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Kindergeldanspruch bei Aufnahme eines volljährigen Kindes in den eigenen Haushalt (FG Hamburg, Urt. v. 04.01.2018– 6 K 36/17)

Lebt ein volljähriges Kind zusammen mit einem Elternteil in einer Wohnung und bewohnt es dort sein altes Kindeszimmer, ist grundsätzlich von einer Haushaltsaufnahme auszugehen. Das Kindergeld steht dann dem in der Wohnung lebenden Elternteil zu. Nur wenn besondere Umstände hinzukommen, die für eine bloße Wohngemeinschaft sprechen, liegt keine Haushaltsaufnahme vor. Dies stellte das Finanzgericht Hamburg (FG Hamburg) in seinem Urteil vom 04.01.2018 klar (6 K 36/17).

Kindergeldanspruch für volljähriges Kind

Auch für ein volljähriges Kind besteht unter bestimmten Voraussetzungen noch ein Anspruch auf Kindergeld, so zum Beispiel während der Ausbildung oder der Wartezeit bis zur Ausbildung. Zeitliche Obergrenze ist dann jedoch grundsätzlich die Vollendung des 25. Lebensjahres. Lebt das Kind bei einem Elternteil und zahlt der andere Elternteil dem Kind Unterhalt, kommt es häufig zu Streit, wem das Kindergeld zusteht. Einen solchen Fall hatte das FG Hamburg zu entscheiden.

Volljähriges Kind lebt bei einem Elternteil im alten Kinderzimmer

Geklagt hatte der Vater einer mittlerweile volljährigen Tochter, die jedoch in Großbritannien bei ihrer Mutter lebte. Die Tochter bewohnte dort ihr altes Kinderzimmer. Nach Schulabschluss erkrankte die Tochter und begab sich während der Erkrankung in eine Klinik in Deutschland. Nach Besserung ihres Gesundheitszustandes kehrte sie zu ihrer Mutter in die Wohnung zurück und bewohnte dort wieder ihr altes Kinderzimmer. Der Vater zahlte während dieser Zeit an seine Tochter Unterhalt.

Anderer Elternteil zahlte Unterhalt

Er war nun der Auffassung, dass ihm das Kindergeld zustehe und verlangte von der beklagten Behörde die Auszahlung des Kindergeldes an ihn. Die Beklagte lehnte dies ab, da sie von einer Haushaltsaufnahme der Tochter durch die Mutter ausging. Damit sei allenfalls die Mutter, nicht jedoch der Vater anspruchberechtigt. Der Vater erhob darauf hin Klage beim FG Hamburg.

Entscheidung des FG Hamburg

Das FG Hamburg wies die Klage ab. Nach dem Urteil des FG Hamburg war unabhängig von der Frage, ob ein Kindergeldanspruch in Großbritannien besteht, der Vater jedenfalls nicht anspruchsberechtigt.

Haushaltsaufnahme nach § 64 Absatz 2 EStG

Ein Kindergeldanspruch für das volljährige Kind besteht bei einer Haushaltsaufnahme gemäß § 64 Absatz 2 Satz 1 EStG. Hiernach ist von einer Haushaltsaufnahme auszugehen, „ wenn das Kind in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis aufgenommen worden ist“.

Aufenthalt – Nicht nur Besuch

Die Aufenthalte dort dürfen nicht nur Besuchscharakter, sondern müssen einen zeitlich bedeutsamen Umfang haben, so das FG Hamburg. Darüber hinaus muss eine sowohl materielle als auch immaterielle Versorgung durch den in der Wohnung lebenden Elternteil gegeben sein. Hierauf weist das FG Hamburg hin.

Keine bloße Wohngemeinschaft

Diese Voraussetzungen liegen hier nach dem Urteil des FG Hamburg vor. Die Tochter lebte in der Wohnung ihrer Mutter in ihrem alten Kinderzimmer. Insbesondere ist nach Auffassung des Gerichts auch nicht von einer Wohngemeinschaft auszugehen. Wenngleich der Vater behauptete, für die Tochter bestehe ein eigenes Mietverhältnis, hat er einen entsprechenden Mietvertrag trotz Aufforderung durch das Gericht nicht vorgelegt. Eine Wohngemeinschaft mit eigenem Mietvertrag der Tochter hat der Kläger jedenfalls nicht nachgewiesen.

Keine Unterbrechung durch Krankenhausaufenthalte

Eine Haushaltsaufnahme durch die Mutter ist auch nicht aufgrund der Krankenhausaufenthalte unterbrochen worden, denn diese waren von Anfang an nur als vorübergehend geplant. Hierauf weist das FG Hamburg hin.

Materielle und immaterielle Betreuung bei Haushaltsaufnahme

Das FG Hamburg geht auch davon aus, dass eine Betreuung der Tochter durch ihre Mutter erfolgt ist, sowohl materiell als auch immateriell.

Wenn eine 19jährige nach einem Klinikaufenthalt in den elterlichen Haushalt zurückkehrt, ist nach Auffassung des Gerichts davon auszugehen, dass diese in ihr gewohntes Umfeld zurückkehren möchte. Es ist in diesem Fall, insbesondere unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Probleme der Tochter auch davon auszugehen, dass diese zu Hause von ihrer Mutter betreut wurde.

Materielle Betreuung, auch wenn anderer Elternteil Unterhalt zahlt

Auch von einer materiellen Betreuung durch die Mutter war in diesem Fall auszugehen, so das FG Hamburg. Die Tatsache, dass der Vater an seine Tochter Unterhalt gezahlt hat, ändert hieran nichts. Hierauf weist das FG Hamburg hin. Es ist nicht vorgetragen, dass die Mutter aufgrund der Unterhaltszahlungen des Vaters überhaupt keinen materiellen Unterhalt leistete.

Naturalunterhalt möglich

Insbesondere kann die Mutter auch durch Naturalunterhalt ihren Unterhaltspflichten nachgekommen sein, so das FG Hamburg. Nach Auffassung des FG Hamburg ist nicht ersichtlich, dass die Mutter überhaupt keinen materiellen Unterhalt geleistet haben soll.

Kindergeldanspruch bei Haushaltsaufnahme

Die Voraussetzungen für eine Haushaltsaufnahme durch die Mutter gemäß § 64 Absatz 2 Satz 1 EStG lagen nach dem Urteil des FG Hamburg vor. Mit Vorliegen einer Haushaltsaufnahme war der Mutter im Hinblick auf den Kindergeldanspruch eine Vorrangstellung einzuräumen. Denn gemäß § 64 Absatz 1 EStG ist das Kindergeld nur an einen Berechtigten auszuzahlen. Hierauf weist das FG Hamburg hin.

Kein Kindergeldanspruch des Vaters

Damit war der Vater jedenfalls nicht anspruchsberechtigt, trotz des von ihm gezahlten Unterhaltes. Seine Klage hatte keinen Erfolg und wurde daher vom FG Hamburg abgewiesen.

FG Hamburg, Urteil vom 04.01.2018 – 6 K 36/17

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