Im Verwaltungsverfahren gibt es zahlreiche Möglichkeiten der Akteneinsicht In Verwaltungsakten. Verfahrensbeteiligte können Akteneinsicht nach § 29 VwVfG verlangen. Auch unbeteiligten Dritten steht das Recht zu nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) und dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG).
Diese weit reichenden Rechte sind Vorhabenträgern oft ein Dorn im Auge. Sie befürchten, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse preisgegeben werden und wollen verhindern, dass Konkurrenten von ihrem Know-How profitieren.
Zu Konflikten kommt es besonders bei Verfahren nach dem Bundes-Immissionschutzgesetz (BImSchG). Dabei geht es um die Zulassung von Anlagen und regelmäßig um viel Geld. Vorhaben, die nach dem BImSchG genehmigt werden, sind z. B. Windenergieanlagen oder Fabriken (4. BImSchV).
Über den Versuch, eine Akteneinsicht zu verhindern, hatte das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) zu entscheiden (5 L 57/19). Ein Nachbar hatte gegen eine Genehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage auf einer angrenzenden Fläche Widerspruch erhoben und Akteneinsicht beantragt. Der Windmüller wollte das verhindern. Beim Gericht beantragte er den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Behörde die Gewährung von Akteneinsicht untersagt werden sollte. Der Antrag hatte keinen Erfolg.
Die Frankfurter Verwaltungsrichter hielten es zwar für möglich, eine solche Untersagung im einstweiligen Rechtsschutz zu erlassen (§ 123 VwGO). Der Windmüller konnte aber den dafür notwendigen Anspruch nicht glaubhaft machen.
Dem Nachbarn steht ein Akteneinsichtsrecht nach § 29 VwVfG zu, weil er Verfahrensbeteiligter ist. Zwar ist er als Widerspruchsführer nicht Beteiligter im Sinne von § 13 VwVfG, allerdings wird durch das Widerspruchsverfahren ein neues Verwaltungsverfahren begonnen, an dem er beteiligt ist.
Nach § 29 Absatz 2 Satz 1 VwVfG können Beteiligte Einsicht in Akten verlangen, soweit
„… deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist.“
§ 29 Absatz 2 Satz 1 VwVfG
Diese Voraussetzungen lagen bei dem Nachbarn vor. Die Durchführung des Widerspruchsverfahrens setzt nämlich die Kenntnis der Akten voraus. Denn erst durch die Akten wird der Nachbar in die Lage versetzt, seine eigene rechtliche Betroffenheit zu erkennen und die Erfolgsaussichten zu prüfen.
Die Einwände des Windmüllers ließ das Gericht nicht gelten. Dieser hatte geltend gemacht, dass der Nachbar kein Interesse an der Einsichtnahme in naturschutzfachliche Gutachten habe, weil es darin um Naturschutz gehe und nicht um Nachbarbelange. Dem hielt das Gericht entgegen, dass Aspekte des Naturschutzes sehr wohl zur Verfolgung von Nachbarinteressen eine Rolle spielen. Nachbarn können nämlich nach dem UmwRG unter anderem Verstöße gegen UVP-Recht geltend machen (§ 4 Absatz 3 UmwRG).
Ein Geheimhaltungsanspruch des Windmüllers kann sich allenfalls aus § 30 VwVfG ergeben. Danach haben Beteiligte
„Anspruch darauf, dass ihre Geheimnisse, insbesondere die zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisse sowie Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden.“
§ 30 VwVfG
Solche schutzwürdigen Geheimnisse erkannte das Gericht hier nicht. Urheberrechte seien nicht verletzt, denn § 45 UrhG gestattet gerade die Vervielfältigung und Nutzung von Werken in behördlichen Verfahren. Soweit die Unterlagen Anhaltspunkte für die Werthaltigkeit und über den Ertrag sowie die Vertragsparteien der Nutzungsverträge enthalten, sei daraus kein Unterlassungsanspruch herzuleiten, weil diese Daten von der Behörde, wie angekündigt, geschwärzt werden.
VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 04.04.2019 – 5 L 57/19
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