ging davon aus, dass die Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf drei Monate nicht zu beanstanden war. Da diese abgelaufen ist, können Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend gemacht werden. Die Klägerin legte Berufung beim Oberlandesgericht ein. Auch das Oberlandesgericht folgte der vom Landgericht vertretenen Auffassung. Schließlich wandte sich die Klägerin mit ihrer Revision an den BGH.
Der BGH bestätigte: Die Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf drei Monate war zulässig! Insbesondere waren die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs gemäß § 474 Absatz 2 Satz 2 BGB nicht anzuwenden, so der BGH. Denn bei dem Pferd handelte es sich um eine gebrauchte Sache, die bei einer öffentlich zugänglichen Versteigerung erworben wurde.
Der BGH hat sich in dieser Entscheidung erstmals mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein im Prinzip „unbenutztes“ Tier allein aufgrund seines Alters als gebraucht und nicht mehr als neu anzusehen ist. Diese Frage hat der BGH bejaht.
Allein der Ablauf einer gewissen Zeitspanne ab Geburt des Tieres kann demzufolge dazu führen, dass das Tier nicht mehr als neu anzusehen ist, so der BGH. Grund hierfür ist, dass Tiere ab einem bestimmten Alter ein rein altersbedingt erhöhtes Sachmangelrisiko aufweisen. Hierauf weist der BGH in seiner Entscheidung hin. Dies gilt nach Auffassung des BGH unabhängig davon, welchem Zweck das Tier dienen soll oder ob es schon verwendet wurde.
Der BGH hatte bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2006 entschieden, das der Zeitablauf nicht von Bedeutung ist, solange das Tier noch jung ist.
Dies ist jedoch bei einem zum Zeitpunkt des Verkaufs zweieinhalb Jahre alten Pferd nicht mehr der Fall, so der BGH in seiner aktuellen Entscheidung.
Der BGH begründet diese Auffassung mit Erfahrungswerten aus anderen Prozessen, in denen aus sachverständigen Gutachten hervor geht, dass ein Hengst in diesem Alter schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt ist. Es hat daher über einen nicht unerheblichen Zeitraum eine eigenständige Entwicklung vollzogen und ist seit längerem geschlechtsreif.
Allein mit der Geschlechtsreife, die bei einem Hengst spätestens mit Vollendung des zweiten Lebensjahres eintrete, erhöhe sich aufgrund der biologischen Veränderungen das Mängelrisiko beträchtlich. Hierauf weist der BGH in seiner Entscheidung hin.
Aufgrund des erhöhten Sachmängelrisikos bei einem zweieinhalb Jahre alten Hengst ist dieser nicht mehr als neu, sondern als gebraucht einzustufen, so der BGH. So war es auch zutreffend zuvor vom Berufungsgericht entschieden worden.
Damit ist die Vorschrift des § 474 Absatz 2 Satz 2 BGB anzuwenden und die Anwendung der Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf ausgeschlossen. Dies geht aus der Entscheidung des BGH hervor.
Damit kommen die allgemeinen Vorschriften, insbesondere die Regelungen über die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zur Anwendung. Aber auch hier entschied der BGH: Die Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf drei Monate in den Auktionsbedingungen verstößt nicht gegen AGB-Recht., §§ 307 ff. BGB.
Ansprüche auf Ersatz eines Körper- und Gesundheitsschadens wegen eines vom Verkäufer zu vertretenden Mangels sind von der Befristung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Dasselbe gilt für Ansprüche wegen groben Verschuldens. Auch im Übrigen verstoße die Klausel nicht gegen geltendes AGB-Recht, so der BGH.
Da die dreimonatige Gewährleistungsfrist wirksam vereinbart wurde, standen der Käuferin keine Gewährleistungsansprüche mehr zu. Aus diesem Grund kam auch ein Rücktritt vom Kaufvertrag nicht mehr in Betracht.
BGH, Urteil vom 09.10.2019 – VIII ZR 240/18
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