Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied in seinem Urteil vom 28.06.2018 über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen Arbeitsverweigerung (2 AZR 436/17).
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 2006 als Angestellte beschäftigt. Sie war zunächst als Sachgebietsleiterin für den Bereich „technische Dokumentation“ eingesetzt. In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu Konflikten zwischen der Klägerin und ihren Mitarbeitern. Selbst eine Mediation brachte keine Besserung. Im Jahr 2012 entzog die Beklagte der Klägerin die Sachgebietsleitung. Die Klägerin sollte in eine andere Abteilung versetzt werden. Gespräche hierüber blieben jedoch erfolglos.
Die Konflikte hielten jedoch an. Fünf Mitarbeiter des Sachgebiets baten daraufhin im Jahr 2014 um die räumliche Versetzung der Klägerin. Die Beklagte wies der Klägerin ein neues Büro im Haus einer ehemaligen Kanalbetriebsstation zu. Dieses Haus befand sich in einer anderen Straße. Es war in einem stark renovierungs- bzw. sanierungsbedürftigen Zustand. Die Klägerin wurde beauftragt, unter anderem für dieses Haus die Gebäudesubstanz zu bewerten.
Das neue Büro der Klägerin war mit dem bisherigen Büro nicht vergleichbar. Es befanden sich darin unter anderem ein Schreibtisch und ein einfacher Holzstuhl. Die Klägerin sollte nach Anweisung der Beklagten ihr neues Büro zunächst einrichten und technisch ausstatten. Kein anderer Raum in diesem Gebäude wurde dauerhaft als Büro genutzt. Eine Stempeluhr befand sich in dem Gebäude nicht. Daher sollte die Klägerin Dienstantritt und Dienstende per E-Mail dem Sekretariat ihrer Abteilung melden.
Die Klägerin verweigerte die Arbeit. Sie fand ihre Tätigkeit nicht vertragsgerecht. Zudem wies sie auf die mangelhafte Büroausstattung hin. Daraufhin erhielt die Klägerin mehrere Abmahnungen. Abgemahnt wurde sie für ihre Arbeitsverweigerung und für das nicht erfolgte An- und Abmelden per E-Mail. Die Beklagte beschloss sodann, der Klägerin zu kündigen. Der Personalrat wurde angeört und stimmte zu.
Die Klägerin erhielt im August 2014 die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses.
Sie erhob Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht. Das Arbeitsgericht gab der Klägerin Recht.
Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Die Beklagte legte Revision beim BAG ein.
Hierüber hatte das BAG nun zu entscheiden.
Das BAG hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf.
Es verwies den Rechtsstreit zurück an das Landesarbeitsgericht.
Nach Entscheidung des BAG war das Urteil des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerhaft. Dies bedeutet zunächst ein Teilerfolg für die Beklagte als Arbeitgeberin. Eine endgültige Entscheidung traf das BAG nicht.
Das Landesarbeitsgericht muss erneut über die Kündigung entscheiden. Bei der Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des BAG zu beachten.
Das Landesarbeitsgericht hatte zuvor entschieden, dass die Klägerin den Weisungen der Beklagten nicht nachkommen musste. Sie hat damit auch keine vertraglichen Pflichten verletzt. Diese Auffassung ist rechtsfehlerhaft, so das BAG.
Grundsätzlich kann die beharrliche Arbeitsverweigerung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Hierauf weist das BAG in seinem Urteil hin. Dies gilt sowohl für die Verweigerung der geschuldeten Arbeitsleistung als auch für vertragliche Nebenpflichten (BAG, Urt. v. 19.1.2016 – 2 AZR 449/15).
In diesem Fall hat das Landesarbeitsgericht die Interessen der Beklagten an einer Umsetzung der Klägerin nicht ausreichend gewürdigt, so das BAG. Insbesondere war zu berücksichtigen, dass die räumliche Versetzung der Klägerin einen Bezug zu ihrer neuen Aufgabe hatte. Die Klägerin sollte die Substanz unter anderem des Gebäudes bewerten, in dem sich ihr neues Büro befand. Mit der Versetzung in dieses Gebäude sollten nach Ansicht der Beklagten Wegezeiten vermieden werden. Hiermit hat sich das Landesarbeitsgericht gar nicht befasst, so das BAG.
Darüber hinaus hätte sich das Landesarbeitsgericht mit der Frage befassen müssen, ob die Versetzung in ein anderes Gebäude wirklich geboten war. Auch dies ist nicht erfolgt, so das BAG. Fünf Mitarbeiter wandten sich mit einem Schreiben an die Beklagte. In diesem Schreiben wurden Einzelheiten der Konfliktsituation vorgetragen. Es bestand daher nach Auffassung des BAG erheblicher Anlass zu prüfen, ob die räumliche Versetzung zur Auflösung der Konflikte geboten war.
Das Landesarbeitsgericht ist zudem rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, das neue Büro sei aus Gründen der Arbeitssicherheit oder des Gesundheitsschutzes unzumutbar gewesen. Weder die vorgelegten Fotos noch ein Schreiben des Gewerbeaufsichtamtes belegen eine Unzumutbarkeit, so das BAG.
Rechtsfehlerhaft war nach Auffassung des BAG auch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, die der Klägerin zugewiesene Tätigkeit sei nun „unterwertig“. Über die der Klägerin zugewiesene Tätigkeit konnte die Beklagte im Rahmen ihres Direktionsrechts entscheiden, so das BAG.
Aus den oben dargestellten Gründen war das Urteil des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerhaft. Das BAG hob daher das Urteil.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.06.2018 – 2 AZR 436/17
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