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Fahrverbot wegen 32 km/h zu schnell auch bei nur kurzzeitiger Überschreitung aufgrund Überholens (OLG Bamberg, Beschl. v. 12.02.2018 – 2 Ss OWi 63/18)

Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 32 km/h innerorts rechtfertigt regelmäßig die Verhängung eines Fahrverbots (§ 25 Absatz 1 Satz 1, 1. Variante StVG, § 4 Absatz 1 Nummer 1 BKatV).

Das Oberlandesgericht Bamberg hatte darüber zu entscheiden, ob von einem Fahrverbot ausnahmsweise einmal abgesehen werden kann, wenn die Überschreitung der Geschwindigkeit nur kurzzeitig erfolgte, weil der Fahrer einen Bus überholt hat. Hinzu kam, dass es sich um eine schnurgerade übersichtliche und breite Fahrbahn ohne angrenzende Wohnbebauung und ohne Fußgängerverkehr handelte.

Dem Fahrer wurde von der Verwaltungsbehörde ein Bußgeld in Höhe von 240 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot auferlegt (§ 25 Absatz 2a StVG). Hiergegen wandte sich der Fahrer und bekam beim Amtsgericht teilweise Recht: Das Amtsgericht bestätigte zwar die Höhe des Bußgelds, hob aber das Fahrverbot auf. Als Begründung führte das Amtsgericht aus, dass die Verhängung eines Fahrverbots neben der objektiven Gefährlichkeit des Verstoßes ein gesteigert nachlässiges oder gleichgültiges Verhalten voraussetze. Diese Voraussetzungen sah das Amtsgericht nicht als gegeben an, vielmehr handelte es sich bei der nachfolgenden Strecke um eine Pass-Straße mit weitläufigem Überholverbot, sodass das Überholen an einer übersichtlichen Stelle keine gesteigerte Fahrlässigkeit zum Ausdruck bringt. Auch objektiv wertete das Amtsgericht zugunsten des Fahrers, dass es sich um eine übersichtliche Stelle gehandelt hat und dass keine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer oder Fußgänger habe eintreten können. Das Amtsgericht hielt es daher für angemessen, in diesem Fall von einem Fahrverbot abzusehen. Damit gab sich aber die Staatsanwaltschaft nicht zufrieden und erhob eine Rechtsbeschwerde zum OLG Bamberg. Mit Erfolg.

Das OLG Bamberg hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf und verwies die Sache zur abermaligen Verhandlung an das Amtsgericht zurück. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts halten die Ausführungen des Amtsgerichts zum Absehen vom Fahrverbot einer Überprüfung nicht stand. Richtig sei zwar, dass ein Fahrverbot nicht zwingend zu verhängen sei, sondern dass der Verwaltungsbehörde oder dem Amtsrichter ein Ermessensspielraum verbleibe. Dem Gesetz sei aber die Wertung zu entnehmen, dass nur in besonderen Ausnahmefällen von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden kann. Solche Ausnahmen seien einerseits aus objektiver Sicht denkbar, etwa wenn die Fahrlässigkeit nur gering zu werten sei oder wenn besondere Umstände in der Person des Fahrers vorliegen, etwa wenn die Verhängung eines Fahrverbots existenzbedrohende Folgen für den Fahrer haben könnte. Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des Amtsgerichts nicht gerecht. Die Tatbestände nach § 4 Absatz 1 BKatV beinhalten besonders gravierende und gefahrenträchtige Verhaltensweisen, bei denen es auf die örtlichen Umstände grundsätzlich nicht ankommt. Dass es sich um eine gerade Straße gehandelt hat und dass Wohnbebauung und Fußgänger im konkreten Fall nicht gefährdet worden seien, kann den Erfolgsunwert des verwirklichten Tatbestands nicht beseitigen. Auch in subjektiver Hinsicht überzeugten die amtsgerichtlichen Ausführungen das OLG nicht: Das Amtsgericht habe unzutreffend auf das Fehlen einer gesteigerten Fahrlässigkeit abgestellt, denn selbst wenn das zutreffen sollte, beseitigt das nicht die Vermutungswirkung des Regelfalls einer groben Pflichtwidrigkeit. Als Fall des geringen Verschuldens kommt nach Auffassung des OLGs das Übersehen eines Verkehrszeichens in Betracht, wenn keine Anhaltspunkte für die Geschwindigkeitsbeschränkung erkennbar waren. Im Übrigen gelte auch innerorts bei Überholvorgängen die Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h und der Umstand, dass der Fahrer hier in dem Wissen überholt hat, dass auf der nachfolgenden Pass-Straße ein Überholverbot herrschte, beseitigt die grobe Pflichtwidrigkeit ebenfalls nicht.

Die Zurückverweisung erfolgte allein deshalb, damit das Amtsgericht nachprüfen kann, ob in der Person des Fahrers Gründe vorliegen, die ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen können. Das ist in der Regel nur dann anzunehmen, wenn das Fahrverbot existenzbedrohende Folgen für den Fahrer haben würde.

Hintergrund: Die Entscheidung ist zu begrüßen. Wer innerorts anstatt der erlaubten 50 mit 82 km/h fährt, darf nicht mit einem Bußgeld davonkommen, sondern muss die Härte des Gesetzes spüren. Zu Recht stellt das OLG darauf ab, dass es auf die örtlichen Verhältnisse grundsätzlich nicht ankommt. Die Rechtsauffassung des Amtsgerichts hätte zur Folge, dass sich Verwaltungsbehörden und Amtsgerichte mit konkreten Gefährdungen auseinanderzusetzen hätten. Das widerspricht der Rechtsnatur der Bußgeldtatbestände als abstrakte Gefährdungsdelikte. Wer es mit den erlaubten 50 km/h nicht schafft, einen Bus zu überholen, der sollte es sein lassen. Mitleid hat der Fahrer nicht verdient, zumal er nur wenige Monate zuvor schon einmal wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung mit 27 km/h erwischt worden ist. Das OLG hat deshalb in seinem Beschluss darauf hingewiesen, dass auch der Regelfall des § 4 Absatz 2 Satz 2 BKatV verwirklicht worden sein dürfte. Diese Vorschrift sieht als Regelfall für die Verhängung eines Fahrverbots vor, wenn der Fahrer innerhalb eines Jahres zwei Mal wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h belangt worden ist.

Bei der abermaligen Verhandlung wird das Amtsgericht wohl kaum an dem Absehen vom Fahrverbot festhalten können. Einziger Strohhalm für den Fahrer ist das Absehen vom Fahrverbot aufgrund von existenzbedrohenden Folgen. Existenzbedrohende Folgen kommen aber regelmäßig nur bei Fahrern in Betracht, die beruflich auf den Führerschein angewiesen sind und bei denen aufgrund des Fahrverbots die Kündigung droht (bei Arbeitnehmern) oder solche Einnahmeverluste, dass sie ihre Verpflichtungen nicht erfüllen können (bei Selbständigen).

OLG Bamberg, Beschluss vom 12.02.2018 – 2 Ss OWi 63/18

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