Wer als Hinterbliebener das Grab eines Verstorbenen gestalten darf, richtet sich nach dem maßgeblichen Willen des Verstorbenen. Wer hiernach das Totenfürsorgerecht inne hat, darf von Dritten das Unterlassen des Grabschmückens verlangen. So entschied der BGH (Bundesgerichtshof) in seinem Urteil vom 26.02.2019 (VI ZR 272/18).
Die Tochter eines Verstorbenen sollte nach dem ausdrücklichen Willen ihrer Eltern im Falle des Todes die Auswahl und Pflege der Grabstätte übernehmen. Als der Vater verstarb, ließ die Tochter ihn auf einem Friedhof in einer Baumgrabstätte bestatten. Die Fläche dort ist einheitlich bepflanzt und durch einen zweireihigen Kreis von Pflastersteinen eingegrenzt.
Nach der Friedhofsordnung war das Ablegen von Gegenständen innerhalb der bepflanzten Grabanlagen nicht gestattet. Lediglich die Ablage von Blumen auf der dafür vorgesehenen Fläche vor der jeweiligen Grabstätte war erlaubt.
Die Enkelin des Verstorbenen und zugleich Nichte der Tochter gestaltete die Grabstätte eigenmächtig nach ihren Vorstellungen. Sie legte sowohl auf der einheitlich bepflanzten als auch auf der gepflasterten Fläche diverse Gegenstände ab. Es handelte sich im Einzelnen um zwei Topfschalen, eine Steckvase, dreizehn Messingrosen, zwei Topfpflanzen, hochwertige Kunststoffblumen, ein rotes Holzherz, zwei weiße Herzen, fünf Keramikübertöpfe, ein Weihnachtsherz, eine Laterne und drei Dekorationsengel.
Die Tochter des Verstorbenen forderte ihre Nichte über einen Rechtsanwalt auf, die auf dem Grab abgelegten Gegenstände zu entfernen und es zukünftig zu unterlassen, Gegenstände auf dem Grab abzulegen. Die Enkelin sollte eine entsprechende Unterlassungserklärung abgeben.
Da sie dies nicht tat, erhob die Tochter des Verstorbenen gegen ihre Nichte Klage auf Unterlassung und Zahlung der entstandenen Rechtsanwaltskosten.
Das zuständige Amtsgericht wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil gab das Landgericht der Klägerin überwiegend Recht. Das Landgericht bejahte einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen ihre Nichte. Die Rechtsanwaltskosten waren zum großen Teil von der Nichte zu erstatten, so das Landgericht.
Die Nichte war damit nicht einverstanden und legte Revision beim BGH ein.
Der BGH wies die Revision zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts zu Gunsten der Tochter.
Nach dem Urteil des BGH war die Klägerin totenfürsorgeberechtigt. Das Totenfürsorgerecht ist nach dem Urteil des BGH als sonstiges Recht nach § 823 Absatz 1 BGB anzusehen. Der Klägerin steht nach § 1004 Absatz 1 Satz 2 BGB analog ein Unterlassungsanspruch gegen ihre Nichte zu, so der BGH.
Dass die Klägerin das alleinige Totenfürsorgerecht hat, ergibt sich aus dem unbestrittenen Vortrag, wonach sie im Todesfall ihrer Eltern Auswahl und Pflege der Grabstätten übernehmen soll.
„Beherrschender Grundsatz des Totenfürsorgerechts ist die Maßgeblichkeit des Willens des Verstorbenen“, führt der BGH in seinem Urteil unter Verweis auf die bereits dazu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 26.2.1992, XII ZR 58/91). Der Verstorbene kann nicht nur die Art und Weise seiner Bestattung bestimmen, sondern auch die Person, die sich um die Wahrnehmung seiner Belange kümmern soll. Hierauf weist der BGH hin. Diese Person sollte in diesem Rechtsstreit unstreitig nur die Klägerin sein. Ihr allein stand daher das Totenfürsorgerecht zu.
Das Totenfürsorgerecht umfasst das Recht, für die Bestattung zu sorgen. Dies schließt nach dem Urteil des BGH die Bestimmung des Erscheinungsbildes einer Grabstätte ein. Auch das Einhalten der Gestaltungsregeln der Friedhofsordnung zählt in jedem Fall dazu, so der BGH. Gegen diese Regeln hatte die Nichte mit dem Ablegen der Gegenstände verstoßen.
Darüber hinaus widersprach die Dekoration des Grabes unstreitig auch dem Willen des Verstorbenen, wonach das Grab naturbelassen gestaltet werden sollte.
Die Klägerin hatte daher gegen ihre Nichte einen durchsetzbaren Unterlassungsanspruch in Bezug auf das Ablegen von Gegenständen auf der Grabstätte.
Der BGH ging auch von einer für den Unterlassungsanspruch erforderlichen Widerholungsgefahr aus. Diese sei durch das rechtsverletzende Verhalten der Nichte indiziert.
Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen ihre Nichte war nach dem Urteil des BGH gegeben. Die Nichte darf nun auf dem Grab ihres Großvaters keine Gegenstände mehr ablegen.
BGH, Urteil vom 26.02.2019 – VI ZR 272/18
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