Bei der Ermittlung von Verzugszinsen nach §§ 286, 288 BGB stellt sich regelmäßig die Frage, ob sich diese anhand der Bruttosumme inklusive Umsatzsteuer oder anhand der Nettosumme, also dem Betrag ohne Umsatzsteuer, berechnen. Da die Umsatzsteuer bei Unternehmern ein durchlaufender Posten ist, könnte man meinen, dass sich Verzugszinsen stets auf die Nettosumme berechnen. Denn es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass der Gläubiger die Zinsen auf den Umsatzsteuerbetrag, den er ohnehin an das Finanzamt abzuführen hat, behalten darf. So einfach ist es aber nicht.
Ob Verzugszinsen anhand des Forderungsbetrages mit oder ohne Umsatzsteuer zu berechnen sind, hängt davon ab, ob der Gläubiger der Soll-Besteuerung nach § 16 UStG oder der Ist-Besteuerung nach § 20 UStG unterliegt. Bei der Ist-Besteuerung ist die Steuerschuld erst zu zahlen, wenn der Schuldner gezahlt hat, wohingegen im Falle der Soll-Besteuerung der Gläubiger die Umsatzsteuer an das Finanzamt unabhängig davon zu leisten hat, ob der Schuldner gezahlt hat. Die Steuerschuld entsteht bei der Soll-Besteuerung nach § 13 Absatz 1 lit. a UStG mit Ablauf des Voranmeldezeitraums, welcher einen Monat oder ein Kalendervierteljahr beträgt (§ 18 Absatz 1 Satz 1 bzw. § 18 Absatz 2 Satz 1 UStG).
Das bedeutet, dass der Gläubiger bei der Soll-Besteuerung bis zur Fälligkeit der Steuerschuld zunächst den Umsatzsteuerbetrag für eigene Zwecke verwenden könnte. Wenn der Schuldner trotz Verzugs nicht zahlt, wird dem Gläubiger diese Möglichkeit genommen. Der dadurch entstehende Nachteil wird durch Verzugszinsen kompensiert. Wenn die Umsatzsteuer fällig wird, muss der Gläubiger diese bei der Soll-Besteuerung vorfinanzieren, was ab diesem Zeitpunkt ebenfalls die Geltendmachung von Verzugszinsen auch aus dem Umsatzsteuerbetrag verlangen kann. Ein Gläubiger mit Soll-Besteuerung kann daher Verzugszinsen nach § 288 BGB daher anhand der Forderungssumme inklusive Umsatzsteuer berechnen.
Beispiel für Verzugszinsen bei Soll-Besteuerung: Der Gläubiger kann ab Verzugseintritt Verzugszinsen verlangen.
Bei der Ist-Besteuerung ist die Situation anders: hier hat der Gläubiger die Umsatzsteuer nur insoweit an das Finanzamt abzuführen, wie er vom Schuldner Zahlung erhalten hat. Der Gläubiger hat die Umsatzsteuer nicht sofort abzuführen, sondern erst anlässlich der Voranmeldung der Umsatzsteuer. Die Voranmeldezeiträume betragen grundsätzlich einen Monat (§ 18 Absatz 1 Satz 1 UStG) oder ein Kalendervierteljahr (§ 18 Absatz 2 Satz 1 UStG). Die Voranmeldung hat jeweils bis zum 10. nach Ablauf eines Voranmeldezeitraums zu erfolgen, § 18 Absatz 1 Satz 4 UStG. Während der Dauer bis zur Voranmeldung profitiert der Gläubiger davon, dass er den Umsatzsteuerbetrag nutzen darf. Der Verzug des Schuldners bewirkt daher den Wegfall dieses Vorteils. Eben darin ist der Nachteil des Gläubigers zu erblicken. Der Vorteil würde dem Gläubiger aber nur bis zum Datum der Voranmeldung zugute kommen, da er die Umsatzsteuer anlässlich der Voranmeldung an das Finanzamt abzuführen hat. Bei der Ist-Besteuerung können Verzugszinsen daher nur bis zum 9. des auf den Voranmeldezeitraum folgenden Monats veranschlagt werden.
Beispiel für Verzugszinsen bei Ist-Besteuerung und monatlicher Voranmeldung: Gerät der Schuldner am 10.06. in Verzug, kann der Gläubiger bis zum 09.07. Verzugszinsen auf den Forderungsbetrag inklusive Umsatzsteuer verlangen.
Beispiel für Verzugszinsen bei Ist-Besteuerung und kalendervierteljährlicher Voranmeldung: Gerät der Schuldner am 10.06. in Verzug, kann der Gläubiger bis zum 09.10. Verzugszinsen auf den Forderungsbetrag inklusive Umsatzsteuer verlangen.
Ab dem 10. nach dem jeweiligen Voranmeldezeitraum (§ 18 Absatz 1 Satz 4 UStG) kann der Gläubiger bei der Ist-Versteuerung nur noch Zinsen auf den Nettobetrag verlangen. Denn für diesen Zeitraum ist die Verwendung des Umsatzsteuerbetrages für eigene Zwecke ausgeschlossen. Vielmehr müsste der Gläubiger die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen.
Sofern der Voranmeldetag auf ein Wochenende oder gesetzlichen Feiertag fällt, verschieben sich die genannten Daten entsprechend nach hinten (§ 108 Absatz 3 AO).
Aus Sicht des Schuldners bestehen daher gute Gründe, eine Verzugszinsberechnung auf die Bruttosumme (inklusive Umsatzsteuer) zu hinterfragen. Eine solche Berechnung ist nämlich nur bei der Soll-Besteuerung gerechtfertigt. Ob ein Gläubiger der Soll- oder der Ist-Besteuerung unterliegt, kann ein Schuldner dadurch herausfinden, dass er die Zinsforderung bestreitet und Nachweise für die Soll-Besteuerung verlangt. Die Ist-Besteurung wird durch das Finanzamt auf Antrag gestattet (§ 20 Satz 1 UStG), wenn ein Unternehmer
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