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Blitzer-App rechtswidrig, OLG Rostock schließt sich der Auffassung des OLG Celle an (OLG Rostock, Beschl. v. 22.02.2017 – 21 Ss OWi 38/17) – keine Entscheidung über rein akustische Warnung

Das Oberlandesgericht Rostock (OLG Rostock) hat sich der Rechtsprechung des OLG Celle (OLG Celle, Beschluss vom 03.11.2015 – 2 Ss (OWi) 313/15) angeschlossen, wonach das Betreiben einer so genannten Blitzer-App, im Fall ging es um Blitzer.de, ordnungswidrig ist (OLG Rostock, Beschluss vom 22.02.2017 – 21 Ss OWi 38/17).

Anzeige von Blitzern

Das Betreiben eines technischen Gerätes, welches dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören, ist verboten und wird als Ordnungswidrigkeit verfolgt (§ 49 Absatz 1 Nummer 22, § 23 Absatz 1b Satz 1 StVO). In der Praxis wird immer wieder darüber gestritten, ob ein Smartphone, auf dem eine Blitzer-App läuft, als ein solches technisches Gerät anzusehen ist. Diese Frage hatte das OLG Celle bejaht. An dieser Auffassung wurde kritisiert, dass die Auslegung die Grenzen des Wortlauts der Ordnungswidrigkeitennorm überschreite. Dem hat das OLG Rostock nun ebenso wie das OLG Celle eine Absage erteilt. Die Entscheidung kann mit Blick auf die notwendige Bestimmtheit der Norm tatsächlich kritisch gesehen werden, ist aber wohl vertretbar. Nach Art. 103 Absatz 2 GG darf jemand nur wegen einer Tat verfolgt werden, wenn die Tat “bestimmt” ist. Diese Anforderung gilt nicht nur für Strafgesetzte, sondern auch für Ordnungswidrigkeitentatbestände und ist auch in § 3 OWiG einfachgesetzlich geregelt. Gegen die Anwendung der Vorschrift auf Smartphones wurde vorgebracht, dass es sich bei einem Smartphone nicht um ein solches Gerät handele, vielmehr sei zu fordern, dass Geräte im Sinne von § 23 Absatz 1b OWiG bereits hardwareseitig die Verkehrsüberwachungsfunktion aufweisen. Das sei bei Smartphones nicht der Fall, da diese erst durch die Verwendung der Software, hier Blitzer-App, die Funktion erhalten. Deshalb seien sie nicht im Sinne der Vorschrift zur Anzeige von Blitzern bzw. Verkehrsüberwachungsmaßnahmen “bestimmt”. Die Begründung der Kritiker überzeugt nicht. Denn aus dem OWi-Tatbestand lässt sich nicht entnehmen, ob die Bestimmung allein durch die Hardware oder durch Software zu erfolgen hat. Wenn die tatbestandliche Funktion nachträglich durch den Nutzer durch Installation und Verwendung der Blitzer-App erfolgt, ist das gleichbedeutend mit einer bereits anfänglich vorhandenen in der Hardware bereits angelegten Funktion, nur mit dem Unterschied, dass der Nutzer veranlasst, dass das Gerät zu den pönalisierten Zwecken “bestimmt” wird. Diese vom OLG Rostock vorgenommene Auslegung überzeugt und wird den Bestimmtheitsanforderungen gerecht (vgl. Art. 103 Absatz 2 GG, § 3 OWiG).

Bedenkliche Begründung

In einem Punkt stößt die Rostocker Entscheidung aber auf Bedenken: Das Gericht stellt in der Entscheidung darauf ab, dass die Blitzer-App bei einer Annäherung an einen Blitzer “… optische und/oder akustische Hinweise” gebe, welche den Fahrer warnen. Dies lege nahe, dass Fahrer sich “anlassbezogen” verhalten, indem sie sich im Umfeld von Blitzern verkehrsgerecht verhalten und im Übrigen nicht. Die Schlussfolgerung ist naheliegend und auch rechtlich nicht zu beanstanden. Zu beanstanden ist aber, das das Gericht darauf abstellt, dass das Gerät akustische Hinweise gibt. Diese dürfen bei der Argumentation keine Rolle spielen, denn sie sind nicht tatbestandsmäßig. In § 23 Absatz 1b StVO heißt es:

“Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen (Radarwarn- oder Laserstörgeräte)”

Anzeigen oder Stören

Tatbestandsmäßig ist aber nur “anzuzeigen” oder “zu stören”. Wenn das OLG Rostock nun auch eine akustische Warnung unter das Tatbestandsmerkmal des “Anzeigens” subsumiert, begegnet das erheblichen Bedenken. Wenn ein Gerät etwas anzeigt, geschieht dies nach allgemeinem Verständnis durch eine visuelle Darstellung, etwa auf einem Display oder in Gestalt eines Lichtsignals. Die rein akustische Warnung fällt nicht darunter. Vor dem Hintergrund von Art. 103 Absatz 2 GG ist es daher mehr als irritierend, wenn das OLG Rostock die Argumentation darauf stützt, dass das Gerät optische “und/oder” akustische Hinweise gibt. Die Argumentation ist mit Blick auf die optischen Hinweise richtig. Mit Blick auf die akustischen Hinweise ist die Argumentation aber falsch. Diese sind nämlich schlichtweg nicht tatbestandsmäßig. Wer also eine Blitzer-App mit ausgeschaltetem Display verwendet, verstößt nicht gegen § 23 Absatz 1b StVO. Aber Vorsicht: es besteht das Risiko, dass das OLG Rostock auch solche Fälle ahndet. Zumindest legt die gewählte Argumentation das nahe. Eine solche Verurteilung wäre aber rechtswidrig und ein Fall für das Bundesverfassungsgericht (Art. 103 Absatz 2 GG). Im Übrigen: konsequenterweise müsste das OLG Rostock auch Radios verbieten, denn diese bieten ja schließlich auch die Möglichkeit, über Blitzer informiert zu werden.

OLG Rostock, Beschluss vom 22.02.2017 – 21 Ss OWi 38/17

OLG Celle, Beschluss vom 03.11.2015 – 2 Ss (OWi) 313/15

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